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Die buntesten Easter Eggs der Spielegeschichte

Ein Korb voller Überraschungen

Jeder kennt Ostereier. Vorhin noch habt Ihr vermutlich eines zum Frühstück geköpft, seid anschließend beim Suchen im Garten verzweifelt oder habt sogar das eine oder andere besonders gut versteckte Leckerli vom Vorjahr ausgebuddelt – man weiß schließlich nie. Meine Erzeuger zum Beispiel waren doch sehr für die eher perfiden Verstecke. Ähnlich gut vergraben Entwickler von Videospielen gerne undokumentierte Botschaften oder Ereignisse in ihren Games, die mit dem eigentlichen Hauptspiel nichts zu tun haben. „Easter Eggs“ eben.

Im virtuellen Raum ist es meist allerdings nicht damit getan, bei Windstärke sechs einen Baum von der Höhe Eures Elternhauses bis zur letzten Astgabel heraufzuklettern, während Euch offenbar tollwütige Tauben mit ihrem stinkenden Guano zu bombardieren drohen. Nein, echte „Easter Eggs“ findet man fast immer nur unter wirklich großem, persönlichen Einsatz. Die Beute kann man letzten Endes zwar weder anfassen noch essen, zaubert aber ein ebenso breites Lächeln auf die Lippen des glücklichen Finders wie die bunten Cholesterinbomben, die Euch jetzt so schwer im Magen liegen. Es sei denn, man heißt Jack Thompson und stolpert über ein Minispiel namens „Hot Coffee“.

Seid unser Gast und folgt uns auf unserer Expedition ins Reich der „Easter Eggs“.

Der Dino

Adventure (Atari; 1980)

Den Anfang machte 1980 der Atari-Programmierer Warren Robinett. Während er an der VCS 2600er-Umsetzung des Abenteuerspiels Adventure bastelte, integrierte er einen versteckten Raum im Black Castle, den man nur betreten konnte, wenn man zuvor einen bestimmten unsichtbaren Pixel gefunden hatte. Die kurze und knackige Botschaft des Ostereis: „Created by Warren Robinett“ – in krakeligen Lettern in der Mitte des Raumes. In Zeiten, in denen die Programmierer der Software-Firmen gesichts- und namenlose Code-Sklaven waren, ein geradezu revolutionäres Aufbegehren. Ein riesiger Durchbruch für die Arbeiterklasse, denn obwohl man Adventure zu Recht als Grundstein des Action-Adventures bezeichnen kann, ist es bis heute in erster Linie für Robinetts frechen Anflug von Individualismus berüchtigt. R-E-S-P-E-K-T, Herr Robinett!

Genie und Wahnsinn

Black & White (Lionhead, 2001)

Ob wachsende Bäume oder Helden mit Schwangerschaftsstreifen: Peter Molyneux ist landein, landaus als Scherzkeks bekannt. Von seinen dezent realitätsfremden Beteuerungen mal abgesehen, verfügen die Spiele des häufig überambitionierten, ja fast schon fiebrig visionären Designers wirklich immer über eine gute Portion Humor. Black & White zum Beispiel ist voll davon. Quittiert Ihr etwa die dummdreiste Bittstellung der singenden Matrosen auf der ersten Insel damit, dass Ihr das Trio mit roher Gewalt auf Duo-Format zusammenstutzt, bellt Euch einer der Hinterbliebenen „Oh my god, you killed Kenneth!“ entgegen. Wenn Ihr den Seeleuten anschließend zum Essen jede Menge Kühe, als letztes aber ein Schaf gebt, setzt es ebenfalls einen flachen Spruch zum Schmunzeln.

Eher witziger Seitenhieb, als echtes „Easter Egg“: Wer sich die winzigen Untertanen mal genauer anschaut, erspäht unter ihnen mit ein bisschen Glück unseren Eurogamer.de-Kollegen Oliver Menne. Der wiederum wird Euch zwar erzählen, dass sich die Ähnlichkeiten auf den Namen beschränken – aber das liegt schließlich im Auge des Betrachters.

“Da, ein Easter Egg!“, „Nein, es ist ein Feature!“

Metal Gear Solid-Reihe (Konami, 1997 - ??)

Ein kluges Kind – mit einem Gesicht, das nur eine Mutter lieben kann: Psycho Mantis.

Ähnlich großzügig wie der gute Herr Molyneux, versteckt nur das ebenfalls etwas fahrige Metal Gear Solid-Mastermind Hideo Kojima humoristische Ostereier in seinen Games. Das beginnt bei harmlosen Spielereien, wie der Manipulation von Titelbildschirm, Codec-Porträts und der Kameraperspektive in den Zwischensequenzen, erstreckt sich über mehr oder weniger versteckte Entwicklerporträts und gipfelt in Abstrusitäten der voyeuristischen Art. So hat zum Beispiel der eine oder andere Marine, der auf dem Tanker des zweiten Teils der ellenlangen Einsatzbesprechung lauscht, vergessen, für angemessene Beinkleider zu sorgen. Und auch Meryl Silverburgh gibt sich mit jedem Blick, den wir in MGS: The Twin Snakes aus unserem Versteck im Lüftungsschacht in ihre Zelle werfen, freizügiger – wem’s gefällt!

Sehr cool war vor allem die Möglichkeit, den fiesen „The End“-Bossgegner (MGS 3) durch eine List seinem gerechten Ende zuzuführen, anstatt sich selbst die Finger schmutzig machen zu müssen: Wer innerhalb des Kampfes abspeichert, die Systemuhr der PS2 um zwei Wochen vorverstellt und den Kampf wieder aufnimmt, braucht sich mit dem knorrigen Greis nicht mehr herumzuschlagen – Gevatter Tod hat dessen Arthritis nämlich schon ein Ende gesetzt.

Den größten Schrecken jagte mir allerdings ein gruseliger Zwischenboss des ersten Metal Gear Solid ein, indem er meine Vorliebe für Castlevania: Symphony of he Night erriet. Klaro: Psycho Mantis hatte lediglich den Spielstand auf meiner Memory Card entdeckt, vor zehn Jahren hatte mich das aber umso mehr beeindruckt.

Die Könige des In-Jokes

Die LucasArts-Adventures (LucasArts; die gute, alte Zeit)

Ir-gend-wann!

Mit den Lucas Arts Adventures der Achtziger und Neunziger Jahre verbinden unglaublich viele Spieler einige der schönsten und witzigsten Gaming-Erlebnisse ihrer Zocker-Karriere. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die gesammelten Werke ein besonderes Talent dafür hatten, sich selbst auf den Arm zu nehmen. Sei es das Benzin für die Kettensäge aus Maniac Mansion, das man erst in Zak McKracken finden, dort aber nicht benutzen konnte. Versteckte Bilder der tierischen Privatschnüffler aus Sam & Max in Monkey Island 2, Jedi Knight und Grim Fandango, oder ein völlig hilfloser Guybrush Threepwood, der bei der Lucas Arts Helpline anruft, um aus einem unwegsamen Dickicht herauszufinden: Bei all der schrägen Self-Awareness, den In-Jokes sowie Anspielungen auf Popkultur und die Spiele anderer Reihen, weiß man bei den urkomischen Abenteuern oft nicht mehr die „Easter Eggs“ vom normalen Spielinhalt zu unterscheiden. Und das ist es auch, was einen Teil des Charmes dieser zeitlosen Perlen ausmacht.

Es gibt keinen Löffel

Deus Ex (Ion Storm; 2000)

Eines der populärsten Easter Eggs in Ion Storms Jahrhundertspiel Deus Ex umarmt dessen Cyberpunk-Szenario in vielfacher Hinsicht. Denn der unbedarfte Konsolenzocker in mir fühlt sich schon ziemllich l33t, während er wie ein ganzer Kerl in den .ini-Files des Spieles herumpfuscht (eine unbenutzte Taste jedes Mal als „Talk“-Button mappen), um es nach getaner „Arbeit“ per Eingabeaufforderung und mit dem Anhang „-haxor“ zu öffnen. Wenn man nun im Credits-Screen „thereisnospoon“ in die Tasten haut, aktiviert man schließlich den wahrhaft abgefahrenen „May Tricks Mode“. Fans einer gewissen Filmtrilogie der Wachowski-Brüder werden den düsteren Cyberspace-Look, der grüne Ziffern und Buchstaben von oben herabregnen lässt, sicher zu schätzen wissen.