Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs: Reich des Ostens
Behäbig nach Indien
Es gibt Spiele, bei denen fragt man sich: Brauchen die wirklich eine Erweiterung? Im Fall von Ubis Siedler 6 würde ich diese Frage definitiv mit Ja beantworten.
Ja, das Spielkonzept gehört dringend überarbeitet und erweitert. Denn trotz erhöhter Komplexität im Detail, war Der Aufstieg eines Königreichs in etwa so spannend wie ein Doublefeature aus Derrick und Der Alte.
Die KI erledigte alles im Alleingang, man saß derweil vor dem Monitor und wartete auf die Rente. Wenn so ein Spiel auch noch gleich sechs Auszeichnungen beim Deutschen Entwicklerpreis einheimsen kann, lässt das erschreckende Rückschlüsse auf die deutsche Spieleszene zu.
Doch zurück zum Thema: Es hätte also zahlreiche Möglichkeiten gegeben, das starre Spielkonzept spannender zu gestalten. Doch schon der wenig inspirierende Name des Zusatzpacks, Reich des Ostens, lässt erahnen, dass Innovation nicht das Ziel dieser Erweiterung war.
Für stolze 25 Euro gibt es gerade mal acht neue Kampagnenmissionen, also ungefähr die Hälfte dessen, was im Hauptspiel geboten wird. Dazu gesellt sich eine neue Heldin namens Saraya - Mannomann, ein Blick in den Abspann einer Bollywood-Schnulze hätte sicherlich originellere Namen hervorgebracht -, deren Heimatreich in Gefahr ist. Hier kommt ein neuer Satz Grafiken in Spiel, die allesamt im indischen Stil gehalten sind.
Beim genaueren Hinsehen findet man noch eine neue, alte Einheit, den Geologen, der versiegte Minen wieder auffüllen kann und es lassen sich neuerdings auch Brunnen bauen, um die Trockenzeit zu überstehen. Trockenzeit? Ja, die gibt es jetzt genau wie die Regenzeit, in deren Verlauf Flüsse unpassierbar werden und die Getreideernte ausfällt. Tja, das war’s aber auch schon, mehr ist auf der Scheibe nicht zu finden.
Die eigentlichen Missionen spielen sich wie im benötigten Hauptprogramm immer gleich. Meist gilt es erstmal, eine funktionierende Kleinsiedlung zu errichten, den Nahrungsbedarf zu sichern und dann ein Weilchen abzuwarten, bis alles schön rund läuft. Anschließend kann man sich an die Erledigung der Sonderaufgaben machen, die praktisch auch immer dieselben sind: X Güter vom Typ A nach B zu schaffen. Oder ab und an auch mal etwas Handel zu treiben.
Ach ja, über den neuen Handelsposten kann man jetzt auch automatisierten Warentausch erstellen. Das klappt auch alles ganz brav, doch das Problem des Hauptprogramms bleibt: Entweder wird man immer wieder minutenlang zu tatenlosen Zusehen verdammt, oder man aktiviert die Zeitbeschleunigung, wodurch das Siedler-Aufbau-und-Wuselflair verloren geht.
Ganz schwach ist der Kampf, den man nicht immer vermeiden kann. Einmal in die Schlacht geschickt, kann man nur noch beten und auf den Sieg der eigenen Truppen hoffen. Denn wenn die mit dem Gegner ineinander verkeilt sind, lassen sie sich kaum noch trennen.
Schade, schade, schade, dass Ubisoft das Zusatzpack nicht genutzt hat, die vielen Schwächen des Hauptprogramms auszumerzen. Ideen gab es ja in den einschlägigen Spielerforen zu Hauf. Und mit ein paar Veränderungen hier und da, speziell beim Anspruch, hätte Reich des Ostens aus Aufstieg eines Königreichs vielleicht das machen können, was wir uns von dem Titel erhofften. Ein Spiel für eingeschworene Fans und all jene, die es noch werden wollen.
Immerhin sind die Missionen solide aufgebaut, eine Aufgabe schließt sich storytechnisch nahtlos an die nächste an. Trotzdem erinnert mich Das Reich des Ostens mehr an brave Pflichterfüllung des Entwicklerteams, als an eine liebevolle Weiterführung der renommierten Siedlerreihe.
Es darf bereits gesiedelt werden. Die Tore zum Osten stehen bereits weit offen.