Destiny - Test
Es war kindisch, enttäuscht zu sein. Aber Enttäuschung ist für einen Erwachsenen ebenso natürlich wie für ein Kind.
Es ist fast so, als hätten sie das erste Mal ein Spiel gemacht. Vieles an Destiny wirkt ein wenig wie ein Mod-Set zu einem anderen Spiel. Ein absolut talentiertes Team hat sich ein paar nette Karten ausgedacht, sogar eine kleine Geschichte drumherum gebastelt, eine kleine Kampagne zusammengeschustert, um den Unterbau zu festigen. Kann man wirklich gut spielen, aber wo ist jetzt das richtige Spiel? Das, aus dem all dieses großartige Artwork kommt. Das, worauf die kurzen, hingeworfenen Sätze von Destiny anspielen.
Wenn ein Spiel eine aberwitzige Summe Geld in der Entwicklung kostete und man sich trotzdem fragen muss, ob denn das jetzt schon alles war und nicht nur Early Access... Ich weiß wirklich nicht genau, was ich davon halten soll. Destiny ist derzeit ein Grundgerüst. Es gibt eine todschicke Grafik-Engine, sehr runde und routinierte Steuerungs- und Waffenbewegungen, ein Universum, das viel hergeben kann, eine Handvoll Fraktionen, ein nicht zu tiefschürfendes, aber auch nicht oberflächliches Loot-System. All das ergibt eine Feature-Sammlung und Gameplay, aber noch keine vollwertige Erfahrung in einem neuen Franchise, dessen Hintergründe uns komplett unbekannt sind.
Ich hatte während der etwa 25 Story-Missionen oft das Gefühl, dass ich eigentlich ein Buch lesen sollte, und wenn ich dort eine bestimmte Stelle erreiche, darf ich die Action-Passage nicht nur lesen, sondern auch spielen. Leider vergaß man, mir dieses Buch zu geben. Das Spiel gibt euch zur Einführung wenig, dazwischen meist nichts und erst zum Schluss etwas Material an die Hand, aus dem ihr dann im Kopf wohl die komplette Geschichte formen sollt. Aber nicht nur das, viel gewichtiger ist, dass euch Destiny auch sonst während des Spiels im Dunkeln lässt. Wer sind die „Cabal"? Warum hocken sie auf dem Mars? Was sind das für Ruinen? Was ist die einzige identifizierbare Nemesis, das „Dunkel"? Was ist mit der Bevölkerung oder überhaupt der letzten Stadt der Erde los? Wie sieht es dort aus? Was weiß man über die Erwachten und warum verrät es mir keiner? 25 Missionen und ich könnte euch hundert weitere solcher sehr grundlegenden Fragen auftischen.
Ich mochte die alten Star-Wars-Filme damals, weil sie gelegentlich Wörter und Sätze eines größeren Ganzen einfließen ließen, ohne alles zu verraten, und so ein wenig Kopfkino übrig lassen. „Die Alte Republik" war 1977 kein Begriff, mit dem irgendjemand was anfangen konnte. Er hing einfach so im Raum und klang wichtig. Andere Dinge wurden erklärt, vor allem, wenn sie unmittelbar für die Handlung wichtig waren. Jetzt stellt euch vor, dass man die alle Orte, Rassen und Personen aus allen Star-Wars-Filmen nimmt und allem davon 20 Sekunden widmet, bevor ihr das Feuer eröffnen dürft und besser nicht mehr drüber nachdenkt. Dann habt ihr die mit 15 bis 20 Stunden alles andere als kurze Kampagne von Destiny. Es ist viel da. Aber am Ende bleiben nur wahnsinnig gut aussehende Pappkulissen und Zielscheiben.
So schade es jetzt um das zumindest im Grundgedanken Asimov/Simmons-groß entworfene Setting ist, mit dem bei Bungie im Anschluss keiner was anfangen konnte - es gibt die Hoffnung, dass Updates, Add-ons und Fortsetzungen mehr aus dem brillanten Design herausholen könnten. Es dürfte dann auch gerne von Zeit zu Zeit noch ein wenig mehr fernere Sci-Fi sein, mit fremdartigeren Wesen. Die eine Truppe hier erinnert an die Maschinenwesen aus Mass Effect, die nächste an die Vogonen aus dem letzten Anhalter-Film und eine dritte an ein leicht missratenes Predator-Spin-off. Klar, innovatives, fremdartiges Design ist heutzutage nicht mehr ganz so einfach, aber etwas mehr als das hätte es schon sein dürfen. Die Landschaft bekommt das in ihren besseren Momenten sogar hin, gerade das Finale schlägt genau in diese Kerbe. Es geht also, gerne mehr davon.
Technisch ist das Spiel eh eine Augenweide, vor allem dank des Artdesigns. Ihr könnt praktisch jeden Screenshot nehmen und gerahmt an die Wand hängen. Die Charaktermodelle selbst sind der einzige Tiefpunkt, danach sitzt jedes Detail. Irgendwie passt diese Technikfixierung ja auch zu Bungie, deren einziger echter Charakter ein Helm war. Okay, und eine KI, aber das widerlegt mein Argument der „Technikfixierung" nicht wirklich. Staub auf dem Mond, Ruinen auf Mars, mein Highlight sind die Trümmer der Erde, die direkt aus den Visionen der großen Sci-Fi-Autoren gepflückt worden sein könnten. Aber es ist eben auch alles statisch. Es gibt keine zerstörbare Umgebung, nicht mal im Kleinen. Ihr findet alles immer wieder genauso vor, wie ihr es beim letzten Besuch verlassen habt.
Inhaltlich resultiert daraus ein weiterer Kritikpunkt: Die trüben Rest der Handlung suggerieren, dass eure Heldentaten dieses Universum voranbringen. Zu sehen ist davon nie etwas. Nie. Nicht mal im Kleinsten. Kein Gebiet, das nun gegnerfrei wäre, keine Ruine, die die Spuren eures Kampfes trägt. Die Welt von Destiny ist ein dreidimensionales, aber genauso statisches Gemälde, wie es die Bilder Mattinglys oder Foss' sind. Nur dass man jetzt hindurchlaufen kann, was cool ist. Aber irgendwann hat man sich eben sattgesehen. Wie die besagten Maler ist es keine hohe interpretationsfähige Kunst, sondern eher eine, die die Nerd-Fantasie anregt. Wer lebte in diesen Ruinen? Wäre diese Zeit nicht viel spannender gewesen als diese Trümmerwüste jetzt? Wo ist das Spiel, in dem ich diese Schiffe, die als Reste den Horizont zieren, zu neuen Sternen fliegen darf? Destiny scheint dies insgeheim immer wieder versprechen zu wollen, aber eingelöst wird es nie. Nun, wenigstens sieht es phänomenal gut aus.
Die ätherische Schönheit jetzt aber mal außen vor, das Design der 25 Mission lässt vor allem in den ersten zwei Dritteln schwer zu wünschen übrig. Loslaufen, ballern, weiterlaufen, finaler Ansturm im Hordestil, mal mit, häufiger ohne Boss. Keine Schalterrätselchen, keine Klettereinlage, keine Suchspielchen, gar nichts. Das letzte Drittel inszeniert diesen Ablauf etwas - nicht viel - geschickter, aber auch nur insoweit, als dass es den Mix nicht ganz so plakativ auffährt. Es ist erstaunlich, was man erreichen kann, wenn man ein paar Begegnungen nicht einfach dem Zufall überlässt, indem man einfach eine Handvoll Feinde in den Raum wirft, sondern das Ganze auch noch minimal inszeniert.
Der Koop-Aspekt, der sich durch das ganze Spiel zieht, fehlt in keiner Mission. Jede von ihnen kann allein oder mit ein bis zwei Freunden gespielt werden. Warum es nicht vier sind, die von Spieldesign-Philosophen als ideal abgesegnete und inzwischen weitestgehend etablierte Zahl, weiß allein Bungie. Aber auch drei sind schon fast zwei zu viel, zumindest sofern ihr euch an die Levelempfehlung haltet. „Level-5"-Mission heißt, dass ein Guardian mit Level 5 ganz bequem durchkommt. Drei Guardians mit Level 5 heißt, dass es zwar ein paar Feinde mehr, aber letztlich immer noch sehr viel weniger Widerstand gibt. Tut euch einen Gefallen und spielt in der Gruppe immer mit dem bei jeder Mission verfügbaren „Heroisch"-Aufschlag und habt so wenigstens den Hauch einer Herausforderung.
Aber auch allein macht es euch das Spiel sehr oft sehr einfach. Ich habe einmal die gesamte Kampagne allein durchgespielt und auch die späten Heroisch-Missionen bisher gut gemeistert. Das liegt weniger daran, dass ich der ultimative Shooter-Guy bin, sondern dass die Gegner-KI aus der Nähe nicht viel, aber auf große Distanz gar nichts kann. Sie steht herum, weiß nicht so recht was mit sich anzufangen und ein Sniper kann das ganz nach Gusto ausnutzen. Noch besser wird es bei den Bosskämpfen. Gerade mal zwei oder die Levelenden nahm das Spiel als Anlass, die letzte Tür hinter einem zuzumachen und so das Schlachtfeld zu begrenzen. Ansonsten könnt ihr euch nämlich ganz einfach ein paar Meter zurückziehen, die KI darf euch nicht folgen. Ihr heilt, überdenkt noch mal die Waffenwahl, lest in der Companion-App, macht ein Soufflee und kehrt dann in die Action zurück, der Rest der Welt wartet brav. So lässt sich jede Horde bequem erledigen und ihr habt Einblick in eine vergessen geglaubte Unsitte des Leveldesigns: „Den Spieler dorthin lassen, wo die KI nicht folgen kann."
Also nein, für seine Geschichte oder die Level bekommt Destiny sicher nicht seine Punkte, vor allem nicht allein gespielt. Sicher, zu dritt macht alles etwas mehr Spaß. Und so wäre mein Rat dann auch, dass ihr euch zwei Kumpels für ein Wochenende schnappt und euch einmal bis zum Ende von zu was auch immer Willkürlichem die Handlung führte durchballert. Weshalb man dann aber doch für ein paar Runden immer wieder mal zurückkommt, das ist erst einmal das Spielgefühl. Das ist sicher nicht einmalig, aber Bungie wusste schon immer, vielleicht sogar als Erste, wie sich ein Shooter mit einem Pad anzufühlen hat, und sie enttäuschen hier nicht. Das Moment des Guardians, die Bewegung der Waffe, das Sprungverhalten mit Doppel- und sogar Dreifachsprung ist tadellos. Es gibt Spiele, die spielt man zu einem gewissen Grad einfach nur, weil es sich gut anfühlt, sie zu spielen. Sie sind präzise, verlässlich, haken praktisch und man kann leicht in eine Art Trance verfallen, dabei die Stunden verdaddeln, ohne sich schlecht zu fühlen. Diablo 3 wäre so ein Spiel für mich. Inhaltlich interessiert mich herzlich wenig, was da passiert, aber es spielt sich so fantastisch gut, dass ich es einfach zocke, nur weil sich die Umsetzung der Pad-Eingaben in das Spiel so verhält, wie es der Fall ist. Destiny gehört auf jeden Fall auch in diese Kategorie.
Dann ist da das Loot. Hier bin ich etwas zweigespalten. Ich bin kein Freund von Zeugs, das die Rüstung des Spielers um zwei Punkte verbessert. Auf 202 dann, Glückwunsch, dein Rüstungsschutz steigt um 1 %. Juhu. Eine neue Rüstung sollte sich gut anfühlen, sie sollte meine Figur merklich besser machen, sonst gibt es keinen Grund, mir diesen anderen Müll vor die Füße zu werfen. Vor allem, wenn ich ihn nicht mal halbwegs lohnend verkaufen kann. Es ist zwar bequem, sich des Überflüssigen zu entledigen, aber wenn ich nicht im Menü hätte Ordnung halten wollen, ich hätte mir wohl nicht mal dieses Minimum an Mühe gemacht. Es hilft auch nicht, dass ihr oft Dinge findet, die ihr in den ersten paar Dutzend Spielstunden noch auf der Basis entschlüsseln lassen müsst. Das bedeutet oft Ladepausen, nur um dann etwas zu bekommen, das eh Schrott ist.
Und doch, ich kann mich der dauernden Aufrüsterei am Ende auch nicht entziehen. Dadurch, dass ich mich auf ein paar Waffengattungen eingeschossen hatte, fand ich oft Zeugs, das ich nicht wollte. Bis ich dann endlich mal wieder ein gutes Scout-Rifle bekam, war mein altes schon deutlich veraltet und der eigentlich gar nicht so großartige Neuzugang rockte ein paar Alien-Köpfe lang meine Welt. Verziehen habe ich Destiny allerdings nicht, dass meine für lange Zeit einzige legendäre Waffe eine Schrotflinte war. Ich hasse Schrotflinten. Der beste Drop im ganzen Spiel und ich wollte ihn nicht. Loot kann so ungerecht sein. Schade um das gute Stück, es wurde für Rohmaterial zerlegt.
Überhaupt lässt es sich nicht so wahnsinnig viel auf der Basis, dem Turm der Guardians in der letzten Stadt der Welt, mit anderen interagieren. Man winkt sich zu, tanzt eine Runde und wie bei einem Disco-Date fragt man dann noch, ob es nun in mein oder dein Strike-Team geht. Eine Runde gespielt, vielleicht ist es der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, aber diese wird dann nicht in den sehr limitierten Bahnen Destinys stattfinden. Was ihr dort findet, sind ein paar Händler, die euch in den ersten Stunden wie der pure Hohn erscheinen müssen. Entweder ihr habt längst bessere Ausrüstung oder es ist Level-20-Zeugs, das ihr erst in einigen Stunden benutzen könnt. Und vielleicht kaufen, denn es gibt eine ganze Menge Auflagen, selbst wenn ihr diesen Level erreicht haben solltet.
Dann habt ihr diesen inzwischen berühmten Level 20 erreicht und nun? Dass das Spiel jetzt erst richtig anfängt, stimmt sicher nicht, vor allem, wenn es um den reinen Content in Form von Leveln und Lokalitäten geht. Da kommt nichts Neues dazu, aber das, was da ist, lässt sich nun anders und vor allem mit anderen Zielen nutzen. Ging es zuvor um die Erfahrungspunkte, darum, den Level-Cap von 20 zu erreichen, bringen sie euch für das weitere Aufleveln erst mal nichts, auch wenn sie weiter zum Ausbau der Klassenfertigkeiten wichtig sind. Stattdessen müsst ihr Rüstungen finden, die „Licht"-Werte haben. Euer Lichtwert entscheidet, ob ihr weiter aufsteigt, und das bedeutet, dass der eine Typ mit Level 26 aus dem letzten Strike eine pervers gute Rüstung haben muss. Der Fokus geht also in Richtung Loot, zu legendären Drops, und irgendwie ist man dann doch in gängigen MMO-Mechaniken angekommen. Wer es hasst, zwanzig Missionen zu spielen, nur um am Ende leer auszugehen, weil nichts Brauchbares dabei war... Pech gehabt. Immerhin habt ihr wahrscheinlich ein paar neue Fertigkeiten.
Die gleich beim Start im grottigen, nur hässliche Monster auswerfenden Charaktereditor auszuwählende und später nicht mehr änderbare Klasse definiert eine ganze Menge. Alle drei Gruppen haben grundsätzlich unterschiedliche Fertigkeitenbäume und spielen sich auch durchaus unterschiedlich. So wie der Titan mich oft im PvP mit seinem Hammerschlag aus dem Sprung heraus auf dem Boden überraschte, guckten sie nicht schlecht, wenn ich die goldene Pistole zog und Monsterschaden damit austeilte. Dann ist geneigt immer nicht so sehr an die Fertigkeiten zu denken, die man selbst nicht hat, in der Hektik des PvP lassen sich die visuell durchaus vorhandenen Unterscheide auch nicht immer so genau auseinanderhalten, und so gibt es immer wieder mal ein paar Überraschungen. Und vor allem mindestens zwei gute Gründe, einen weiteren Guardian zu starten.
Ich sage „mindestens", denn jede der drei Klassen hat auch noch eine Unterklasse mit wiederum neuen aktiven und passiven Skills, die mal ganz simpel eure physischen Werte betreffen oder wie weit ihr eine Granate werfen könnt, aber auch, was das für eine Granate ist. Der Unterschied, ob diese vor sich hin rollt oder beim Aufschlag in ein Dutzend zielsuchender Miniraketen aufsplittert, macht sich deutlich bemerkbar und verändert auch eure Spielweise mit dem betreffenden Detail. Ihr könnt jederzeit zwischen Unter- und Hauptklasse wechseln, aber immer nur für die aktuell gewählte weiterleveln, was den Prozess des Ausbaus für eine Weile in die Länge zieht. Kann man als Schikane oder als Verlängerung der Spielzeit betrachten. Oder als beides.
Level 20 aufwärts ist dann auch der Zugangscode für die wirklich schwierigen Hochlevel-Strike-Missionen. Diese Strikes unterscheiden sich von normalen Missionen im Aufbau herzlich wenig. Ihr seid immer zu dritt, fehlende Spieler stellt das insgesamt ordentlich arbeitende Matchmaking. Andere Spieler tauchen in der Shared-World nicht auf, aber sonst geht es erst mal durch einen freieren Abschnitt entlang der Wegpunkte und schließlich zu einem Bosskampf. An ein bis zwei Stellen stellt euch das Spiel ein Hindernis in den Weg, bei dem ihr ein paar Wellen abarbeitet oder einen Zwischenboss besiegt, aber wie gesagt, große Unterscheide zu dem, was ihr sonst macht, gibt es nicht. Ihr sammelt aber Vanguard-Marken ein, die euch Zugang zu besseren Einkaufsgelegenheiten in der Stadt geben, und es gibt sie bis Level 24, zumindest jetzt. Weitere Stufen folgen sicher noch.
Es ist erstaunlich, dass mir manche Strikes auch nach zehn Durchgängen noch Spaß machen, mehr als jede normale Mission. Der Aufbau mit seinen Zwischenstopps ist doch etwas subtiler. Mit immer neuen Spielertypen unterwegs zu sein und ihre Taktiken anzusehen ist auch spannend. Ich kann euch nur raten, Strikes nicht ausschließlich mit Freunden zu spielen, sondern einfach mal mit Unbekannten loszuziehen. Ihr könnt noch was lernen, manchmal sogar von einem Level-15-Spieler.
Was die Strikes auch bieten, sind zumindest ein paar frische, kleine Abschnitte in den nur auf den ersten Blick großen Welten. In der Regel sind es einfach ein paar größere, miteinander verknüpfte Gebiete an der Oberfläche, dazu ein Dutzend „Dungeons" auf jeder der vier Welten Erde, Mond, Venus und Mars. Selbst die Story-Level zeigen keine Schamgefühl dabei, euch immer wieder durch die gleichen Areale zu manövrieren, diese teilweise mit den gleichen Feinden auszustaffieren.
Geht ihr auf die freie Patrouille, seid ihr leider wirklich in der programmierten Faulheit angekommen. Ihr könnt frei die ganze Karte erkunden, das ist nett. Alle Gegner stehen immer an den gleichen Orten, sie spawnen in lächerlich kurzer Zeit in der immer gleichen Konstellation nach und sogar die zufällig generierten Missionen machen sich mitunter nicht mal die Mühe, wenigstens minimale Abwechslung zu heucheln. „Töte ein paar Feinde." „Töte ein paar Feinde. Sammle dabei was ein." „Töte ein paar Feinde." „Töte ein paar Feinde." „Scanne die Umgebung (steh rum und mach nichts)." Klar, damit kann man Tage verbringen, aber Farbe beim Trocknen zusehen ist ja auch nicht schlecht. Im Ernst, lieber spiele ich einen Strike zum zwanzigsten Mal in Folge, als dass ich mir diese Zufallsmissionen antue. Außer vielleicht möchte ich existenzialistische Momente haben. „Warum tue ich das?" „Als jemand, der das tut, zu wem macht mich das?" „Gibt es nicht irgendwo irgendetwas, das ich jetzt tun sollte? Mit meinem Leben? Gibt es eine höhere Bestimmung, ein Schicksal, wenn man so will, das ich nicht erfülle, weil ich Destiny spiele?"
Das einzig Gute an der Patrouille, aber nicht spezifisch an ihr, da es auch in anderen Missionen passieren kann, sind die Events. In der Regel sind das einer oder mehrere Hochlevelgegner, die irgendwo für ein paar Minuten auftauchen und die bekämpfen soll, wer auch immer in der Nähe weilt. Hier endlich lebt zumindest manchmal das „Shared-World"-Konzept auf. Einander wildfremde Guardians stürzen auf den Feind, kämpfen nach besten Fertigkeiten und gehen im Anschluss wieder ihrer Wege. Wenn es passiert und alles kommt zusammen - vor allem ein paar Guardians -, dann ist es die perfekte, unerwartete und sehr erfreuliche Abwechslung. Wenn mal wieder keiner da ist, was genauso oft der Fall ist, steht ihr vor einem übermächtigen Feind und fragt euch, ob es nicht mehr Sinn hat, ihn einfach sein Ding machen zu lassen. Ihr habt ja auch noch andere Sachen zu tun.
Euch gegenseitig zu beharken zum Beispiel! Als PvP-Spiel funktioniert Destiny nämlich hervorragend. Zwar auch sehr bodenständig, da es kaum Spielmodi und schon gar nicht irgendwelche innovativen gibt, aber dank der erwähnten guten Spielbarkeit stört das für ein Weilchen nicht zu sehr. Erneut wirkt Destiny in diesem Punkt irgendwie unfertig. Der Crucible-Weg, also der PvP-Spielstrang, wirkt sehr an die Seite gedrängt, obwohl die Händler sich zu einem beträchtlichen Teil genau darum drehen. Ihre habt verschiedene Gruppierungen, denen ihr euch anschließen könnt - was eigentlich nur für mögliche Belohnungen eine Rolle spielt. Ihr könnt leveln, auch Lichtrüstungen nach Level 20 einheimsen. Es ist ein eigentlich gleichwertiger Modus, bei dem man konstant das Gefühl hat, dass Bungie das irgendwie gar nicht bewusst war. Vielleicht gibt es ja ein Update, sobald es mehr als die vier mageren Spielmodi sind.
In „Control" jagen sich zwei Teams einander drei Punkte auf der Map ab, in „Team-Deathmatch" geht es sechs gegen sechs. In Deathmatch sind es sechs Spieler und jeder gegen jeden - schön zu sehen, dass es Deathmatch überhaupt noch gibt - und Skirmish schließlich ist im Grunde Control mit Dreier-Teams. Wie gesagt, mager ist kein Ausdruck. Wenn man sieht, wie kreativ andere Shooter inzwischen bei ihren Spielmodi sind - Call of Duty zum Beispiel -, gibt es hier sicher noch ganz viel, was in den nächsten Monaten dazukommen wird. Gut, mich soll es nicht stören, ich spiele eh Team-Deathmatch, aber für alle, die mehr Abwechslung schätzen, kann ich nur hoffen, dass da zumindest noch ein wenig Zeugs ohne DLC-Aufpreis dazukommt.
Was man im Großen und Ganzen aber wirklich loben sollte ist der fast reibungslose Start und die geringe Zahl an Bugs. Destiny läuft praktisch rund. In über 40 Stunden wurde ich ganze zwei Mal mit einem "Error" rausgeworfen, man liest kaum etwas von Abstürzen und sonstige Bugs bleiben fern. Das, woran zukünftige Patches aber gern noch arbeiten dürfen, sind die Ladezeiten. Die selbst sind scheinbar gar nicht mal so lange, da in dieser Zeit aber auch noch der Netzwerkteil des Shared-World-Shooters sortiert wird, dürfte es damit zusammenhängen.
Trotzdem, Destiny ist zumindest inhaltlich noch kein fertiges Spiel. Aber es ist auch keines, für das man aus diesem Grund nicht den Vollpreis verlangen dürfte, was es zu einer recht einmaligen Sache machen dürfte. Ich hatte über 30 oder 40 Stunden Spaß mit diesem Ding. Ich kam immer wieder gerne für ein paar Stunden zurück und für jeden Ärger oder jede Langeweile, die es mir zwischendurch aufbürdete, hatte es immer wieder kleine Momente, in denen es etwas richtig machte. Es macht insgesamt etwas richtig, aber es ist erstaunlich schwer zu sagen, was es ist.
Die ersten 10 bis 15 Level des Charakterdaseins sind es sicher nicht. Langweilige Missionen. Eine abwechselnd nicht vorhandene oder oberflächliche Erzählweise, der es - wenig verwunderlich - nicht gelingt, aus der kaum vorhandenen Handlung irgendetwas zu ziehen. Offensichtliche Schwächen im Leveldesign. Man wuselt sich halt so durch, um das deutlich stärkere Endgame mit seinen Hochlevel-Strikes und endlich gutem Loot zu erreichen, und dann zieht es auch noch einmal an. Aber komplett, als Ganzes, so fühlt sich Destiny auch dann nicht an. Der „Social"-Aspekt ist nicht vorhanden, es gibt keine Clans, keine Gilden. Guardians sind Individuen, die sich beliebig und kurzfristig zusammenschließen. Zumindest erscheint es so, denn das ist das, was die Systeme hergeben. Als solche jedoch funktionieren sie dank der absolut tadellosen Spielbarkeit perfekt und harmonieren auch, egal mit wem sie auf der Jagd sind.
Destiny ist noch nicht der nächste große Sprung in der Entwicklung des Shooters. Vielleicht wird es das nie sein. Mal sehen, was der Zehnjahresplan noch hergibt. Destiny ist ein bildschöner, stilistisch wertvoller Tummelplatz, in den man nicht übertrieben investieren muss, in dem man immer ein paar Stunden Spaß auf die eine oder andere Art findet und der einen nie stört. Es ist eine unterhaltsame Beschäftigung. Aber noch keine Bestimmung.