Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian
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Der Kampf dagegen sollte Euch vor solchen recht sicher verschonen. Spätestens sobald Ihr verstanden habt, dass die epischen Schlachtfelder mit gefühlten Hundertschaften auf beiden Seiten wenig mehr sind als ein Hintergrundgemälde. Ihr dürft das Gewusel nicht nur ignorieren, Ihr müsst es sogar, denn sich hier durchzumetzeln würde Euch keine Vorteile bei den eigentlichen Aufgaben bieten und nur die Lebensenergie verschleißen. Ihr sollt Euch um Schlüsselstellen kümmern. Zerstört ein paar Kriegsmaschinen, erledigt eine Gruppe von Bogenschützen oder benutzt einen Riesen als Reittier. um ein paar Säulen zum Einsturz zu bringen.
Es ist schon ein deutlicher Atmosphäreeinbruch, wenn Ihr Euch einfach so durch das Gemetzel mogeln könnt, ohne dass das die Feinde groß stören würde. Ihr selbst werdet am Ende aber sowieso wenig Lust auf eine Konfrontation haben. Ihr schlachtet mit Euren gerade mal zwei Angriffen wild durch die Massen, ohne genau zu sehen oder zu wissen, wen Ihr gerade trefft oder was passiert. Augen zu und durch. In den koordinierteren Adventure-Abschnitten zeigen sich die Mängel des Kampfes noch deutlicher.
Alle Animationen wurden fertig eingetütet und auf Knopfdruck abgespult - ob es nun passt und trifft oder auch nicht. Der gute Schwertmann weiß, dass der Stich immer den Hieb besiegt. Irgendjemand sollte es der Narnia-Truppe verraten, während sie mal wieder Saltos schlagend mit weit ausholenden Hieben am Widersacher vorbei animieren. Der Mangel an jeglichen Kombos oder irgendeiner Art von spielerischer Tiefe reduzieren das Ganze auf traurigstes Bearbeiten der Tasten ohne Taktik oder Können.
Erst die Endgegner retten das Gesamtbild. Brutale Kraft hilft hier nicht weiter, Ihr müsst schauen, welche Dinge so in der Umwelt herumstehen und Euch dienlich sein können. Weicht ihren Spezialangriffen aus, nutzt die Schwächen in ihrer Verteidigung, es fühlt sich an wie gutes Spielen und macht sogar richtig Spaß. Leider gibt es viel zu wenige solcher Begegnungen, die dann auch einen interessanten Einsatz der Mitläufer erfordern.
Der Trupp setzt sich nicht nur aus den vier Kindern, sondern auch noch aus dem namensgebenden Prinzen und einer ganzen Horde von Fabeltieren zusammen. Allein seid Ihr so gut wie nie und der schnelle Wechsel zwischen den Charakteren erfolgt bequem auf Knopfdruck. Manche sind Bogenschützen, andere haben einen Kletterhaken dabei, der Zentaur ist ein phantastischer Kämpfer, der Zwerg passt durch jede Lücke. Große Rätsel ergeben sich trotz des Potentials leider nicht. Ihr wisst immer, wer dabei ist und „Klippe + Typ mit Kletterhaken“ lässt sich halt doch zu schnell zusammenrechnen, als dass der Wechsel die Bezeichnung Rätsel verdienen würde.
Viel schwerer wiegt aber, dass der eigentlich interessante Cast im Spiel keine Art von Ausarbeitung erlebt. Ich habe eine fechtende Ratte dabei. „Wer ist sie“, „warum redet sie“ und „wieso überhaupt“ sind Fragen, auf die Ihr die Antworten hier nicht finden werdet. Und eine große Unterstützung im Kampf sind sie auch nicht gerade. Oft genug stehen sie friedlich in der Nähe, während Ihr Euch gegen drei Wachen behauptet. Zumindest daran könnt Ihr aber mittels eines schnellem Knopfdrucks auf dem zweiten Controller etwas ändern: Der CoOp lässt sich jederzeit und ohne Problem starten und auch wieder beenden.
Nur bietet er Euren Freunden nicht so viel Spaß, wie Ihr vielleicht erwarten würdet. Zum einen bewegt Ihr Euch auf demselben Screen und wehe, Ihr steht an unterschiedlichen Kanten oder wollt gar in unterschiedliche Richtungen. Das klappt nicht. Und eigentlich wurde der Schwierigkeitsgrad für einen aktiven Spieler schon recht niedrig angesetzt. Für den zweiten bleibt kaum etwas Sinnvolles übrig, was Ihr nicht auch so hinbekommen würdet. Also kann Euer Begleiter sich zurücklehnen und die Szenerie genießen.
Es gibt nur wenige optische Ausfälle in Narnia. Vor allem einige der Charaktermodelle wirken nicht gerade perfekt und der direkte Wechsel zwischen Film und Gameengine-Sequenz komplimentiert die Arbeit der Programmiere nicht gerade. Und eine feste Kameraansicht ist zwar nicht unbedingt zeitgemäß, aber wenn sie funktioniert, kann man damit leben. Tut sie hier leider nicht sehr oft. Immer wieder seht Ihr irgendeinen Teil der Landschaft statt des eigentlichen Geschehens. Ein deutliches Zeichen, dass Travellers Tales hier eine klare Deadline bei der Fertigstellung hatte.
Insgesamt bleibt ein schön anzusehendes Spiel mit lebendigen Szenarien, in denen viel passiert und Euch die Welt von Narnia in kräftigen Farben präsentiert. Und der Soundtrack, direkt übernommen aus der Vorlage, gehört derzeit zum Besten, was Euch das Fantasy-Kitsch-Genre bieten kann.
Das genügt aber bei weitem nicht für einen Hit, sondern nur für eine sehr verhaltene „Für Narnia Fans“-Empfehlung mit vielen Warnungen. Der Spielablauf definiert „repetitives Gameplay“ praktisch neu, indem es von Euch jede Aktion vielfach abverlangt. Das Kampfgeschehen bietet Euch keine Tiefe, dafür aber nur wenig Eleganz im Ablauf. Und das permanente, brutale Bearbeiten der A oder B Taste sollte eigentlich kein Stilmittel sein. Höchstens eine gelegentliche Strafe.
Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian zieht den verbleibenden Reiz aus dem Zusammenspiel der Charaktere, den schönen Landschaften und der allgemein runden Atmosphäre. Es legt Euch auf dem Weg zum Ziel keine große Steine in den Weg. Man kann es spielen, aber am Ende werdet Ihr Euch wie bei einem bedeutungslosen Film über Geld und Zeit ärgern, die er Euch kostete. Denn eine bleibende Erfahrung ist diese Umsetzung ganz sicher nicht.
Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian sind für alles aktuelle (PS3, Xbox 360, PC, Wii, DS, PS2) zu haben. Nur für PSP nicht.