Die Ringe der Macht Season 2 Finale: Unterhaltsam geht die Welt zu Grunde
Wenn gut genug nicht gut genug ist.
Am Ende war ich dann wohl doch leicht zu haben, große Fantasy-Schlachten gehen leider immer und die letzten beiden Folgen hatten ein paar Momente, in denen bei einigen Leuten der Groschen fiel, die mir gut gefallen haben. Celebrimbors Erkenntnis, von wem er sich hatte einlullen lassen, kam sechs Folgen zu spät, dafür aber nicht ohne Wucht. Das Opfer des Zwergenkönigs im Angesicht des Balrog war schön inszeniert und wann immer die Möglichkeit eines wackligen Zweckbündnisses zwischen Adar und Elben im Raum stand, war es zumindest gutes Schauspiel, das vergessen machte, wie windig der Gedanke eigentlich war.
Und doch blieb es dabei, dass ich mich niemals richtig nach Mittelerde transportiert gefühlt habe. Zu lax das Verständnis der Show von Zeiträumen und Distanzen. Zu bemüht, zu vielen Figuren, die nur dabei sind, weil sie später noch eine Rolle zu spielen haben, jetzt schon etwas zu tun zu geben. Es wirkt zugleich fahrig und auf zu genau auf den Punkt fokussiert, wo Unschärfe besser gewesen wäre. In der TV-tauglichen Verdichtung der Ereignisse, die zum Krieg zwischen Orks und Elben geführt haben, ging für mich viel Fantasy-Magie verloren.
Guter Sauron, schlechter Sauron
Dabei mochte ich tatsächlich viele der Schauspieler. Sogar Sauron-Mime Charlie Vickers darf zum Ende hin noch einmal richtig böse werden. Irgendwie mochte ich sogar, dass er nicht komplett emotionslos dabei wirkt. Seine irre Vorstellung von einer “geheilten” Mittelerde sehen wir nie, und sich vorzustellen, wie die aussehen mag, das malt ein paar schön böse Bilder, von denen ich gerne mehr gehabt hätte. Gleichzeitig missfällt mir immer noch, dass wir so nah an Sauron herankommen. Als unbegreiflich böse Macht war er effektiver. Ich will eigentlich keine Nuancen in meinem Bösen. Oder besser: Zumindest nicht bei Kreaturen, die sich darüber definieren, dass sie Böse sind. Es ist die typische Origin-Falle: Der Grusel ist vorbei, sobald wir beginnen, die Bedrohung zu verstehen.
Insgesamt passierte in dieser Staffel zu viel, das einfach nur dazu da war, die Figuren auf dem Spielbrett zu verschieben – oft trotz gewaltiger Distanzen von einer Folge zur nächsten. Ich mochte, wie Gandalf zu seinem Namen kam, weniger, wie ihm sein Stab mehr oder weniger vor die Füße fiel und fand insgesamt die gesamte Rhun-Handlungslinie wahnsinnig dröge. Daran kann auch Rory Kinnears walisischer Tom Bombadil nichts ändern, dessen entrückt-sonniges Gemüt angemessen ansteckend war.
Die erneute Versuchung Galadriels durch wechselweise Adar und Sauron mitsamt vorhersehbarer Ablehnung wirkte in Anbetracht der Buch/Filmgeschehnisse ebenfalls eher bemüht, was ebenso für Isildurs verhinderte Liebesgeschichte gilt. Es wird kein gutes Ende mit ihm nehmen, ich tue mich schwer, mich mit ihm zu identifizieren. Sicherlich liegt es auch daran, dass der komplette Numenor-Strang ziemlich eintönig daherkommt. Ar-Pharazon ist nicht böse, Elendil und Miriel nicht inspirierend genug, als dass irgendwas hiervon zwingend interessieren würde. Es ist in etwa so unterhaltsam, wie eine Wikipedia-Zusammenfassung dieser Herr der Ringe-Vorgeschichte zu lesen, nur etwas hübscher bebildert.
Ich bleibe trotz aller Schauwerte und einer unterhaltsamen Schlacht gegen Ende der Staffel bei meinem Urteil: Diese Geschichte funktioniert als mythologischer Unterbau, den man in farbenfroher Sprache erzählt bekommt, besser als eine Schritt für Schritt durchgespielte, geraffte Version der Dinge, die vor Bilbos und Frodos Reisen passierte.
In Die Ringe der Macht schmilzt diese wohl größte Fantasy-Welt seit es Geschichten gibt Folge um Folge ein wenig mehr auf ihre wesentlichen Ereignisse zusammen, bis man meint, abseits dessen passiere rein gar nichts in Mittelerde. Es wirkt konstruiert, anstatt organisch gewachsen – und das ist es auch. Vermutlich ist Die Ringe der Macht in Wirklichkeit keine schlechte Show, vor allem nicht im Vergleich mit viel von dem anderen Kram, der die TV-Wellen flutet. Sie wird der Vorlage nur nicht gerecht und zieht deshalb – wie damals bereits die Hobbit-Filme – den Argwohn der Fans auf sich. Es ist einer dieser Fälle, in denen “gut genug” eben nicht gut genug ist.