Die SaGa-Reihe - Von Legends bis Scarlett Grace, was ist das eigentlich?
Squares ambitionierte RPGs aus der zweiten Reihe.
Final Fantasy ist bekannt. Kann man glaube ich so sagen. Seit der Erfindung des Konsolen-RPGs dürfte sich der Name herumgesprochen haben. Aber SaGa? Da müsst ihr schon in die Fankreise des JRPGs abtauchen, nur um dort festzustellen, dass es eine relativ klare Trennlinie zwischen Liebe und Hass gibt. Und mich in der relativen Mitte, denn auch wenn ich mag, was ich größtenteils im Laufe des Jahres nachgeholt habe, von Liebe würde ich nicht sprechen. Mehr von der Bewunderung eines Forschers für ein besonders kurioses Objekt, das seine Neugier weckte.
Die Serie selbst, kurz zur Einordnung, ist dabei auch bei uns in Europa seit Ewigkeiten bekannt, selbst wenn sie am Anfang unter einem bekannteren Namen und nicht offiziell auf diesem Kontinent verkauft wurde: Die Final Fantasy Legend Trilogie für den alten Game Boy sind eigentlich die ersten drei SaGa-Titel. Darauf folgte die Romancing SaGa Trilogie auf den Super Famicom, die auch für lange Zeit in Japan blieb. Das erste SaGa Frontier gab es dann für die erste PlayStation mal wieder in den USA und das zweite sogar hierzulande, wie auch SaGa Unlimited für die PS2. Wir sind jetzt im Jahr 2002 und danach war die Serie praktisch tot. Bis 2015, als SaGa Scarlett Grace für die Vita erschien.
Und jetzt arbeitet Square Enix seinen Back-Katalog auf, Teil zwei und drei der Super-Famicom-Spiele wie auch Scarlett Grace gibt es mittlerweile für alles, was aktuell Spiele laufen lässt und das für gar nicht mal so wenig Geld. Lohnt sich das, ist es die Art von Runden-Glück, das einem manchmal nur ein klassisches JRPG bringen kann?
Final Fantasy Legend und Romancing SaGa (1989 - 1992)
Wer den alten Game Boy gut kennt, der kennt mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit auch die ersten drei SaGa-Spiele - die in Japan Makai Toushi SaGa hießen, daher der Name. Diese sind zwar nie bei uns erschienen, aber ihre US-Versionen, besser bekannt als Final Fantasy Legend I - III, waren äußerst populär. Drei graduell komplexer werdende kleine Rundenkampf-RPG-Klassiker, die nach der gut gelungenen Mana-Game-Boy-Emulation gern noch mal gesehen sein würden. Aber bitte nicht ganz so teuer.
Das erste "echte" SaGa-Spiel war Romancing SaGa und damit der vierte Teil, nicht, dass es hier angesichts immer eigener Storys eine Rolle spielte. Nach den noch recht konservativen drei Game-Boy-Titeln versuchte man hier etwas Neues, nämlich acht Charaktere in einer relativ nicht-linearen Quest die Welt retten zu lassen - was sonst. Leider bleib das Kampfsystem oberflächlich und die eh schon magere Handlung etwas zersplittert, was bei einem so frühen Versuch nicht-linearen Storytellings nicht weiter verwundert. Das steigert aber trotzdem nicht den Spielspaß und so darf es gerne bei dem mäßigen PS-Remake aus dem Jahr 2009 bleiben. Manche Spiele braucht man nicht noch mal.
Romancing SaGa 2 (1993)
Das änderte sich zum Glück beim zweiten Teil, den es ja nun für so ziemlich alles gibt und Vorkenntnisse sind ja auch nicht nötig. Jeder Teil ist seine eigene, abgeschlossene Geschichte und diese hier ist episch. Man muss das vor allem für 1993 bedenken. Über drei Generationen bekämpft ihr sieben in dieser Welt ehemals legendäre Helden und das über Jahrzehnte hinweg. Neben dieser recht simplen Handlung schlängeln sich zig Nebenquests entlang, fast zwei Dutzend wichtige Charaktere kreuzen euren Weg und sehr, sehr viel passiert hier nicht-linear in einer offenen Welt. Erneut 1993. Das ist selbst heute alles andere als alltäglich.
1993 hat hier aber auch ein paar Nachteile, denn da kaum jemand im Konsolenbereich etwas Vergleichbares versucht hatte, endete vieles auch in Belanglosigkeiten auf der Story-Seite. Viele Quest-Linien sind eher oberflächlich, schließlich war die Hardware wie der Speicherplatz sehr eingeschränkt. Damit kann man aber leben, da es dem Spiel ganz gut gelingt, die eigentliche Größe des Unterfangens zu vermitteln. Ihr baut eure Hauptstadt aus, kämpft an der Seite von Soldaten des Königreiches statt nur in der üblichen kleinen Truppe, die alle Arbeit machen muss, und kümmert euch um die größeren und kleineren Probleme des Königreiches, auch solche, die nichts mit dem Weltuntergang durch sieben Dämonen zu tun haben.
Romancing SaGa 2 fällt definitiv in die Kategorie "historisch wertvoll". Es hat damals den Horizont erweitert, aber es stolperte dabei spielerisch auch häufiger mal. Trotzdem, auch dank eines recht gelungenen Remakes, das den Stil wahrt, war es eines der faszinierenderen RPGs, die ich in letzter Zeit spielte.
Romancing SaGa 3 (1995)
Im Grunde ist Octopath Traveller ein Nachahmer im Geiste, denn Romancing SaGa 3 hatte bereits 1995 acht Charaktere mit acht (relativ) verschiedenen Geschichten und teilweise sehr unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Welt. Diese befindet sich nicht nur in einem üblichen Fantasy-Krieg, sondern hat auch mit einer alle 300 Jahre auftretenden, verheerenden Sonnenfinsternis zu kämpfen. Durch diese Wirren navigiert ihr acht Charaktere, deren Wege sich immer wieder treffen.
Während sich der Vorgänger immer wieder mal fast mehr wie ein kleiner Königreich-Simulator anfühlte, spielt sich das dritte SaGa - eigentlich Teil sechs im Rahmen der ganzen verworrenen Reihe - deutlich klassischer. Ihr wandert durch die sehr verschachtelte und unübersichtliche Welt, die Karten als etwas Unnötiges deklariert hat, bekämpft zig Monster in zig Dungeons und erfreut auch an teilweise recht heftigen Bosskämpfen. Sehr solide, gute Story, etwas nervig, was die Navigation in der Welt angeht, aber ja, das war wirklich gut.
Nur was ich nicht erleben werde, das ist das eigentliche Highlight des Spiels, nämlich die acht verschiedenen Durchgänge mit allen Charakteren. Zum einen sind die wie auch bei Octopath nicht so unterschiedlich, so dass man oft schon genügsam sein muss, was Story-Neuerungen angeht, und vor allem spielt sich SaGa 3 einfach zu träge. Hier hätte man dem Remaster ruhig eine Skip-Taste gönnen können, für all das, was man schon mal gesehen hat. Selbst mit der New-Game-Plus-Funktion, die euch sehr viel an Level-Progression und Items mitnehmen lässt, sehe ich mich jetzt nicht einen dritten Durchgang starten. Aber zwei Runden richtig nette RPG-Klassik sind ja auch nicht zu verachten, selbst wenn das sonst gute Remake ein wenig mehr auf Komfort hätte achten dürfen.
Unlimited SaGa (2002)
Das schwarze Schaf der Familie. Wieder gibt es sieben Helden, wieder ist das Spiel relativ offen, diesmal aber gleichzeitig seltsam eingeschränkt. Ihr habt nie das Gefühl, dass ihr euer Schicksal bestimmen könnt und immer zu irgendwelchen repetitiven Missionen genötigt werdet, der brutale Schwierigkeitsgrad macht das auch nicht besser. Dazu kommt ein starkes Zufallselement im Kampf. Zumindest ist das Art-Design interessant. Ist ja auch was. Für dieses PS2-Spiel gibt es kein Remake und das darf gern so bleiben, zumindest solange man nicht vorhat, praktisch ein neues Spiel daraus zu basteln.
SaGa: Scarlet Grace Ambitions (2016)
Der Vita-Japan-only-Release wurde bei uns aus den üblichen Gründen nur sehr begrenzt wahrgenommen, aber Ende 2019 wurde der Rest der Welt und System-Landschaft mit dem ersten großen SaGa - und dem Zusatz Ambitions - nach fast 15 Jahren Pause beglückt. Zu Unlimited SaGa schrieben damals viele Kollegen, dass diese Niete das Ende der Serie sein wird. Zum Glück hatten sie Unrecht, denn das hier ist der Weg zurück zu den Romancing-Zeiten.
Ihr habt vier Charaktere dieses Mal und für jeden davon stellt ihr eine kleine Entourage aus Kämpfern zusammen. Als Herrscher über ein Land kommandiert ihr hier und da auch mal andere Truppen, kümmert euch um die Belange der Bevölkerung - meist, indem ihr Monster erledigt - und seht zu, dass ihr ordentlich levelt, wie es sich gehört. All das wurde in eine erneut an sich recht simple Handlung verpackt, die davon lebt, dass sie euch die meiste Zeit euer Ding machen lässt. Es gibt nur wenige Schlüssel-Ereignisse, um die ihr euch wirklich kümmern müsst, und der Rest fühlt sich erstaunlicherweise weniger nach den eigentlich redundanten Nebenquests an, die es sind, sondern mehr nach eurem eigenen Weg durch die kleine Geschichte eurer Helden.
Dabei hilft das taktisch orientierte Rundenkampf-System ungemein, das viel damit spielt, wer wann an der Reihe ist. Bestimmte Angriffe können einen Gegner - oder auch euch - in der "Warteschlange" zurücksetzen und eure Rundenplanung durcheinanderbringen. Das und andere Mechaniken wie die richtige Kombination verschiedener Einheiten eröffnet viel Potential, das aber leider zu oft nicht wirklich ausgeschöpft werden kann. Jenseits der Bosse sind die meisten Begegnungen dann doch zu simpel, um richtig auf Touren zu kommen, aber das liegt nun mal in der Natur dieser Art von RPG.
Grafisch ist es die Frage, was man erwartet. Wer dachte, dass ein neues SaGa wenigstens die Vita ausreizen würde, hat sich getäuscht. Wer ein hübsches, handgezeichnetes Pixel-RPG mit 3D-Elemneten, die eher an Mode 7 erinnern, wollte, fantastisch, genau das bekommt ihr. Persönlich gefällt es mir gut, da das Design stimmig und in Einklang mit den älteren Spielen bleibt und ich ein solides 2D einem zu billig produzierten 3D deutlich bevorzuge.
Mit SaGa: Scarlett Grace kehrt eine der ältesten nun wieder aktiven Reihen zurück, hat scheinbar gelernt, dass das, was auch immer Unlimited SaGa sein wollte, nicht sein muss und bringt euch viele, viele Stunden nicht-lineares Runden-RPG. Meine Empfehlung, wie ihr die drei allgemein verfügbaren Titel angehen solltet, ist dabei relativ eindeutig: Scarlett zuerst, weil es am modernsten und zugänglichsten ist. Danach Romancing 2, denn auch wenn die Nummer drei etwas moderner und insgesamt runder daherkommt, ist das zweite der spielerisch interessante Teil mit seiner Generationen überspannenden Handlung. Aber am Ende kann der geneigte Klassik-Connaisseur sich eh alle drei gönnen und noch ein paar Wochen länger zuhause verbarrikadieren.
Romancing SaGa 2 und 3 sowie Scarlett Grace sind für PC, PS4, Xbox One und Switch zu haben und kosten zwischen 20 und 30 Euro. Für alle anderen Teile müsst ihr Full-Retro gehen.