Die Qual der Wahl
„Killerspiele“: Eine Chronik des Schreckens
Richtig hoch kochte die Diskussion wieder im März 2009, und zwar nach dem Amoklauf von Winnenden. FDP und Grüne hielten in der Debatte erneut dagegen – zumindest auf Bundesebene. Unstimmigkeiten herrschten dennoch, und zwar wegen einzelner Kommunalpolitiker. Das betrifft sowohl die Grünen als auch die Linken.
Interessant auch: Einige hochrangige Parteienvertreter unterstützen das Aktionsbündnis Winnenden, das unter anderem ein Verbot von Spielen fordert, „die dazu dienen, Menschen zu ermorden“. Dazu gehören laut Homepage zwei SPD-Landtagsabgeordnete, die Bundestagsabgeordnete Silke Stokar von den Grünen und die Bundesvorsitzende Claudia Roth. Wobei die Stellungnahme von Frau Roth darauf schließen lässt, dass sie ausschließlich die Unterschriftenliste für das „Verbot von Faustfeuerwaffen“ gezeichnet hat, nicht aber die gegen ein „Verbot von Killerspielen“ . Nicht unwesentliche Randnotiz: Die Grünen arbeiten nach der Wahl höchstwahrscheinlich wieder mit der SPD zusammen, was den einen oder anderen sicher auch nicht glücklich macht.
Relativ ruhig blieb es nach dem Amoklauf von Ansbach, der am 17. September geschah. Einerseits wohl, weil die Polizei beim Täter keine „verdächtigen“ Spiele fand. Anderseits, unke ich mal, liegt es vielleicht auch am Wahlkampf. Laut Umfragen sind vor allem junge Menschen noch nicht sicher, wem sie ihre Stimme geben. Möglicherweise halten Politiker deshalb die Füße still.
Zum Thema Wahlkampf passt die Ankündigung der bayerischen Staatsregierung, Spiele künftig mit knapp einer halben Million Euro fördern zu wollen. Wer das Kleingedruckte liest, erfährt, dass damit ausschließlich Titel gemeint sind, „die Qualität erwarten lassen und voraussichtlich eine Altersfreigabe höchstens ab 16 Jahre“ haben. Ich freue mich schon auf mindestens acht weitere Teile der Serie „Pferd & Pony: Lass uns reiten“.
Laut der Zeitung Die Welt forderte die CSU nach der Amoktat von Ansbach und dem gewaltsamen Tod eines Mannes in der Münchner S-Bahn indes „zwangsweise Einweisungen junger Mehrfachtäter in Erziehungsheime, die Anhebung der Höchststrafe im Jugendstrafrecht von zehn auf 15 Jahre, den Ausbau der Videoüberwachung und ein Verbot von Killerspielen.“ Oh, da war es wieder.
Günther Beckstein, bis 2008 Bayerns ehemaliger Ministerpräsident und laut Wikipedia gewissermaßen geistiger Vater des Wortes „Killerspiel“, setzte noch einen oben drauf. Bei einer Veranstaltung der Seniorenunion predigte er laut Nürnberger Nachrichten Online: „Das Spiel Counter-Strike wurde von der US-Army entwickelt, um die Gewaltschwelle bei den Soldaten herabzusetzen. Derartige Spiele gehören nicht nur zensiert, sondern verboten!“
Bleiben die Piraten. Die haben nachweislich etwas gegen ein Spiele-Verbot. Auch wenden sie sich gegen Internetzensur. Doch sind die Jungs wirklich wählbar? Trau ich ihnen auch genug politisches Verständnis für andere Themenbereiche zu? Es ist wirklich ein Kreuz mit dem Kreuz.
In Sachen Netzsperren gehen einigen Vertretern der CDU übrigens die durch Familienministerin Ursula „Zensursula“ von der Leyen auf den Weg gebrachten Bestrebungen noch nicht weit genug. So brachte Thomas Strobl eine Erweiterung des sogenannten „Zugangserschwerungsgesetzes“ auf Action-Spiele ins Gespräch.
Natürlich sollte man eine verantwortungsvolle Entscheidung anlässlich einer Wahl nicht alleine von einem geliebten Hobby abhängig machen. Dennoch frage ich mich, ob ich einer Partei vertrauen kann, die zum Thema Spiele fast nur Humbug verbreitet. Was erzählen mir die erst von Dingen, von denen ich keine Ahnung habe? Mit den kleineren Parteien ist es aber ebenso schwierig. Es fällt ja schon auf, dass gerade nur diese sich ausdrücklich gegen ein Verbot aussprechen. Müssen sie wohl, oder?
Jüngsten Umfragen von Allensbach, Emnid, Forsa, der Forschungsgruppe Wahlen, GMS und Infratest zufolge landet die CDU/CSU am Sonntag bei 35 bis 36 Prozent der Stimmen. Die SPD kommt angeblich auf 24 bis 26 Prozent, die FDP auf 13 bis 14. Für die Linken rechnet man mit zehn bis zwölf und für die Grünen mit zehn bis elf Prozent.
Indes fallen die Piraten unter „Sonstige“. Experten kalkulieren mit zwei Prozent. Wo macht also ihr euer Kreuz? Egal, wie eure Entscheidung ausfällt, geht auf jeden Fall zur Wahl! Ich werde das nicht tun. Ich habe bereits per Brief mein Urteil gefällt.
Als Entscheidungshilfe sei abschließend der Wahl-o-Mat empfohlen und die Links zu den Eurogamer-Wahl-Specials:
CDU/CSU
SPD
FDP
Die Linke
Bündnis 90/Die Grünen
Piratenpartei
Am Sonntag finden sich überall in Deutschland die Wahlurnen ein. Geht wählen!!!!