Die Nintendo Switch Lite ist ein seltsames Biest - und trotzdem eine Sensation
Kommt ruhig rein, das Wasser ist wunderbar!
Da sind wir also: Nintendo stellt mit der Nintendo Switch Lite endlich das lange gemunkelte neueste Mitglied der Switch-Familie vor. Die richtet sich an diejenigen, die ihre Switch im Grunde nur zum Laden ins Dock stellen und verspricht höhere Mobilität, nett upgedatete Interna, schöne Farben und sogar ein echtes Steuerkreuz (dass ich das noch erleben darf). Ich will sie haben.
Das Problem ist nur: Ich weiß nicht so recht, warum, und frage mich, ob sie nicht deutlich schwieriger zu verkaufen ist, als die alte. Zwar gibt es oben beschriebene Zielgruppe definitiv, aber die hat schon eine Konsole und die nennt sich Switch. Für wen soll das neue Gerät also sein? Lassen wir mal die Technik-Freaks und Sammler außen vor, für die alleine die wirklich sexy Aufmachung der Lite genug sein dürfte (schuldig im Sinne der Anklage!). Das sind nicht die Leute, mit denen man Verkaufsrekorde bricht.
Denkt mal zurück! Wie viele von uns wussten schon vor dem Kauf, ob sie das Ding eher in der Hängematte oder am Wohnzimmer-TV spielen würden? Wie viele von uns fanden gerade die Tatsache gut, dass der "Switch" vom stationären zum Unterwegsmodus so schnell und reibungslos funktioniert? Ganz egal, wo man hauptsächlich spielt. Allein die Option war toll. Ebenso wie die Tatsache, immer zwei Controller für spontane Multiplayer-Sessions dabeizuhaben. Und überhaupt: Wie komisch ist es, dass Nintendo zum zweiten Mal nach dem 2DS in einem Konsolen-Sidegrade sein zentrales, namengebendes Feature kippt? Hier wird schließlich nicht mehr geswitched ...
Dann das nächste Gedankenspiel: Die Lite als Mitnehm-Satellitenkonsole, während man zuhause die alte Switch permanent im Dock lässt. Fühlt sich ebenfalls komisch an, zumal ich aktuell nicht das größte Vertrauen in Nintendo verspüre, denselben Account auf zwei Konsolen zugleich zu nutzen und meine Games zwischen beiden synchron zu halten. Das kann sich sicher ändern, doch Doug Bowsers jüngste Aussagen, man werde die Möglichkeit haben, "zwischen beiden Geräten zu transferieren", klingen zwei Monate vor dem Launch jedenfalls weder konkret noch on-the-fly und einfach genug, als dass ich diesen Use-Case sähe.
Und überhaupt, sich neben einer potenziell mobilen Konsole noch eine zweite, ultramobile zu halten, wirkt irgendwie absurd.
Nein, nur vom Anschauen der Konsole weiß man erst einmal nicht, an wen sich die Lite im Einzelnen richtet, die - noch mal in aller Deutlichkeit - zwar sehr hübsch ist, aber mal eben das zentrale Verkaufsargument so endgültig von der Packung streicht, dass man fast meint, den Namen ändern zu müssen. Und dann rutscht der Blick aufs Preisschild und man sieht plötzlich deutlich klarer. 199 Euro!
Ich bin nicht sicher, wann das letzte Mal eine Plattform-Anbieter nach zwei Jahren eine um 40 Prozent günstigere Einstiegsmöglichkeit in eines der aktuell am stärksten florierenden und am gierigsten nachgefragten Konsolen-Ökosysteme ermöglichte.
Vergessen sind all die Fragen, wie sich Overcooked wohl spielt, wenn einer ständig das Display verwackelt und der andere über die Schulter nie den optimalen Blick auf den Herd bekommt und ob Nintendo Mario Kart 8 nun so umprogrammieren muss, dass der blaue Panzer immer den Spieler trifft, der das Gerät halten darf. 199 Euro - das ist ein durchdringender, unüberhörbarer Lockruf an alle, die schon länger wissen, dass Nintendos Konsole die perfekte Ergänzung zu PC, PS4 und Xbox ist, bei den bisher 329 Euro aber nicht so sehr in Versuchung kamen.
Wie so oft, wenn man sich bei einer Konsolenankündigung Nintendos zunächst die Augen reiben möchte, weil man nicht so recht begreift, was man da sieht, erfasst man das wahre Genie dahinter erst am Tag danach. Und alle anderen, die die Switch in erster Linie für ihre Flexibilität schätzen, kommen dann vermutlich im nächsten Jahr in Versuchung, wenn Nintendo mit der Switch Pro ein lineares 1:1-Upgrade vorstellt. Ich glaube, in Kyoto haben sie mal wieder alles richtig gemacht.