Die Activision-Story
Auf Gedeih und Verderb - Activision und Bobby Kotick
Die meisten großen Publisher sind in der einen oder anderen Form eigentlich schon „seit immer“ dabei, zumindest im Rahmen der eher kurzen Geschichte der Videospiele. Unsere neue Reihe soll einen Blick darauf werfen, woher diese Konzerne kamen, wie sie sich entwickelt haben, welche Schlüsselstellen ihren Werdegang prägten und welche Personen in ihrer Geschichte wichtig sind oder waren. Bei unserem ersten Kandidaten Activision Blizzard, dem größten Spielekonzern überhaupt, ist ein Name unumgänglich, selbst wenn er unter Spielern nicht den besten Ruf genießt. Und auch wenn Bobby Kotick Activision nicht gründete, ohne ihn, den Mann, der selber nie spielt, würde die Spielewelt anders aussehen. Ohne ihn gäbe es Activision wahrscheinlich schon längst nicht mehr.
Allgemein heißt es irgendwie immer noch Activision, selbst wenn der Zusammenschluss mit dem durch World of WarCraft zum Riesen avancierten Blizzard nun schon zwei Jahre her ist. Daran ist nicht zuletzt der CEO Robert „Bobby“ Kotick, geboren 1963, schuld, der dem weltgrößten Publisher ein Gesicht gibt. Nicht immer ein freundliches in der allgemeinen Wahrnehmung, aber eines muss man dem Mann lassen: Seit fast 20 Jahren steht er an Activisions Spitze und an Erfolg mangelt es dem Konzern sicher nicht. Aber der Laden ist noch viel älter als das und der Erfolg war nicht immer gepachtet gewesen.
Activision war zu seiner Gründung 1979 einer der ersten Publisher überhaupt, der keine eigene Spielekonsole im Angebot hatte. Die Gründungsgedanken dahinter waren vom kreativen Standpunkt aus eigentlich auch genau die richtigen und interessanterweise unterschieden sie sich diametral zu dem, was derzeit in der Öffentlichkeit als die Philosophie des Unternehmens wahrgenommen wird.
Vier Programmierer – darunter David Crane und Alan Miller – verließen frustriert Atari, welches seinen kreativen Schöpfern nur Minimallöhne und praktisch keinerlei Publicity gönnte. Oft genug war es schwierig, bei einem Spiel überhaupt den Programmierer dahinter herauszubekommen. Der Mann, der das änderte, hieß Jim Levy und kam aus der Musik- und Printindustrie, wo er der CEO einer Musik- und Softwarefirma war und zuvor bereits für das renommierte Time Magazine arbeitete. Levy verstand, dass die Programmierer von Spielen sich nicht nur als normale Angestellte begreifen, sondern auch ein klein wenig Ruhm mitnehmen wollten.
Activision gestand ihnen das zu und konnte so eine solide Gruppe um sich scharen, die bis 1984 eine Reihe von Hits veröffentlichten, darunter Pitfall und River Raid. Als 1984 der Videospielemarkt komplett in sich zusammenstürzte und Atari als Wrack am Rand zurückließ, schaltete man bei Activision erstaunlich schnell um.
Im festen Glauben, dass Videospiele an sich auf jeden Fall eine Zukunft haben, setzte man verstärkt auf das ganze Spektrum der Plattformen und Homecomputer, von C64 über Spectrum bis hin zu den da noch ganz frischen Konsolen aus Japan von SEGA und Nintendo. Activision stieg nicht aus den Ruinen des Crashs der frühen 80er auf. Der Konzern lag als einer der wenigen in diesen Augenblicken nie ernsthaft am Boden. 1986 kam es dann zur ersten großen Übernahme eines anderen Unternehmens. Infocom, eine schon zu Lebzeiten legendäre Textadventure-Schmiede, hatte den Absprung von Text zu Grafik nie wirklich vollzogen und als dann auch noch das erste eigene Anwenderprogramm, eine Datenbank, floppte, musste man sich nach Geld umschauen. Levy, ein großer Fan der Adventures, zahlte im Rahmen einer zunächst sehr freundlichen Übernahme eine Menge Geld für Infocom, verließ aber kein halbes Jahr später Activision.
Bruce Davis löste ihn als CEO ab und sein Umgang mit der von ihm ungeliebten Übernahme Infocoms ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum modernen Activision. Wenn auch sicher nicht ihr glorreichster oder erfolgreichster, weil er ein Teil des größten Crahs des Unternehmes sein würde.
Activision wollte Infocom in seine normalen Geschäftsprozesse eingliedern, was bei keinem so selbstständig gewachsenem Betrieb einfach ist. Da man glaubte, zu viel für den Zusammenschluss bezahlt zu haben – was aller Einschätzung nach wahr ist –, musste Infocom Geld abwerfen. Schnell. Mehr Spiele in kürzerer Zeit für weniger Produktionskosten, dazu Grafik, die dem aktuellen Stand entsprach. Aus marktwirtschaftlicher Sicht waren diese Entscheidungen nicht falsch, denn die eigentlich Domäne Infocoms, das Textadventure, lag praktisch schon in den letzten Zügen. Ohne eine Modernisierung wäre Infocom aller Wahrscheinlichkeit nach auch dem Ende geweiht gewesen.