Die größte Ungerechtigkeit 2024: Banishers ist so viel besser, als es die Verkaufszahlen vermuten lassen
Wenn selbst Nebencharaktere fast wie Menschen wirken.
Tja, da fährt Dontnod einmal annähernden Triple-A-Aufwand und schafft mit Leichtigkeit eine der packendsten Geschichten des Jahres in einer der atmosphärisch stärksten Welten und wird doch nicht dafür entlohnt. Banishers: Ghosts of New Eden blieb “deutlich unter den Verkaufserwartungen” des ambitionierten französischen Studios, das nun wohl nicht zu knapp in Schwierigkeiten steckt. Mir bricht das ein Stück weit das Herz. Für mich ist das hier mit Leichtigkeit Top-3-Material.
Nicht nur die Prämisse, in einer verfluchten Kolonie im New England des Jahres 1695 ein Duo an Geisterjägern zu spielen, ist unfassbar fesselnd. Und nicht nur ist der Schauplatz wahnsinnig stimmungsvoll umgesetzt. Vor allem habe ich selten ein Spiel erlebt, das selbst seine Nebenfiguren so lebendig vertonte. Die englischen Sprecher sind mit die besten, die ich in diesem Jahr hören durfte und sie aus so vielen verschiedenen Richtungen beleuchtete wie Banishers. Jeder in diesem verfluchten Landstrich scheint jeden zu kennen, nicht jeder ist sich wohlgesonnen und selbst sympathische Figuren zeigen mit der Zeit dunkle Seiten von sich oder klären euch über die anderen Charaktere auf. So manches Mal erfuhr ich hinter vorgehaltener Hand etwas über einen Bewohner, was meine Meinung über ihn änderte - oder über die Figur, die es mir erzählte.
Mit der Zeit setzt sich dadurch ein Bild von dem zusammen, was hier einst passierte, dass nun ein mächtiger Geist den Einwohnern das Leben zur Hölle macht. Mal um mal trefft ihr spannende moralische Entscheidungen, nicht immer nur zum Wohle der Gemeinschaft – denn auch eure Geliebte ist mittlerweile ein Geist, der euch begleitet. Wollt ihr euch eine Chance bewahren, sie ins Leben zurückzuholen, müsst ihr ein paar schlimme Dinge tun, was wiederum … interessante Rechtfertigungsprozesse bei Spielenden anregt, die sich für den Wiederbelebungsweg entschließen.
Es stimmt schon, wenn Kritiker des Titels sagen, der Kampf sei nicht so ausgereift und facettenreich wie zum Beispiel im grundsätzlich vergleichbaren God of War, und tatsächlich legt man lange Wege zurück, die nicht jedem gefallen dürften. Ich jedoch habe jeden Meter mit Antea und Red durch diese gespenstischen Gegenden genossen. Mich hat das Spiel sehr bewegt und ich bedaure wahnsinnig, dass es wohl Dontnods letztes Experiment in dieser Richtung gewesen ist. Doch gebt ihr Banishers eine aufrichtige Chance, liebt ihr es vielleicht genauso wie ich!
Zurück zur Übersicht:Die Eurogamer.de-Awards 2024!