Devil May Cry HD Collection (PS4, Xbox One) - Test
Der Zahn der Zeit… und worauf baller ich da eigentlich?
Wie, schon wieder? Mal nachgucken... Ja, 2012 war es, die Slim-PS3 erfreute sich ihres oft recht leisen Daseins neben der noch leiseren Xbox 360 S und die Devil May Cry HD Collection zeigt sich in, nun, ich würde nicht sagen HD-Glorie, aber zumindest lauffähig auf einer neuen Generation, nachdem die Originale alle aus der PS2-Ära des SD-Gamings stammten. Wozu jetzt also wieder eine Sammlung der ersten drei Teile? Gute Frage. Weil es geht, dürfte die Antwort sein.
Wesentlich willkommener wäre natürlich eine echte Devil-May-Cry-Sammlung mit den Teilen vier und fünf gewesen, den Vierten ruhig auch in der Special Edition. Um die 35 Euro ist jetzt auch nicht wirklich ein Schnäppchen in der großen, weiten Welt der Schnäppchen da draußen, was also soll noch mal zu diesen drei Klassikern locken?
Die Neuerungen lassen sich schnell abhaken. Ihr habt jetzt 1080p, nicht, dass es angesichts der immer noch nicht wirklich überarbeiteten Texturen oder Polygon-Modelle auffallen würde. Und das ist es auch schon. Den Musik-Test gab es schon in der letzten Sammlung, wie auch die umfangreiche Kollektion an Artworks. Ganz ehrlich, wenn ihr noch die alte Sammlung haben solltet, dann gibt es nicht den geringsten Grund für ein Update.
Aber wie steht es mit den Spielen? Es sind seitdem noch mal sechs Jahre vergangen, die Erinnerung an diese zweite Phase des 3D-Gamings verblasst mehr und mehr und die Spiele, die man noch mal einwirft, haben sich selten auch nur annähernd so gut gehalten wie viele deutlich ältere 2D-Titel. Das größte Problem, das alle drei Spiele extrem plagt, ist die Kamera. Solltet ihr Devil May Cry nie gespielt haben: die Kamera lässt sich nicht mit dem rechten Stick bewegen. Stattdessen ist der Blickwinkel fest definiert und wird nach Gusto des Spiels umgeschaltet. Das Ergebnis ist, dass ihr erstaunlich oft gegen Gegner kämpft, die ihr nicht seht, weil sie sich außerhalb des Blickwinkels befinden. Das Ergebnis sind zahlreiche Äxte, Dolche, Kreissägen und mehr, die in eure Figur reinrauschen, weil ihr nie saht, was da auf euch zu kommt. Gut, dass automatisch gezielt wird, sonst wüsstet ihr die meiste Zeit nicht mal, wo ihr hin müsst, bevor sich der Gegner von selbst zeigt und euch eins überbrät.
Der Frust darüber hält sich zum Glück in engeren Grenzen, als man zuerst meinen sollte. Aus irgendeinem Grund funktioniert es doch, man gewöhnt sich dran und dann kämpft es sich ganz ordentlich. Aber nach heutigen Maßstäben, zahlreiche Platinum-Games später? Die Kombos sind träge, die Bewegungen unpräzise, es war halt der Anfang dieser Art von Action-Adventure mit vielen Kombo-Kämpfen. Seitdem kamen zig Spiele, auch die neueren Devil May Crys, die diese Sachen weit besser umsetzten. Was bleibt, ist also entweder ein interessanter Blick auf die Ursprünge, eine nostalgische Erinnerung an eine Zeit, als diese Spiele State of the Art waren, oder schlichtes Unverständnis, wie wir so etwas damals überhaupt spielen konnten.
Besonders der Start des ersten Teils ist ein Blick in eine andere Gaming-Welt. Nach einem kurzen Intro werdet ihr weitestgehend kommentarlos in eine große Schlosshalle geworfen. Keine Kämpfe, keine allzu offensichtlichen Wege. Ihr sollt selbst herausfinden, was das Spiel von euch will und wie ihr es erreicht. Das legt sich schnell und nach ein oder zwei Levels ist klar, wie der Hase läuft. Aber so ein Einstieg würde heute bei einem absoluten Triple-A - und das war Devil May Cry 2001 - nicht mehr vorkommen. Ob das gut oder schlecht ist, dürft ihr selbst entscheiden. Der Schwierigkeitsgrad bleibt aber hoch, es gibt eine Reihe von kleineren Rätseln und mit Dante einen sofort erkennbaren Protagonisten, dessen charmante Arroganz dafür sorgte, dass später DmC im Vorfeld scheiterte - obwohl ein fantastisches Spiel -, weil es einfach nicht genug Dante war.
Nach diesem noch deutlich Rätsel-lastigeren Teil beginnt der zweite zwar auch verwirrend genug, indem er euch in ein etwas unübersichtliches Dorf an einem Berghang wirft, aber mehr direkte Kämpfe führen leichter in das Spiel ein. Das Problem war, dass der Schwierigkeitsgrad deutlich niedriger bis an die Grenze der Belanglosigkeit ausfiel, die verschachtelten, detaillierten Räume gegen visuell nicht sonderlich spannendere, größere Bereiche getauscht wurden und die Bosse mit recht primitiven Angriffsmustern daherkommen. Insgesamt das zugänglichere, aber am Ende langweiligere Spiel, vor allem mit weit weniger Dante.
Diesen Faktor korrigiert Teil drei dann sofort und schon in den ersten Minuten, noch mehr Dante als hier geht kaum und vor allem wurde das Kampfsystem ordentlich überarbeitet. Es erinnert schon weit mehr an das, was später kommen sollte. Schnelle Ausweichbewegungen, gut getimte Kombos, es ist eine klar erkennbare Evolution dieses Spielstils, auch wenn es immer noch schwer unter der Kamera leidet. Zumindest ist der etwas lustlose Schwierigkeitsgrad kein Thema mehr, denn Devil May Cry 3 ist hart wie nur sonst was. Definitiv eine würdige Herausforderung, auch wenn die Serie endgültig nie wieder zu dem etwas Abenteuer-lastigeren Touch des Ersten zurückkehren sollte und sich ab hier nun ganz auf Kombo-Action konzentrierte. Die HD-Fassung zeigt sich im damaligen 16:9 - nicht alltäglich in 2005 - und als Special Edition mit einer Reihe von kleineren Änderungen und Bonus-Modi.
Muss man jetzt diese Games gespielt haben, sollte man sie jenseits eigener Nostalgie oder historischen Interesses spielen? Ganz hart, ehrlich und auch wenn mich das auf einem gewissen Level schmerzt: Nein. Für ihre Zeit waren sie bahnbrechend und es steckt immer noch viel gutes Spieldesign drin, aber die Technik wie auch das Genre hat sich einfach weiterentwickelt und es gibt am Ende wenig Gründe, zu diesem Textur-Matsch zurückzukehren. Bayonetta ist das weit bessere Kombo-Action-Spiel, Devil May Cry 4 auch und auch wenn die harten Fans es nicht hören wollen: Mit 60 Frames pro Sekunde und 1080p rockt DmC selbst diese Spiele in Sachen Kombo-Kampf einfach weg. Ich hätte nichts gegen ein echtes Remake des ersten Teils, ich mochte seinen eigenen Charme, der mich irgendwie immer an eine Art Resident Evil aus einer seltsamen Paralleldimension erinnerte. Aber diese drei Titel hatten 2012 ihren Remaster-Moment und dabei hätte es ruhig bleiben können.
Also, wenn ihr wisst, was ihr da kauft und ihr die Devil May Crys der ersten Generation unbedingt auf moderner Hardware haben wollt, dann sicher, bitte. Aber wenn ihr einfach nur ein nettes Action-Adventure für 2018 sucht, dann werft doch mal einen Blick darauf.
Entwickler/Publisher: Capcom - Erscheint für:PC, PS4, Xbox One - Preis: etwa 35 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PS4 - Sprache: deutsche Bildschirmtexte, englische Sprachausgabe - Mikrotransaktionen: Nein