Skip to main content

Die Hintergründe von Hellblade 2 - Mythen, Schotten, Pikten und was sonst im Norden los ist

Gespielte Geschichte.

Die Mythologien im hohen Norden sind für mich immer besonders spannend, da ich mich durch meine Kindheit und Arbeit mit den skandinavischen und großbritannischen Ländern verbunden fühle. Spiele, die ebendiese Schauplätze wählen, wachsen mir deshalb auch besonders ans Herz. Und genau in diesen, mir so heimischen Gefilden ist auch Senua zu Hause. Natürlich viel, viel früher als ich oder ihr. Ich möchte gemeinsam mit euch in die Geschichten, Mythen und den wahren Kern von Senua’s Saga: Hellblade II eintauchen. Also los!

Senua war Piktin? Was zum Helheim ist das?

Fangen wir mit dem ersten Teil an. Hellblade: Senua's Sacrifice spielt gegen Ende des 8. Jahrhunderts und erzählt von der jungen, keltischen Kriegerin Senua. Von Kindesalter an gilt Senua aufgrund ihrer Wahnvorstellungen als verflucht, wurde gemieden und entrinnt nur knapp dem Schicksal des Scheiterhaufens. Später verliebt sich die Kriegerin in den Häuptlingssohn, doch die Nordmänner greifen das Dorf der beiden an. Diese opfern ihren Geliebten an dessen Götter, indem sie ihn brutal hinrichten. Senua reist daraufhin nach Helheim, das Totenreich der nordischen Mythologie, um ihren Liebsten zu finden.

Senuas Reise beginnt mit einem traumatischen Ereignis.

Senua gehört zu einem Stamm der Pikten, die in Orkney beheimatet sind, einer Inselgruppe im nördlichsten Teil von Schottland. Als Pikten wurden die Völker im Norden Schottlands von den Römern der späten Antike bezeichnet. Der Name bedeutet so viel wie "die Bemalten" und lässt sich auf die Tätowierungen und Bemalungen der Menschen zurückführen. Von ihren Kulturen und ihrer Sprache ist heute nichts mehr übrig - außer natürlich in der Forschung. Funde aus der Zeit der Pikten entschlüsseln immer mehr Details über das Leben dieses mysteriösen Volkes.

Gekämpft wurde bei den Pikten im Frühmittelalter hauptsächlich mit Schwertern, Speeren und Schilden. So fortschrittlich das alles auch klingt, Männer und Frauen wie Senua, die von einem Fluch befallen oder vermutlich eher durch Verlust oder Krieg traumatisiert waren, wurden von der Gemeinschaft verstoßen.

Bezeichnungen für Ausgestoßene wie diese waren "Gealt" oder etwas abwertender "Druth". Letzteres Wort ist der Name eines Charakters im Spiel, der die Rolle des Erzählers der Runensteine übernimmt und somit Teil von Senuas Wahnvorstellungen ist. Die Steine erzählen isländische Sagen. Das Schicksal dieser Figur basiert auf der eines echten irischen Kelten namens Findan, der zum Sklave der Wikinger wurde, jedoch aus ihren Fängen fliehen konnte.

Laut einem Podcast von Neil Oliver soll es sogar zu einem verheerenden Angriff der Nordmänner auf die Bevölkerung der Orkney-Inseln gekommen sein. Sie sollen die ansässigen Pikten vertrieben oder die Männer der Gemeinschaften in einem "Akt systematischen Völkermords" abgeschlachtet haben. Ob die Pikten selbst das Opfern von Menschen praktizierten, ist jedoch umstritten.

Weil es kaum Schriften der Pikten gab, dachten Forscher lange Zeit, es würde sich bei diesem Volk um wilde, primitive Krieger handeln. Ein Irrglaube, wie Forscher inzwischen festgestellt haben. Sie besaßen eine eigene Kultur mit einem noch nicht ins Detail erforschten Symbolsystem, einer eigenen Sprache sowie komplexe soziale Strukturen. Runensteine, wie sie im Spiel vorkommen, gab es ebenfalls. Auf ihnen abgebildet ist die alte gemeingermanische Runenreihe Futhark. Sie dienen wie viele andere Runensteine auch dazu, sich an die Vergangenheit zu erinnern - etwa wie unsere heutigen Gedenktafeln.

Runensteine wie diese gab es vermehrt in Skandinavien, aber auch in Großbritannien und in Deutschland haben Forscher Runensteine gefunden. Die Pikten hatten sogar ihre eigenen Piktensteine. Diese entstanden im nördlichen und östlichen Schottland bis in die Mitte des neunten Jahrhunderts hinein. Auf ihnen abgebildet sind entweder erkennbare Wesen und Gegenstände oder abstrakte geometrische Formen mit bisher unbekannter Bedeutung.

Die Pikten kannten Webstühle, Betten, Zangen, Harfen und sollen sogar Brettspiele gespielt haben. Es wurde Landwirtschaft betrieben, mit anderen Völkern wurde gehandelt und auch an eigene Götter und Bestattungsrituale sollen die Pikten geglaubt haben, schreibt die Universität von Aberdeen. An die nordischen Götter glaubten sie also nicht. Senua muss sich dennoch Totengöttin Hela stellen, da ihr Geliebter den nordischen Göttern geopfert wurde und nicht ihren.

Exkurs: Mythologie

In Helheim trifft Senua auf viele Figuren der nordischen Mythologie. So etwa Feuerriese Surt, der in der nordischen Mythologie über Muspelheim herrscht und später Bifrost zerschlägt, die Brücke zwischen der Welt der Menschen und der Welt der Götter. Daneben gibt es außerdem den übernatürlichen Raben Valravn, der seine Gestalt wandeln kann. In Hellblade wird Valravn als "Gott der Illusionen" beschrieben.

Eine atemberaubende, aber auch gefährliche Welt wartet hinter den Toren von Helheim.

Auch ein Wolf, der sowohl Fenrir als auch Garm genannt wird, begegnet uns in Hellblade. Fenrir ist ein Kind Lokis und wird so stark, dass die Götter ihn in Ketten legen. Erst zu Ragnarök soll sich Fenrir wieder befreien und soll dann Odin verschlingen, danach jedoch von Vidar getötet werden. Garm wird als Wächter von Helheim beschrieben, was auch seine Aufgabe in Hellblade ist. Die Wölfe verbindet eine ähnliche Geschichte und einige Autoren verwenden die Namen daher synonym.

Zu guter Letzt trifft Senua auf Hel oder auch Hela genannt. Sie ist ebenfalls eine Tochter Lokis und herrscht über Helheim. Sie gilt allerdings nicht als Göttin, sondern zählt zum Geschlecht der Riesen. Auch vor ihr fürchteten sich die Götter und verbannten sie in die Unterwelt, wo sie all jene zu sich holt, die nicht in der Schlacht oder auf See gefallen sind - so wie Senuas Geliebten. Auch der See der Toten, den Senua kurz zu Gesicht bekommt, existiert in der nordischen Mythologie und heißt dort Náströnd. Hier leiden alle, die zu Lebzeiten gemordet oder Eide gebrochen haben.

Alles änderte sich im Wikinger-Zeitalter

In Senua’s Saga: Hellblade II geht es nach Island. Hierfür wurden Umgebungen in Island mit einer Drohne gescannt, um diese in der Unreal Engine 5 umzusetzen. Wir schreiben jetzt das 9. Jahrhundert und Senua, die nun etwas besser mit dem Verlust ihres Geliebten klarkommt, erfährt, dass die Wikinger eine Basis auf Island haben und dort mit Sklaven handeln. Um dem Treiben der Nordmänner auf den Grund zu gehen und die Sklaverei zu beenden, lässt sich Senua selbst gefangen nehmen und wird nach Island verschifft. Mit dieser Ausgangssituation geht das nächste große Abenteuer los und auch hier gibt es wieder viele wahre Hintergründe.

Island bringt neuen nordischen Charme mit.

Zwischen dem 8. und 9. Jahrhundert entdeckten die Wikinger die nördlichen Teile Schottlands, plünderten die nördlichen Reiche und ließen sich tatsächlich auch in Island nieder. Manche Begegnungen zwischen den keltischen und nordischen Völkern verliefen friedlich, doch die Raubzüge gipfelten in der Mitte des 9. Jahrhunderts in einer großen Schlacht. Hierbei taten sich die Skoten und Wikinger zusammen, um die Pikten vernichtend zu schlagen. Die Pikten wurden daraufhin in das skotische Reich eingegliedert. Ihre Kultur ging somit verloren.

Zusätzlich gab es in Island in diesem Zeitraum eine große vulkanische Eruption, die im Spiel sicher für noch mehr Spannung sorgen könnte. Nicht nur die Wikinger, auch die Natur kann manchmal erbarmungslos sein. Insgesamt aber eine traurige Prognose, mit der wir in den zweiten Teil von Senuas Reise starten. Doch zum Glück ist Senua’s Saga: Hellblade II keine reine Nacherzählung der Geschehnisse, sondern eine fiktive Geschichte, die sich lediglich auf historische Ereignisse stützt.

Vielleicht tauchen wir diesmal in die isländischen Sagen ein? Hier gibt es ein paar interessante Geschichten zu entdecken. So gibt es Reynisfjara, einen schwarzen Strand am Fuß eines Berges, von dem aus hexagonale Säulen emporragen. Laut der Folklore soll es sich dabei um Trolle handeln, die bei Sonnenaufgang zu Stein erstarrten. Seither sind sie dazu verdammt, nur wenige Schritte von ihrer Heimat in den Bergen entfernt zu stehen. Angeblich soll man sie in der Nähe der Klippe noch vor lauter Heimweh klagen hören. Da habe ich direkt Mitleid.

Auch in Hellblade 2 müssen wir auf die mystischen und göttlichen Einflüsse nicht verzichten.

Eine Legende erzählt von der Insel Drangey, auf der ein Dämon haust. Dieser stieß drei Männer, die gerade Eier sammelten, die Klippe hinab. Die Menschen riefen daraufhin den Schutzheiligen Islands, Guðmundur Arason. Dieser sprach mit dem Dämon und gewährte ihm den kleinen Klippenbereich, um dort zu bleiben. Denn selbst das Böse brauche einen Platz zum Leben. Auf Dimmuborgir, einer aus Lava geborenen Felsformation, soll außerdem eine brutale Frau, halb Troll und halb Oger, hausen, die Menschen ermordet. Und das sind nur ein paar Beispiele.

Wer weiß, ob wir mit den Sagen aus Island in Kontakt kommen werden und inwieweit der Lauf der Geschichte auf den echten historischen Geschehnissen basiert. Island besitzt viele wunderschöne Landschaften, spannende Tiere und interessante Sagen. Ich bin jedenfalls gespannt, in welche mystischen und wundersamen Welten uns der zweite Teil hinführt ...

Schon gelesen?