Die Sims 4 - So muss ein Editor sein!
Zieh dich schön: Mehr Möglichkeiten trotz vereinfachter Steuerung.
Ich war noch nie ein großer Fan von komplexen Charakter-Editoren. Ab einem gewissen Punkt erschlägt mich die Anzahl der vielen kleinen Regler, von denen die meisten nicht einmal sichtbare Veränderungen an der Figur zu bewirken scheinen. Ich verstehe natürlich, wieso man jedes kleinste Detail haargenau nach seinen Wünschen anpassen möchte. Auch ich will einen Charakter bauen, der meiner persönlichen Vorstellungen entspricht. Aber muss es gleich in die Richtung einer staubtrockenen Simulation gehen? Für mich fühlen sich manche Editoren jetzt schon an wie diese wunderbare Parodie von The Onion.
Dagegen trifft der Charakter-Editor aus Die Sims 4 genau die feine Linie zwischen intuitiver Bedienung und nötiger Komplexität an freien Gestaltungsmöglichkeiten. Hier findet ihr keine öden Regler. Stattdessen zieht, quetscht und drückt ihr euren Sim wie ein Stück Knetgummi in die gewünschte Form.
Na gut, eine kleine Kennenlernphase müsst ihr schon überstehen. Im ersten Moment wirkt es nämlich seltsam, wenn ihr mit der Maus den Hüftspeck eurer Figur packt, um diesen quasi in den Körper zu schieben. Jedoch habt ihr euch schnell daran gewöhnt und zumindest ich möchte die neue Art der Charaktergestaltung nicht mehr missen. Die Arbeiten fühlen sich durch den direkten Kontakt wesentlich intimer an. Es mag ein wenig seltsam klingen, doch baute sich so schneller eine Verbindung zu meinem Charakter auf. Wie eine Skulptur, an der man jedes Stück selbst gezielt bearbeitet und nicht einfach nur die richtigen Koordinationen in einen Laserschneider eingibt.
Darüber hinaus ist es nun wesentlich leichter, komplette Freaks zu basteln! Einfach mit der Maus die Augen bewegen, um Form sowie Position an die eines Fischkopfs anzugleichen. Schon ist der nächste visuelle Albtraum fertig. Mein erstes Projekt endete somit in einer ziemlich guten Kopie von Nigel Thornberry, dessen riesiger Zinken kein Problem für den neuen Editor darstellt. Leider wollte mein Windows 8 beim Erstellen eines Screenshots nicht richtig gehorchen, weshalb ich das Ergebnis für euch leicht abgeändert nachstellen musste. Aber so ungefähr dürft ihr euch meinen aktuellen Sim vorstellen. Perfekt!
Aber genug mit den Albernheiten. Denn so wunderbar einfach sich eure Sims gestalten lassen, ein paar Probleme und offene Baustellen existieren weiterhin. Auch wenn ich die Beseitigung der Regler begrüße, fällt es ohne das nötige Ausprobieren manchmal schwer, den richtigen Punkt für den gewünschten Effekt zu erkennen. Zoomt ihr näher an euren Sim heran, ergeben sich plötzlich neue Möglichkeiten. Meist handelt es sich um die kleinsten Details im Gesicht, wie die Ausrichtung oder Breite der Nasenflügel. Doch um die eigentliche Größe festzulegen, müsst ihr wieder weiter mit der Kamera zurückgehen. Zwischen Drehen und Vergrößern eines Körperteils liegen Welten. Beim Editor befinden sich dagegen meist nur wenige Millimeter zwischen den Anwendungen.
Trial-and-Error ist daher ein zentraler Bestandteil der Erfahrung. Und obwohl es dadurch öfter zu Frust kam, empfand ich die Erfahrung trotzdem angenehmer als die Bearbeitung exakt beschrifteter Regler. Das Experimentieren führt nämlich ebenfalls zu ständigen Entdeckungen der kleinsten Features, die mir ein übersichtliches Menü trocken präsentiert. Sicherlich eine recht persönliche Einstellung. Jedenfalls zeigte es mir, dass Die Sims 4 mehr Wert auf den Spaß durch Ausprobieren am Bauen legt. Man möchte euch, so gut es geht, selbst Hand anlegen lassen, was durch das direkte Ziehen und Zerren von Körperteilen unglaublich gut funktioniert.
Was mich in der spielbaren Demo noch störte, waren die vielen kleinen Unterpunkte außerhalb des Körperbaus. Zwar findet man schon jetzt endlich mehr Frisuren im Gegensatz zu früheren Iterationen. Allerdings scheint es besonders bei den Klamotten wieder auf eine absichtliche Zurückhaltung hinauszulaufen, um später mehr bezahlbare Inhalte anzubieten. Hey, es wäre nicht Die Sims, wenn wir kein Dutzend Add-ons im Verlauf der nächsten Jahre erhalten würden. Trotzdem hinterlässt es einen faden Beigeschmack, der einen ständig begleitet. Immer wieder ploppen zynische Gedanken im Hinterkopf auf, wenn man die Fenster mit verschiedenen Auswahlmöglichkeiten der Schuhe, Hosen oder Brillen betrachtet.
"Der Charakter-Editor trifft genau die feine Linie zwischen intuitiver Bedienung und nötiger Komplexität."
Wenigstens hat Entwickler Maxis die Bekleidung wesentlich übersichtlicher gestaltet. Beispielsweise findet ihr jegliche Art von Oberkörperkleidung nun hinter einem eigenen Symbol, was die Suche nach dem passenden Objekt wesentlich erleichtert. Zudem überabeitete das Team die Optionen für zufällig oder bereits vorgefertigte Outfits, die nicht länger in den immer gleichen Zusammenstellungen enden. Der Ton eurer Stimme lässt sich nun graduell verändern, anstatt sich auf feste Skalierungen zu beschränken. Darüber hinaus fügte man neue Bewegungsmuster hinzu, damit ihr die Persönlichkeit noch stärker im Spiel zum Vorschein bringen könnt. Lasst euren Sim lässig durch die Straßen schlendern oder verpasst ihm die Respekt einflößende Gangart eines Diktators.
An vielen Ecken fehlen noch die finalen Implementierungen essenzieller Elemente. Bisher konnte ich nicht das Alter verändern, um zu sehen, wie gut sich die Bearbeitung zum Beispiel auf Kleinkinder oder Teenager überträgt. Auch ein Farbrad war bisher nicht vorhanden und ich befürchte nun, es ebenfalls in der fertigen Version zu vermissen.
Endgültige Antworten gibt es wohl erst, wenn das Testmuster eintrudelt. Trotzdem bin ich von den gezeigten Änderungen der Charaktererstellung vollends begeistert. Einigen wird der neue Fokus der direkten Bearbeitung wahrscheinlich nicht gefallen. In meinen Augen erschafft die neue Steuerung durch den erhöhten Detailgrad mehr Möglichkeiten und reduziert die Komplexität an den richtigen Stellen. Zudem fühlt es sich nicht länger an, als würdet ihr bloß ein paar Parameter verändern, sondern arbeitet hautnah an eurem Sim. Es gestaltet den Vorgang persönlicher, einfacher und vor allem interaktiver. Anstatt bloß gelangweilt auf ein paar vorgefertigte Konfigurationen zu klicken, verbringe ich meine Zeit intensiver mit der Gestaltung neuer Figuren.
Falls ihr den Editor ausprobieren wollt, könnt ihr euch diesen Wunsch noch vor der Veröffentlichung von Die Sims 4 im September erfüllen. Denn EA stellt die Demo demnächst allen Spielern auf Origin kostenlos zur Verfügung. Dann könnt ihr selbst entscheiden, wie sehr euch das neue System gefällt.