Die größten Überraschungen dieser Generation - Frank
Ich schmeiße Klötze durch Portale, spiele mit Karten und klicke gratis Monster tot.
Die größten Überraschungen dieser Generation - Frank
Die Kollegen haben sich in den letzten Tagen intensiv mit jenen Spielen der scheidenden Generation auseinandergesetzt, die so unerwartet treffen wie ein echt guter Gag in einem Film von Adam Sandler. Auch als PC-Pilot hat so mancher Titel in den vergangenen Jahren mein Radar unterflogen, um dann eine volle Breitseite zu landen. Ich werd kaum alle Kandidaten in einen Artikel zwängen können und versuche, Überschneidungen mit den anderen Surprise-Listen der letzten Tage zu vermeiden. Hier also ein paar meiner ganz persönlichen Überraschungen.
Eins, Zwei, Portal!
Danke Kim Swift, danke Valve! Als ich eure Orange Box auspackte, hätte ich nicht im Traum damit gerechnet, dass mir so ein Gameplay-Schatz entgegen springt. Der Titel hat gameplaytechnisch alle Vorurteile gegenüber Egoshootern beiseite gewischt und eindrucksvoll demonstriert, welches kreative Potenzial in den Engines schlummert. Erst der Indie-Titel 'Antichamber' hat Jahre später bei mir ebensolches Erstaunen ausgelöst. Andererseits wäre es ohne die Pionierleistung von Portal vielleicht nie dazu gekommen.
Ich werd hier jetzt keine weiteren Lobeshymnen auf die genialen Rätsel, Ellen McLain, 'GLaDOS' oder Kuchen anstimmen. Ihr habt den Titel vermutlich selbst schon bis zum Mausversagen gespielt. Auch die Fortsetzung lege ich jedem ans Herz - die hat nebenbei bewiesen, dass man gegenüber dem Vorgänger tatsächlich qualitativ eine Schippe drauflegen kann. Portal 2 war freilich dann schon keine Überraschung mehr, sondern wurde zurecht vorab gehypt. Ein Pflichttitel auf jeder Festplatte bleibt es trotzdem.
Die Überraschung aus der Tiefe: Minecraft
Im Grunde könnte ich hier statt Minecraft auch Markus 'Notch' Persson schreiben. Der Schwede sprang mit seiner spielbaren Alpha quasi aus dem Gebüsch und scheffelte ruckzuck Millionen. Wo er herkam? Was seine Inspiration war? Kann man jetzt alles auf Wikipedia nachlesen. Damals fragte ich mich nur "Notch wer? Minewas? Craft? Ist das noch so ein WoW-Klon? Survival Mode? Bäume mit der Hand fällen? Hä?" Puh, hat mich der Titel kalt erwischt!
Die nächsten Stunden, Tage und Wochen verfiel auch ich der Klötzchenwelt - was das Schreiben regulärer Artikel echt zu einer Tortur werden ließ. Abgabetermine, kaum geschlafen, noch Tausende Wörter zu schreiben. "Hey, eine neue Höhle mit Redstone und Gold, die will ich noch schnell abbauen. Was? Schon morgen?!" So ungefähr.
Allein die Kunstwerke, architektonischen Meisterleistungen und TNT-Zerstörungsorgien auf Youtube bieten Material für mehrere Tage Dauerbespaßung. Mittlerweile gibt es zudem kaum eine Plattform ohne Minecraft und es wäre vermutlich leichter, jene Preise aufzuzählen, die Mojang noch nicht abgeräumt hat. Eine Überraschung, die sich für Persson ausgezahlt hat.
Path of Exile hatte nicht einmal Luzifer auf dem Schirm
An Diablos Thron sägen? Ist nicht nötig. Grinding Gear Games aus Neuseeland zwängen ihren Hintern einfach neben Blizzard auf die königliche Sitzgelegenheit und verkünden ihre eigenen Innovationen. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass mich der Titel so fesselt - anfangs sah das noch nach einem allzu bemühten Versuch aus, dem Genrekönig die Butter vom Brot zu kratzen.
Path of Exile kommt mit einem atemberaubend komplexen Fertigkeitssystem daher - einer Fusion aus levelbaren Skill-Edelsteinen, die man in Item-Slots unterschiedlicher Farbe platziert (entsprechend Stärke, Geschicklichkeit und Intelligenz), sowie einem passivem Fertigkeitsnetzwerk ("Baum" wäre zu wenig), das selbst Spider-Man beeindrucken würde.
Grinding Gear Games zwängen ihren Hintern einfach neben Blizzard auf die königliche Sitzgelegenheit.
Vom Fleck weg macht das Hack & Slay so ziemlich alles richtig, was Genre-Kenner Blizzard und ihrem jüngsten Diablo-Spross angekreidet haben. Optisch braucht der Titel ein bisschen, um in Fahrt zu kommen - die ersten Gebiete wirken noch trostlos, während in den folgenden Akten dichte Dschungel und prächtige Palastruinen das Auge erfreuen (drei Akte bisher, ein vierter in Vorbereitung). Der NPC-Handel ist besonders durchdacht. Hier werden Verbrauchsgegenstände und Ausrüstung getauscht, Gold gibt es nicht, eine Horadrimwürfel-Funktion ist quasi eingebaut.
Die zahlreichen Schwierigkeitsgrade und Ligen fordern Anfänger wie Profis. Der Beutesog zieht, wie zu meinen besten Diablo-Zeiten. Viele schlaue Details in der Spielwelt sollten die Konkurrenten auf ihre To-do-Liste schreiben, wie zum Beispiel die Schreine, die so lange umstehende Monster buffen, bis man sie selbst aktiviert. Gekrönt wird das Ganze von einem durch und durch fairen Cashshop, der die Balance unangetastet lässt und stattdessen Gegenstände zum Verändern des Aussehens, Haustiere und neue Reiter für die Beutetruhe feilbietet. Jawohl: Der Titel ist free-to-play. Wenn das keine Überraschung ist, dann weiß ich auch nicht mehr.
Free-to-play für alle!
Wo wir grad beim Thema Cashshops sind: Der Siegeszug der Free-to-play-Titel gehört auf jeden Fall zu den Überraschungen dieser Generation. In Asien war das Geschäftsmodell bereits ein alter Hut (MapleStory), als es in unseren Breiten sogar die Fachpresse überrumpelte. Plötzlich schienen die Publisher ihre MMOs gar nicht schnell genug umstellen zu können - gerade Abo-pflichtige Spiele schienen ideale Kandidaten, von Herr der Ringe Online über Age of Conan bis zu Star Trek Online und Star Wars: The Old Republic gingen viele diesen Weg. Die Community unkte nicht selten zu Recht, dass man das baldige Aus eines Titels an der Umstellung auf das Free-to-play-Modell ablesen könnte. Andere Titel verdanken ihren immensen Erfolg dem Gratis-Versprechen. RuneScape ist nur eines von vielen Beispielen.
Der große Erfolg der Browser- und Facebookspiele (ebenfalls Überraschungen) wäre ohne dieses Geschäftsmodell undenkbar. Allein an der Umsetzung scheiden sich die Geister. Wenn den Publisher die Gier umtreibt und 'Pay-to-win' den Cashshop bestimmt, provoziert das häufig Zerwürfnisse mit der Community. Die Macher von 'Allods' mussten diese Lektion beispielsweise schmerzhaft lernen. Mittlerweile haben viele Publisher den Bogen raus und beschränken sich auf Dekogegenstände ohne Einfluss auf die Spielbalance. Ob man das Geschäftsmodell nun gut findet oder nicht - es ist vom Markt nicht mehr wegzudenken. Dass es mal so kommen würde, hätte ich vor einigen Jahren nicht erwartet.
Der große Erfolg der Browser- und Facebookspiele wäre ohne dieses Geschäftsmodell undenkbar.
Spec Ops: The Line - Deckungsshooter mit Twist
Das ist so ein Titel, bei dem ihr mir einfach glauben müsst, dass er einen überrascht, ja, total aus der Reserve lockt. Der Plot-Twist des Shooters hätte selbst M. Night Shyamalan unvorbereitet getroffen. Daher wäre es jetzt unfein, zu viel zu spoilern. Nur soviel: Auch wenn ihr immer wieder die Maus oder den Controller beiseitelegen wollt - beißt euch durch. Wer den Abspann bereits gesehen hat, weiß, dass es das wert war. Danach würde ich 'Herz der Finsternis' von Joseph Conrad lesen, um das Gesamtbild zu komplettieren.
In der Fachpresse ist schon viel über Spec Ops geschrieben und noch mehr philosophiert worden. Düsteres Antikriegs-Spiel, Simulation eines posttraumatischen Burnouts, Satire auf Militär- und Deckungsshooter, oder andere Begriffe sind da gefallen. Trotz dieser dezenten Vorwarnungen hat das Spiel seine Wirkung auf mich nicht verfehlt. Vermutlich wird es euch nicht anders gehen.
Sammelkartenspiele machen Spaß!
Ja, das war für mich eine echte Überraschung! Vor meiner Begegnung mit dem Free-to-play-TGC Carte habe ich dem ganzen Hype um solche Spiele kaum Beachtung geschenkt - weder in Echt noch virtuell. Auf dem Schulhof hab ich den Kumpels zugeschaut, wie sie sich Trampelschaden und andere merkwürdigen Begriffe um die Ohren hauten - viel anfangen konnte ich damit aber auch nach zig Erklärungsversuchen nicht.
Dann wagte ich mich testweise an Carte von Gamescampus und plötzlich fiel der Groschen. Von da an waren all meine Berührungsängste passé und ich durfte mich "Vollblutgeek" nennen. Hurra! Ende Juni diesen Jahres dann die zweite Überraschung: Gamescampus stellte die Unterstützung des Spiels in Europa ein, die Server und die Homepage wurden abgeschaltet, die jeweiligen Guthaben erstattet.
Den Verlust zu lindern, sollte allerdings nicht allzu schwer fallen. Virtuelle Trading-Card-Games gibt es schließlich einige. Ganz zu schweigen von Blizzards Hearthstone, dessen Ankündigung selbst den einen oder anderen überrascht haben dürfte - mich eingeschlossen. Zum Glück weiß ich jetzt, dass Sammelkarten-Spiele am Rechner Spaß machen, sonst wäre mir das alles entgangen.