Destroy All Humans Test: Entspannt die Menschheit unterwerfen
Wir kommen in Unfrieden.
Normalerweise kennen wir es so, dass wir Menschen den Aliens in Film, Fernsehen und Co in ihren Allerwertesten treten, wenn sie unseren schönen Planeten besuchen, um sich an seinen Rohstoffen zu ergötzen oder uns auszulöschen. Wie realistisch diese Vorstellung jeweils ist, dass die Menschen sich vereinen und technologisch weit überlegenen Besuchern das Leben schwer machen, sei dahingestellt.
Destroy All Humans dreht den Spieß um. Oder drehte. Das tat es damals im Jahr 2005, als das von den heute nicht mehr existenten Pandemic Studios entwickelte Spiel erstmals erschien. Die Rechte liegen mittlerweile bei THQ Nordic und mithilfe von Black Forest Games (Giana Sisters: Twisted Dreams) hat der Publisher ein Remake des Klassikers auf die Beine gestellt.
Und ist exakt das Richtige für alle, denen einmal der Gedanke kam, dass wir es als Menschheit die Luft nicht wert sind, die wir atmen. Natürlich ist das alles hier mit einem großen Augenzwinkern versehen, wenngleich unter der Haube des Spiels ebenso ein wenig Gesellschaftskritik steckt. Als Hintergrund des Spiels dient das Amerika der 50er Jahre - eine Zeit, in der Frauen noch weit mehr in ihren gesellschaftlich verankerten Rollen steckten als heute. Und indem ihr mit dem Furonen Crypto Sporidium 137, dem Protagonisten des Spiels, ihre Gedanken lest, erfahrt ihr zum Beispiel von den geheimen Wünschen, mehr aus ihrem Leben zu machen, als einfach die brave Ehefrau zu spielen.
Destroy All Humans Test: Ein B-Movie zum Spielen
Und das nicht allein bei Frauen, das gilt ebenso für viele andere Charaktere, die insgeheim Gedanken hegen, die nicht den damaligen gesellschaftlichen Standards entsprechen. Das alles bringt das Spiel auf eine humorvolle Art zur Geltung, die auf der einen Seite für ein Schmunzeln und Lacher sorgt, auf der anderen Seite solche Kritik aber nicht konterkariert. Was den allgemeinen Ton des Spiels anbelangt, lässt sich Tim Burtons Mars Attacks als guter Vergleich heranziehen. Es ist wie ein Spiel gewordenes B-Movie, das mit all den Alien-Klischees der damaligen Zeit spielt. Und uns aufzeigt, dass wir uns zu gerne als die Krone der Schöpfung sehen.
Um die Vorfälle rund um die Aliens zu vertuschen, schiebt die Regierung all die Probleme zum großen Teil auf die bösen Kommunisten. Ihr habt typisch deutsche Wissenschaftler, geheime Regierungsagenten in ihren schwarzen Anzügen und alle möglichen Arten von Figuren, die passend zur damaligen Zeit gekleidet sind. Die Spaßdichte ist hier definitiv hoch und von Anfang bis Ende erlebt ihr eine ganze Reihe unterhaltsamer Momente, die euch bei Laune halten.
Dabei führt euch das Abenteuer von Kaliforniens Stränden über eine Farmregion bis hin zur Hauptstadt Washington DC, wo ihr mit eurem Raumschiff im Grunde in der Lage seid, alles in Schutt und Asche zu legen. Wer einmal mit dem Gedanken gespielt hat, das Weiße Haus mit einem Todesstrahler in die Luft zu sprengen, hier ist eure Chance dazu! Klar, beim nächsten Laden der Region oder der nächsten Mission im gleichen Bereich steht alles wieder so an Ort und Stelle, als wäre nichts passiert. Aber es wäre umgekehrt auch langweilig, wenn es nicht so wäre. Realistisch ist das nicht, aber wer fragt bei diesem Spiel danach? Richtig, keiner.
Destroy All Humans Test: Die Menschen hatten nie eine Chance
Eure Aufgabe als Crypto 137 besteht darin, den Absturz eures Vorgängers Crypto 136 zu untersuchen, der mit seiner fliegenden Untertasse dummerweise gerade über einen startenden Rakete schwebte, als es ihn erwischte. Wie sich dabei herausstellt, steckt hinter all dem weit mehr, als es zuerst den Anschein hat, ihre Hände im Spiel hat dabei unter anderem die Geheimorganisation Majestic. Ihr werft daher einen genaueren Blick auf diesen Planeten voller "Äffchen", sammelt DNA und bringt jede Menge Menschen um die Ecke, wenn sie euch nerven.
Trotz überlegener Technologie seid ihr anfangs noch ein wenig... nicht schwach, aber euer Arsenal ist noch ausbaufähig. Im Verlauf der Story kommen neue Waffen und Fähigkeiten hinzu, wenngleich sich die Kämpfe in ihrer Gesamtheit als wenig fordernd präsentieren. Ihr habt die überlegenen Waffen, dazu noch telekinetische Kräfte und die Menschlein sind kaum in der Lage euch was anzuhaben. Es sei denn ihr passt nicht auf, aber im Normalfall habt ihr keine Probleme damit, euch eurer Widersacher zu entledigen. Zum einen verdeutlicht das die Überlegenheit der Furonen, auf der anderen Seite ist es spielend (zu) einfach, die Oberhand zu behalten, vor allem wenn ihr euer Jetpack habt und schnell aus der Gefahrenzone verschwindet, um eure Schilde aufzuladen.
Für das Remake, das auf der Unreal Engine 4 basiert, hat Black Forest Games dabei an verschiedenen Stellschrauben gedreht. Die Möglichkeit, gleichzeitig Gehirne zu extrahieren, zu schießen und die Telekinese zu verwenden, macht euch zu einer noch effektiveren Tötungsmaschine. Die Zahl der verfügbaren Upgrades für Waffen, Fähigkeiten und Raumschiff stieg von 18 auf 66, ihr sorgt dafür dass Menschen euch folgen und - wenn sie bewaffnet sind - verteidigen, neue Munition beschafft ihr euch durch die Transmogrifikation herumstehender Objekte wie Holzpaletten oder Fässer.
Kurzum: schwieriger als damals ist's heutzutage nicht. Im Gegenteil. Das macht die Kämpfe zu einer an und für sich unterhaltsamen Angelegenheit, weil ihr einfach diese komplette Übermacht habt und Chaos verursacht, wo es nur geht. Ihr fühlt euch wie ein kleiner Gott, was ihr mehr oder weniger im Vergleich mit den harmlosen Menschen seid. Auf der anderen Seite fehlt es dann natürlich an echten Herausforderungen. Für ein wenig Abwechslung sorgen da die Missionen, in denen ihr mit der Holobob-Funktion das Aussehen eines Menschen annehmt und unentdeckt zum Beispiel in spezielle Bereiche vordringt. Für Sperrgebiete braucht es hier natürlich das Äußere eines Soldaten oder Polizisten, woanders gebt ihr euch als Bürgermeister aus und versucht eure Wähler angesichts der mysteriösen Vorfälle - grün leuchtende Kühe sind absolut normal! - zu beruhigen. Regelmäßig ladet ihr Holobob neu auf, indem ihr die Gedanken von Menschen lest. Was die anfangs erwähnten Bedürfnisse, Wünsche und andere interessante, sonderbare Dinge zum Vorschein bringt. Hier hätte es noch an ein wenig mehr an Variation bedurft, denn die Kommentare wiederholen sich zu schnell.
Destroy All Humans Test: Technisch hübsch aufbereitet
Weiterhin bescheren euch die optionalen Ziele in den Mission ein paar Gründe, sie erneut zu spielen, sofern ihr alles auf 100 Prozent haben möchtet. Einfach die Mission erneut auf dem Mutterschiff starten, so einfach ist es. Und die einzelnen Regionen, in denen die Missionen spielen, lassen sich unabhängig davon auf eigene Faust erkunden. Ihr habt hier verschiedene versteckte Drohnen der Furonen zum Aufspüren, ebenso mehrere Herausforderungen in unterschiedlichen Kategorien. Bei einer Armageddon-Herausforderung gilt es, so viel Schaden wie möglich anzurichten, während ihr bei einer Entführungs-Herausforderung auf der Farm eine bestimmte Anzahl von Kühen in den Fangstrahl des Mutterschiffs schleudert.
Eine schöne Ergänzung ist eine gestrichene Mission aus dem Original, die Black Forest Games in den Archiven gefunden und in das Remake eingebaut hat. Durch diese und durch die ganzen Herausforderungen ergibt sich eine insgesamt längere Spielzeit als beim Original, sofern ihr das denn alles machen oder auf 100 Prozent bringen möchtet. Legt ihr allein wert auf die Kampagne, seid ihr nicht mehr als rund zehn Stunden als Crypto 137 unterwegs.
Was die technische Qualität anbelangt, liefert Black Forest Games gute Arbeit ab. Destroy All Humans ist nicht das schönste UE4-Spiel, das ihr je zu Gesicht bekamt, im Großen und Ganzen ist es aber ein hübsches Spiel - im Vergleich zum Original ein Unterschied wie Tag und Nacht. Alles ist im 50er Jahre Stil gehalten und stilistisch gut umgesetzt. Dazu zählen natürlich Übertreibungen und eine überspitzte Darstellung, wobei manche Charaktere trotz allem ein wenig merkwürdiger aussehen als andere. Bedenkt dabei, dass Destroy All Humans kein Triple-A-Projekt ist. Das Wichtigste ist im Endeffekt: Es sieht gut aus und läuft überwiegend flüssig. In einzelnen Szenen gab es kurze Slowdowns, woran es in dem Moment lag ließ sich nicht ausmachen. Und es ist nichts, was regelmäßig vorkam, im gesamten Verlauf der Kampagne sind diese Vorfälle an einer Hand abzählbar - nichts Dramatisches!
Im Endeffekt ist Destroy All Humans kein Spiel, das in technischer oder spielerischer Hinsicht Bäume ausreißt und die Konkurrenz in den Schatten stellt. Es fällt in die lange verloren geglaubte Kategorie der Double-A-Spiele, was sich auch im Preis widerspiegelt, denn THQ Nordic verlangt hierfür nicht den Vollpreis. Das macht es zugleich zu einem verlockenden Angebot, denn für 40 Euro (30 auf dem PC) ist es auf jeden Fall eine Überlegung wert. Die Überlegenheit der Aliens ist natürlich realistisch, was dem Gameplay indes nicht förderlich ist. Große Herausforderungen sucht ihr hier vergebens, dafür ist es von vorne bis hinten ein unterhaltsames Abenteuer mit jeder Menge Humor. Es ist ein Actionspiel der alten Schule, insofern blieb dem Remake der Geist des Originals erhalten. Ein kleines, leichtherziges und spaßiges Intermezzo für zwischendurch. Wenn euch Filme wie Mars Attacks gefallen, fällt Destroy all Humans definitiv in euer Beuteschema.
Und es sieht so aus, als wäre die Reihe bei Black Forest Games in guten Händen. Gerne mehr davon!
- Entwickler/Publisher: Black Forest Games / THQ Nordic
- Erhältlich für: PC, PlayStation 4, Xbox One
- Release-Datum: 28. Juli 2020
- Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
- Preis: zirka 30 bis 40 Euro
- Mikrotransaktionen: Nein
- Getestete Version: Xbox One