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Deus Ex: Human Revolution

Träumen Transhumanisten von kybernetischen Schafen?

Ihr müsst in einem kleinen Netzwerk einen Knoten nach dem anderen übernehmen. Werdet ihr entdeckt - was mit definierter Wahrscheinlichkeit bei jedem Knoten passieren kann - beginnt ein Zeit-Ticker gnadenlos die Sekunden zu zählen, bis ihr entdeckt werdet. Die Verteidigungssoftware erhöht dabei schnell in Folge die Netzwerksicherheit und es beginnt ein Wettlauf um die Knoten, den ihr mit ein paar einmalig benutzbaren Extraprogrammen zu euren Gunsten entscheiden könnt. Ein echter Cyberspace ist das Ganze nicht gerade, aber eine immer wieder willkommene Abwechslung.

Nicht zuletzt, weil man mit diesen Werkzeugen auch viel über die Spielwelt erfährt und ein noch besseres Gefühl für sie bekommt, als die vielen kleinen Details ohnehin schon vermitteln. Wer hacken kann, kommt an praktisch jedes der zahllosen, überall in Missionen und Hubs verteilten Terminals. Ihr erfahrt mitunter auch mal Wichtiges für euren aktuellen Auftrag, aber auch teilweise lustige Dinge wie einen E-Mail-Flamewar in einem Konzern, Spam-Mails in supergesicherten Rechnern und viele Geschichten über die Welt der Zukunft. Wer Spaß am Lesen hat, der findet in Human Revolution einen schier endlosen Schatz.

Nicht nur Türschlösser und Terminals, sondern auch Geschütztürme und patrouillierende Roboter lassen sich durch Hacking übernehmen und sogar auf die Feinde ansetzen. All diese Möglichkeiten des Hackens, des Stealth und der offenen Schusswechsel wurden herausragend beim Level-Aufbau berücksichtigt. Wie ihr vorgeht, bleibt in der Regel euch und eurer Findigkeit überlassen.

Der Roboter wird gleich demonstrieren, dass diese Kiste, wie viele andere Objekte auch, zerstörbar ist.

Der größte spielerische Reiz von Human Revolution geht davon aus, sowohl innerhalb der Missionen als auch in den noch viel weiter verzweigten Städte-Hubs zu erkunden, abzuwägen und zu experimentieren, wie es für einen selbst am geschicktesten weitergeht. Es gibt nur selten einen "perfekten" Weg, aber so gut wie nie nur einen einzigen, dem man folgen muss. In dieser Hinsicht steht Human Revolution seinen Vorgängern nicht nur in nichts nach, sondern überbietet sie sogar in einzelnen Momenten. Auf dem aktuellen Spielemarkt dürfte diese Auswahl an Option in jeder einzelnen Situation praktisch einmalig sein.

Was es nicht gibt, ist eine Art Plus-Spielmodus, nachdem ihr den ersten Durchgang hinter euch habt. Man kann in einer Runde nie alle Cyberware einsacken, aber auch nicht mit der alten, noch verbauten ein neues Spiel starten. Ich find es ein wenig schade, aber ein zu großer Verlust ist es wohl auch nicht. Es bleiben ja auch so genug Anreize, einen zweiten und sogar dritten Versuch zu wagen. Drei verschiedene Enden und natürlich die vielen kleinen Entscheidungen auf dem Weg dahin sollten genug motivieren. Wer einfach nur die drei Enden sehen will, darf übrigens schummeln. Gespeichert wird, wo es euch passt und demnach auch vor dem Finale. Neu laden, angucken, freuen. Das ist nicht Heavy Rain.

Abschließend muss man wohl sagen, dass Human Revolution als Prequel zu vorigen Deus-Ex-Titeln für sich allein steht und man keine Vorkenntnisse braucht. Für die Kenner gibt es ein paar vertraute Charaktere, Bezüge, Anspielungen in Optik und Soundtrack sowie eine kleine Brücke in die vorangegangene Zukunft als letzte Einstellung nach dem Abspann. Der Soundtrack entleiht sich zwar ein paar Takte aus den Vorgängern, schafft sonst aber einen eigenständigen, leicht eletronischen Klangteppich, der gut zu der kalten Atmosphäre der sehr technischen Welt von Human Revolution passt.

Deus Ex: Human Revolution - Das Schleichen

Mit Deus Ex: Human Revolution schuf Eidos ein außergewöhnliches, herausragendes Spiel in bester Tradition seiner fast schon mythischen Vorgänger, das man jedoch keineswegs von allen Schwächen freisprechen kann. Insbesondere darf man es nicht als simplen Shooter mit ein wenig mehr Story missverstehen. Dem macht die sehr mäßige KI einfach einen Strich durch die Rechnung.

Dieses Herangehen würde Human Revolution aber sowieso in keiner Weise gerecht werden. Das, was es auszeichnet, sind die vielfältigen möglichen Wege, die es dem Spieler in jeder einzelnen Situation anbietet. Das Entdecken, wie man für sich selbst am geschicktesten durch eines der clever konstruierten Areale kommt. Die Bewegungsmuster der Wachen zu studieren, mit einem Hack verschlossene Türen zu öffnen, den ein oder anderen Shoot-Out zu überstehen, um dann wieder in den Schatten zu verschwinden. So gespielt wird jeder Abschnitt zu eurer eigenen, persönlichen Erfahrung.

Ihren Anteil daran hat die beeindruckende Detailfreude der Spielwelt. Es mag nicht alles manipulierbar sein, aber kein Gegenstand wurde lieblos einfach hingeworfen. Und man muss nicht alles anfassen können, damit das Gesamtbild in brillanten Bildern eine eigene Geschichte über diese Zukunft erzählt. Dass man die Geschichte selbst im Genre keineswegs das erste Mal hörte, scheint eines der Grundprobleme des Cyberpunk zu sein. Insoweit kann man sagen, dass Human Revolution mit seinen Themen und Motiven das Mögliche herausholte. Und wie schon gesagt, seid ihr noch unbewandert in diesem Feld, dann öffnet es ein Fenster in eine faszinierende, mögliche Zukunft. Mit Gesichtern, die nicht immer die gleiche Sprache sprechen, wie ihre deutschen Stimmen. Sicher, in diesen Einzelheiten gibt es noch Potential für Verbesserungen und ein wenig Feinschliff hätte nicht geschadet.

Trotzdem: Deus Ex: Human Revolution gelingt es, erfolgreich ein als unmöglich geltendes Erbe anzutreten und in Würde die Legende weiterzuschreiben, die der Name Deus Ex in sich trägt. Ein Spiel, das weit mehr bietet als nur die Summe seiner nicht immer perfekten, einzelnen Bestandteile.

Deus Ex: Human Revolution ist ab dem 26. August (also ab Freitag) für Xbox 360, PS3 und PC erhältlich. Die PC-Version wird auch auf diversen DL-Plattformen angeboten. Die optional erhältliche Limited Edition enthält zusätliche eine Making-of-DVD, einen Comic und ein kleines Artbook.

9 / 10

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