Disaster Band – Ihr habt von Musik keinen Plan? Dann seid ihr hier richtig!
Rhythmusgefühl? (Sch)ade!
Rock Band hat mich nicht nur dazu gebracht, ein paar hundert Euro in Downloadinhalte zu stecken, sondern noch viel mehr Geld in reale Schlagzeugstunden zu investieren. Und kurz bevor Fuser komplett vom Netz genommen wurde, habe ich das Spiel samt zahlreicher Songs für Steam (Deck) gekauft, obwohl ich es für Switch schon besaß. Rhythmusspiele sind klasse! Schwungvolle Stimmungsmacher, die gekonntes Musikmachen mit den besten Soundtracks aller Zeiten belohnen.
Nun, es sei denn, man spielt Disaster Band. Denn in dem ist es ausgesprochen öde genau den Noten zu folgen. Doch wenn man stattdessen die Flöte einfach mal von der vorgegebenen Notenspur zieht und kompletten Blödsinn zusammentrötet, während sich der eine Kumpel noch brav ans Muster hält und der andere seit Minuten sowieso schon keinen Ton mehr trifft… Das sind die Momente, in denen hier die Post abgeht.
Das liegt ja schon am Konzept. Immerhin hat Entwickler Produktivkeller nicht das geringste Interesse am tatsächlichen Musikmachen. Vielmehr läuft hier eine leicht veränderte Version von gerade mal neun klassischen Stücken, deren zentrale Melodie man mehr oder weniger genau geigt, flötet, posaunt oder – und hier verlässt mich die Sprache leider im Stich – mit dem Cello nachzeichnet.
Nach zeichnen fühlt es sich jedenfalls an, wenn man den Cursor auf die gewünschte Tonhöhe schiebt und so lange den Knopf drückt, wie die Note zu halten ist. Am schönsten ist das, wenn man nicht nur einen Ton hält, sondern sein Instrument die halbe Tonleiter rauf- und runterziehen soll. Was mit der Maus übrigens tausendmal genauer funktioniert als mit dem Gamepad. Ach, und schaltet unbedingt die Gamepad-Unterstützung aus! Mit der wurde meine Markierung oft dort gebremst, wo ich sie schnell zwischen mehreren Noten hin und her schieben musste.
Na, auf jeden Fall habe ich das Geradeausspielen also über weite Strecken bald aufgegeben, um die deutsche Nationalhymne extra zitternd zu intonieren, bei In der Halle des Bergkönigs ständig mit dem jeweils höchstmöglichen Ton dazwischenzufunken und etliche Noten in dem ohnehin tranigen Stille Nacht, Heilige Nacht viel länger zu halten, als es vorgesehen ist. Viiiiel, viiiiel länger – während das Männlein am Bildrand mit ergriffen zusammengekniffenen Augen sein Instrument quält. Hihi.
Anschließend habe ich noch ein wenig in Steams Workshop gekramt und aus derzeit 35 von Spielern erstellten Songs den Imperial March (klar), Through the Fire and Flames (uff!) sowie Never Gonna Give You Up (logisch!!) heruntergeladen. Kann irgendjemand bitte noch das Thema zu Knight Rider und One-Winged Angel einbauen? Danke!
Nein, ein ernstzunehmendes Spiel ist das natürlich nicht. Und deshalb schreibe ich auch keinen Test. Es gibt abseits des komplett irrelevanten Punktesammelns und trotz Online-Highscoreliste ohnehin keine ernstzunehmende Herausforderung. Macht man einen Fehler, läuft die Musik unverändert weiter und ein Publikum, das sich beschweren könnte, existiert ebenso wenig. Man hört nur Furze, falls man sich zu oft verspielt. Nicht mein Humor. Kann man zum Glück deaktivieren.
Ich darf mein drolliges Alter Ego ja nicht einmal lustig anmalen oder ihm abstruse Klamotten freischalten. Und so sehr man sich online bis zu viert über die tonale Schieflage beömmelt: Leute, so ein Party-Spaß braucht doch unbedingt einen lokalen Mehrspieler-Modus! Auch dann wird der kurze Gag nicht zur abendfüllenden Unterhaltung, wäre aber zumindest dort verfügbar, wo man ihn am besten gebrauchen kann. Mal ganz davon abgesehen, dass ich mir nicht sicher bin, ob dieser kleine Spaß knapp sieben Euro für jeden der vier Teilnehmer wert ist. Ein Koop-Paket bietet Produktivkeller nämlich nicht an.
Zu guter Letzt muss ich außerdem sagen, dass nicht nur das Konzept verblüffend stark an Trombone Champ erinnert, sondern auch die komplette Umsetzung von der Aufteilung des Bildschirms bis hin zur Darstellung der Noten. So richtig eigen ist Disaster Band nur die Online-Anbindung. Und die ist natürlich viel wert. Aber einen faden Beigeschmack kann man der amüsanten Gaudi eben nicht absprechen.