Die neue Nintendo Switch im Test: Wir nehmen das Tegra X1-Update ausführlich unter die Lupe
Eine gewaltige Steigerung der Akkulaufzeit - aber hat sich sonst noch etwas geändert?
Wie die Switch-Firmware 5.0 im März 2018 andeutete, entwickelt sich Nintendos Konsolen-Hybrid dank einer kleineren, kühleren Tegra X1 weiter. Die Effizienzvorteile sind natürlich die Basis für die kommende Switch Lite, aber das Upgrade des Nvidia SoC kommt auch einer Revision des exisiterenden Basismodells zu Gute, die in Hongkong kürzlich den Weg in die Läden fand. Weil wir neugierig waren, wie sich die neuen Innereien des Geräts schlagen, haben wir eines importiert und uns an die Arbeit gemacht.
Auf einem oberflächlichen Level betrachtet, trennt diese Switch nicht viel von dem ursprünglichen Modell. Die Packung sieht Großteils ähnlich aus, abgesehen von einem neuen, eher auf die Joy-Con abzielendem Design auf der Seite. Im Karton ist alles identisch - die Joy-Con und das Tablet oben, Peripherie (Dock, HDMI Kable, Netzteil) in Fächern darunter. Ganz wie immer also. Ein schneller Blick aufs Netzteil bestätigt, dass es dasselbe Modell ist, obwohl der Prozessor niedrigere Energieanforderungen hat. Und selbstverständlich funktionierten auch alle Zubehörteile, die wir schon hatten tadellos mit dem neuen Gerät.
Das hier ist also durchaus ein "stilles Update" für die Switch, ein Ersatzmodell ohne großes Tamtam - das geht so weit, dass Nintendo-Boss Doug Bowser die Revision nicht als neuen Hardware-Launch bezeichnen würde. Einerseits stellt das sicher, dass Nintendo seinen Marketing-Fokus auf die Switch Light richten kann, es bedeutet aber auch, dass gewisse Probleme, die seit dem Launch der Plattform bestehen, nicht auch nur ansatzweise angegangen wurden. Der wabbelige Ständer wirkt weiterhin wenig verlässlich und auch das Dock ist trotz aller Kritik immer noch dasselbe.
Die vielleicht größte vergebene Chance - und das nervigste Problem, das ich mit der Switch seit Launch hatte - ist die schwache W-Lan-Performance, an der sich nichts getan zu haben scheint. Zu schwächeren Signalen verbindet sie sich ab und an nicht erst oder verliert häufig die Verbindung dazu. Im Vergleich dazu hatten Smartphones und ein Amazon Echo Dot keine Probleme - und das, obwohl sie vermutlich im Inneren weniger Platz für anständige Antennen haben. Die neue Switch besitzt ein neues Mainboard, es gibt Änderungen abseits des neuen Tegra. Aber die Qualität des Geräts an sich zu verbessern, war eindeutig keine Priorität für Nintendo.
Der neue Tegra X1 - Codename Mariko - ist aber in der Tat eine große Sache. Der ursprüngliche Chip wurde in TSMCs 20nm-Herstellungsprozess gefertigt, einem Halbschritt in Sachen Fertigungsprozessen, den hauptsächlich Smartphones nutzten, CPUs, GPUs und Spielkonsolen-SoCs abseits der Switch allgemein ignorierten. Wir wissen, dass der neue Chip kleiner ist und die Ankündigung der Switch Lite deutete schon stark auf Effizienzvorteile hin. Es ist wahrscheinlich, dass es sich um TSMCs 16nm FinFET handelt, derselbe Prozess auf dessen Basis die letzten Microsoft- und Sony-Konsolen entstanden. Und die Energieersparnisse der neuen Technologie sind immens.
Für Vergleichstests greifen wir auf The Legend of Zelda: Breath of the Wild und Fast RMX in identischen Testszenarien zurück. Das Wattmeter wirft einige eindrucksvolle Ergebnisse ab, wenn es darum geht, wie viel Energie die Konsole aus der Steckdose zieht. Selbst im Doch, wo die höheren GPU-Frequenzen der Switch einsetzen, sehen wir je nach Content 40 bis 50 Prozent weniger Energieverbrauch. Besonders bemerkenswert ist, dass viel vom Zelda-Gameplay mit nur sechs bis sieben Watt Verbrauch auskommt. Neben den aktuellsten mobilen Prozessoren auf 7nm-Technologie ist das vermutlich keine große Sache, aber im Vergleich mit dem ursprünglichen Tegra X1 ist das ein wahnsinniges Plus.
Ursprüngliche HAC-001 Switch | Neue HAC-001(-01) Switch | |
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Akkulaufzeit: 50% Bildschirmhelligkeit | 3 Stunden, 5 Minuten (185min) | 5 Stunden, 2 Minuten (302min) |
Akkulaufzeit: 100% Bildschirmhelligkeit | 2 Stunden, 25 Minuten (145min) | 4 Stunden, 18.5 Minuten (258.5min) |
Max. Hüllentemperatur (Handheld) | 46°C | 46°C |
Max. Lüftertemperatur (Handheld) | 48°C | 46°C |
Max. Lüftertemperatur (im Dock) | 54°C | 50°C |
Nintendo hielt an der HAC-003-Batterie fest, die ihre 4310mAh Kapazität schon in der ursprünglichen Switch zum Einsatz brachte, was bedeutet, dass dieser reduzierte Stromverbrauch eine beeindruckende verlängerung des Akkubetriebs bedeutet. Bei 50 Prozent Helligkeit schafft Zelda drei Stunden und fünf Minuten auf dem alten Modell. Fünf Stunden und zwei Minuten sind es auf der neuen Switch. Eine Verbesserung um 64 Prozent Spielzeit. Und der Abstand wird noch größer, wenn wir die Helligkeit voll aufdrehen. Zwei Stunden 25 Minuten schlagen dann auf der Launch-Switch zu Buche, während die neue vier Stunden und 18,5 Minuten schafft, was 78 Prozent mehr Spielzeit sind (wobei man beachten sollte, dass in allen Fällen unter Umständen unterschiedliche Bildschirme unterschiedliche Helligkeiten bedeuten).
Natürlich schlägt sich der niedrigere Energieverbrauch in verbesserten Temperaturen nieder - aber vielleicht nicht in dem Ausmaß, wie ihr es jetzt erwarten würdet. Die ursprüngliche Version ist immer noch ein Low-Power-Gerät, besonders wenn man im Handheld-Modus spielt. Im Dock fällt die Temperator von etwa 54 Grad Celsius der alten Switch auf 50 Grad bei der neuen. Was aber insbesondere auffällt, ist der leisere Lüfter (auch wenn der zuvor schon kaum störte). Das Gerät ist immer noch warm, wenn man es im Handheld-Modus nutzt, fühlt sich insgesamt aber gleich an.
Bislang also alles ganz einfach: Eine neue Switch mit einem neuen Prozessor, was Effizienz und Batterie-Gewinne garantiert, aber sonst nicht wirklich mehr. Aber ein paar Tücken tun sich doch auf. Zunächst einmal ist das Display tatsächlich ein anderes. Das Wall Street Journal berichtete über ein Abkommen mit Sharp, Nintendo mit der IGZO-Display-Technologie für die Switch zu beliefern. Aber es ist unklar, ob das nur für das Lite-Modell gilt, oder auch für dieses. Was ich aber sagen kann: Der Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Modell ist deutlich. Auf meiner alten Switch gibt es zwar einen leichten Zyan-/Gelbstich, aber weiß ist generell wirklich weiß. Auf dem neuen Modell ist aber ein stärkerer Magenta-Stich zu verzeichnen.
Das Vergleichsbild oben (klickt auf den Thumbnail für eine höhere Auflösung) zeigt beide Switches bei maximaler Helligkeit und spiegelt gut wieder, wie die Displays für mich in der Realität aussehen, wenn ich sie nebeneinander halte. Wenn ich wählen müsste, würde ich den Screen der älteren Switch bevorzugen - allerdings legen die Batterie-Daten nahe, dass der neue Bildschirm auf maximaler Helligkeit deutlich effizienter ist.
Die andere Eigenart betrifft die Performance. Nintendo hat bereits klargestellt, dass der Mariko-Prozessor keinerlei Vorteile gegenüber dem existierenden Modell besitzt, und Tests in Vergleichsszenarien verschiedener Titel legen nahe, dass dem tatsächlich so ist. Das neue SoC ist allerdings zu schnelleren GPU-Clocks fähig, wenn es nach Nvidias Daten geht, aber Nintendo entschloss sich, nicht darauf zurückzugreifen - zumindest bisher. Allerdings wechselt die neue Switch ja nicht nur den alten Tegra X1 aus, sie ersetzt auch den Speicher mit 4GB LPDDR4X Ram, was weitere Energieeffizienz gegenüber dem alten Gerät ermöglicht. Das könnte ein paar Auffälligkeiten in einigen wenigen Performance-Tests erklären.
Der Replay-Modus von Mortal Kombat 11 bietet zum Beispiel die Möglichkeit, Kämpfe wieder und wieder in der Spiel-Engine ablaufen zu lassen. Und Nintendo Online Cloud-Save-Transfers erlauben es uns, auf beiden Geräten denselben Content ablaufen zu lassen und ihn zu vergleichen. Die neue Nintendo Switch verbuchte einen kleinen Performance-Vorteil, der sich über fünf separate Versuche hinweg hielt. Auch die Performance im klassischen Breath of the Wild Speicherbandbreiten-Flaschenhals, dem Korok-Wald, deutet einen gewissen Wandel in der Performance auf der neuen Switch an. Die Kameraposition spielt in diesem Test eine wichtige Rolle und der Test kann zwischen den verschiedenen Runs nicht 100-prozentig akkurat repliziert warden, aber die Ergebnisse weisen dennoch auf einen gewissen Vorteil für die neue Switch hin.
Sollte die Theorie, dass das neue Speicher-Setup der neuen Konsole einen Vorteil verleiht, stimmen, würde sich das vermutlich nur in seltenen Szenarien zeigen. Und es würde erklären, warum die Unterschiede in manchen Spielen nicht eindeutig ausfallen oder in Fällen, in denen eindeutig die GPU der limitierende Faktor ist, ausgeschlossen werden können. Dennoch, im Hier und Jetzt ist es eher eine technische Kuriosität als irgendetwas, das in eine Kaufentscheidung mit einfließen sollte. Im Großen und Ganzen spielt es sich auf der neuen Switch genau wie auf der alten, exakt wie Nintendo versprochen hatte.
Es ist also immer noch die Switch, wie wir sie kennen, allerdings mit einem anderen Display und großen Verbesserungen in Sachen Effizienz und Batterielaufzeit. Müsste ich mich zwischen der alten und neuen Konsole entscheiden, nähme ich die neue Version - einfach, weil die zusätzliche Batterielaufzeit sehr willkommen ist, denn ich Spiele mit der Switch die meiste Zeit im Handheld-Modus. Wer allerdings so gut wie immer im Doch spielt, für den sind diese beiden Geräte problemlos untereinander austauschbar, abgesehen von minimalen Lautstärkeunterschieden bei den Lüftern. Sofern ihr also die zusätzliche Akkulaufzeit nicht braucht oder nicht gerade eine Allergie auf USB-C-Powerbanks habt, gibt es kaum einen Grund, auf die neue Variante umzusteigen.
Während sich die neuen und die alten Geräte in den Läden bald mischen dürften, könnte es bisweilen schwierig sein, vorher zu wissen, welches Modell man bekommt. Die zuverlässigste Methode, das herauszufinden, ist der Blick aufs Gerät selbst. Fragt, ob ihr draufschauen könnt und seht auf die Rückseite, um sicherzustellen, die Seriennummer lautet HAC-001(-01). Die älteren Switches nennen sich HAC-001 (hier ist ein Vergleichsbild). Klingt einfach, ist allerdings gerade nicht so eindeutig, denn Nintendo hat gerade ebenfalls etwas zum Thema verlauten lassen, dass darauf hindeutet, dass die Modelle mit besserer Batterielaufzeit auf die Bezeichnung HAD hören - die Modellnummern könnten sich für den westlichen Markt also noch ändern. So oder so, ihr wisst, worauf ihr achten müsst.
Auf der anderen Seite: Wenn Handheld-Gaming euer Fokus ist, könnte es sich auch lohnen, noch etwas auf die Switch Lite zu warten. Die ist nicht so vielseitig, wie die Standardversion (eine Switch, die nicht switchen will) und die Batterielaufzeit ist nicht ganz so gut, basierend auf Nintendos eigenen Angaben, aber sie könnte durchaus seinen eigenen Charme mitbringen und ist natürlich auch günstiger. Unser Kollege John Linneman hat sich die Lite auf der gamescom angeschaut und findet, dass sie toll und sehr begehrenswert aussieht. Wir werden näher an der Veröffentlichung noch eingehender darüber berichten.