Die Welt braucht Deus Ex. Nicht irgendein Deus Ex. DAS Deus Ex.
Freitage wie früher: Ich will richtig neue, alte Spiele.
Wir leben im Zeitalter der Remakes. Ganz, ganz vieler Remakes. Manche gut - Final Fantasy VII -, manche gerade so okay - Ghouls'n'Ghosts - und manche ein Verbrechen gegen das gute Andenken alter versteckter Perlen. XIII, das war keine Meisterleistung. Und aus meiner Sicht spricht rein gar nicht gegen ein gutes Remake, denn während alte Hasen - um mal nicht Säcke zu sagen - sich fragen, warum sie das gleiche Spiel noch mal spielen sollen, muss man sich eines vor Augen halten: Viele Gamer heute waren noch nicht mal geboren, wenn wir über Spiele aus den 90ern reden. Nicht 80er, nicht der antike Schrott aus den mystischen 70ern, die 90er.
Man kann sogar noch ein klein wenig weiter gehen: Wer 2000 geboren wurde, der wird nicht als ersten Akt seiner Existenz Deus Ex gespielt haben. Auch wenn er das hätte tun sollen. Aber ging halt nicht. Wenn diese Person dann vielleicht 12 war, das geringste Alter, in dem ich als aktiver Gamer aus der Zeit, bevor es Altersfreigaben gab, zugestehen würde, dass man Deus Ex genießen kann, zeigte der gregorianische Kalender 2012 an. Far Cry 3, Dishonored, Black Ops 2, Borderlands 2, Diablo 3. Wer startet denn da noch ein Spiel, das man kaum noch angucken kann, egal wie gut es sonst sein mag?
Aber Deus Ex ist sonst eben verdammt gut. Nicht nur Deus Ex, aber bleiben wir einfach mal bei ihm. Vor allem, weil seine Geschichte so halb erfolgreich weitergeführt wurde, mit Human Revolution und Mankind Divided. Vor allem Letzteres war kein schlechtes Spiel, aber eben nicht auf dem Niveau seiner Vorgänger inhaltlich und irgendwie ging es dann sang und klanglos unter. Etwas ungerecht, aber so ist die Welt halt.
Aber Mankind Divided hatte eine sehr schicke Spiel-Engine, tolles Artdesign, all die Grundlagen sind da. Selbst heute, ein paar Jahre später, wirkt die Grafik alles andere als veraltet. Was spricht also dagegen, dass sich das Team mit exakt dieser Engine die Anfänge von Deus Es noch einmal vornimmt? Sicher, es ist oft ein Problem, dass die Original-Assets aus der Zeit in den Annalen dieser verschollen sind. Nicht die Texturen, die man im fertigen Spiel sieht, sondern die unkomprimierten Vorlagen, die es damals wie heute gibt. Das kann ein Problem sein, aber kein unlösbares. Denn eines steht für mich fest: Ein Remake, ein richtiges technisches Remake, hätte bessere Chancen gehabt als Mankind Divided. Schlicht, weil Deus Ex das bessere Spiel als sein entfernter Nachfolger war. Weil es die alten Hasen angelockt hätte, so wie es als modern aussehendes Cyberpunk-Game eine neue Generation mitnehmen kann.
Wie gesagt, Deus Ex ist nur ein Beispiel. Diablo 2 ist ja gerade in Arbeit und ich rechne ihm gute Chancen aus, wenn sie es richtig machen. Schlicht, weil es als Spiel bis heute nichts von seinen Qualitäten eingebüßt hat. Nur eben technisch ist das Original auf einem Level, der heute nicht mehr zumutbar ist. Perfect Dark und No One Lives Forever kamen 2000 und würden heute noch eine gute Figur abgeben, nicht als schluderiges Remaster wie bei Perfect Dark, sondern in zeitgemäßer Optik. Silent Hill kann aus technischen Gründen heute keiner spielen, selbst das sehr mittelmäßige Remaster des zweiten Teils ist schmerzhaft. Aber eines, das sich die alten Artworks vornimmt und in eine moderne Technik verpackt... gute Güte, wäre das auf die beste Art schrecklich!
Das Wichtigste wäre wohl, dass man, wenn man die Spiele dem Zeitgeschmack anpasst, das mit Vorsicht tut. Speichermechanismen müssten sicher überdacht werden, manche Unzulänglichkeiten der Games könnte man ausbügeln, die über die Jahre universell als Fehler erkannt wurden. Aber das eigentliche Spiel muss das Gleiche bleiben. Das wird manchmal Aufwand bedeuten. Es ist eine kritische Abwägung, ob die sperrigen Bewegungen eines Silent Hill Teil des Horrors sind oder ob es einfach das bessere Spiel ist, wenn man diese flüssiger gestaltet. Schwierige Balance-Akte, sicher. Aber die Belohnung wäre groß: Im Grunde stecken in diesen Titeln Triple-A-Spiele in einer veralteten Fassade, die heute genauso begeistern könnten wie vor 20 Jahren. Wenn man es richtig macht. Wenn man nicht nur den Namen mit ein paar hochskalierten Texturen für 20 Euro verramscht, sondern ein echtes neues, altes Deus Ex auf die Beine stellt. Nicht mit ambitionierten Mods. Nicht als Fan-Projekt im Hinterzimmer des Entwicklers. Mit all dem Aufwand, der dazugehört, einen Hit im Jahr 2021 zu produzieren.
Keine Sorge, ich sage nicht, dass es keine neuen Spiele mehr geben sollte, aber in den Archiven und Copyright-Kammern der Studios und Publisher schlummern einige Schätze, die mehr verdient haben, als nur als Download bei gog.com zu versauern.
Wer mutig ist, kann es ja trotzdem versuchen. Deus Ex findet ihr auf gog.com, Steam oder als schicke (teure!) Big Box auf eBay.de.