Die Katze im Sack. Oder: wann hört der Vorbesteller-Wahnsinn endlich auf?
Kostüme, Zusatzmissionen und -Waffen sind eher Hürde als Hilfe.
Vorbesteller-Initiativen nerven nicht erst seit gestern. Ungezählte Versionen mit Untertiteln, die man schon lange nicht mehr auseinanderhalten kann, teilen sich auf ebenso viele verschiedene Händler auf und werden als Boni angepriesen. Exklusive Missionen, Skins, die nur hier, Waffen, die nur dort zu haben sind, während sich unsereiner eigentlich nur fragt, was man machen muss, damit man das Spiel so erleben darf, wie es mal gedacht war.
Es ist eine Verknappung von Gütern, die unbegrenzt vorhanden sind und weder Fertigungs- noch Lagerkosten mit sich bringen. Ich habe nie verstanden, wie das ein Kaufanreiz sein kann. Und wenn man bedenkt, dass die Händler den Teufel tun und sich mit minderwertigen Goodies abspeisen lassen werden, darf eine Version per se schon nicht der anderen überlegen sein. So wird die viel beschworene Wahl für den Kunden zur Qual.
Mit Dead Island 2 ist jetzt aber etwas passiert, das ich aus ähnlichen, letztlich aber anderen Gründen noch viel ärgerlicher finde. Die hochgeschätzten Kollegen von vg247 haben sich das Spiel auf der E3 angeguckt und für interessant befunden. Bilder, die für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen wären, gab es noch nicht zu präsentieren. Was Deep Silver aber sehr wohl schon herausgab, ist ein Bild vom "Golden State Weapon Pack" für Vorbesteller. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Ein CG-Trailer, der mit dem Spiel nichts zu tun hat, kein einziger Screenshot, aber über die Boni für frühe Vögel bekommt man schon detailliert Aufschluss.
"Ein CG-Trailer, der mit dem Spiel nichts zu tun hat, kein einziger Screenshot, aber über die Boni für frühe Vögel bekommt man schon detailliert Aufschluss."
Zu ihrer Verteidigung: Ich weiß selbst, wie das auf Messen ist. "Bilder? Nee, auf die warten wir gerade noch. Ich hab' hier nur die Pressemappe mit den Artworks und weiterem Promo-Material, das ich dir schon geben könnte", gekoppelt mit dem Willen, die ofenfrischen Infos vor allem anderen ins Netz zu stellen. Und tatsächlich ist Dead Island 2 noch nirgends vorbestellbar. Aber es zeigt doch, was aktuell mit dieser Branche nicht stimmt.
Weil man über Jahre massig Mittel in die Entwicklung immer aufwendigerer Spiele steckt, herrscht eine geradezu panische Angst davor, am Erstverkaufstag nicht den Großteil seiner Lifetime-Sales unter die Leute zu bringen. Das nächste große Ding ist in dieser Branche immer direkt um die Ecke und wer nicht flink seine Kosten wieder einspielt, läuft Gefahr, am Ende auf ihnen sitzen zu bleiben. Deshalb fällt es leicht, sich der Illusion hinzugeben, mit drei Waffen in einem blumig benannten Bonuspaket einen Schnappreflex zu erzeugen. Aber mehr als das ist es eben nicht: eine Illusion.
Denn tatsächlich zerfleddern Hersteller und Entwickler ihre eigenen Werke im Buhlen um die Aufmerksamkeit eines Kunden, der sich wundern muss, warum er ein ums andere Mal angehalten wird, die Katze im Sack zu kaufen. Im fast unweigerlich folgenden Gezerre gleichstarker Händler muss er am Ende gleichgültig, aber genervt in der Mitte hängen bleiben. All die Mini-DLCs und letztlich bedeutungslosen Content-Anhängsel registriert er nur noch als allgegenwärtiges und irritierendes Gegrapsche nach seiner Person. Es ist fast eine Erleichterung, wenn man sich endlich eines der häufig verwirrend zusammengestellten Pakete gekauft hat. Nicht, weil man sich über etwas freuen würde, das man dazubekam, sondern weil man eine furchteinflößende Hürde aus QR-Codes genommen hat.
Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Berliner von Yager in der Lage sind, ein exzellentes Dead Island auf die Beine zu stellen. Nachdem Spec Ops: The Line nicht annähernd der Erfolg zuteil wurde, den es verdient hatte, verstehe ich es bestens, wenn sie nicht die ersten sind, die sich aus diesem giftigen Zyklus aus Content-Verhackstückelung und aufdringlicher Marktschreierei ausklinken. Aber bei irgendjemandem dürfte so langsam mal der Groschen fallen, dass man mit dieser Praxis weder sich noch dem Kunden einen Dienst erweist. Und vielleicht damit auch die Vorbesteller-Boni den Weg des Online-Passes gehen.
Aber was weiß ich. Vielleicht bin ich auch der Einzige, der so empfindet.