Disgaea 4: A Promise Unforgotten - Test
Aufstand in der Unterwelt
In der Welt von Disgaea gehen die Uhren schon seit jeher etwas anders. Will man an den Schulen der Unterwelt als Rowdy gelten, dann benimmt man sich am besten wie ein braver Streber. Wirft man einen holzbeinigen Pinguin, dann explodiert der für gewöhnlich und ist man mit der hiesigen Gesetzgebung nicht einverstanden, dann verprügelt man einfach ein paar Parlamentsmitglieder und schon sieht die Sache wieder rosiger aus. Eigentlich schade, dass sich dieses Prinzip nicht auf die Realität anwenden lässt.
Aber da ist bei weitem noch nicht der einzige Faktor, der Disgaea so speziell macht. Die Reihe, die Nippon Ichi Anfang des Jahrtausends den Weg in den Westen ebnete, ist nicht nur albern und durchgedreht, Disgaea stemmt sich auch mit fast schon beeindruckender Vehemenz gegen jegliche Art von grafischem Fortschritt. Das erste Disgaea auf der PS2 war technisch und grafisch noch fest in den alten PSone-Zeiten verwurzelt und der dritte Teil auf der PlayStation 3 sah da nicht dramatisch besser aus.
Das ist freilich nicht auf handwerkliches Unvermögen seitens Nippon Ichi zurückzuführen, vielmehr hat diese Entscheidung rein ästhetische Gründe. Für viele Spieler war gerade die PSone-Ära die goldene Zeit der japanischen Rollen- und Strategiespiele, und da ist alle paar Jahre ein flottes Disgaea doch die perfekte Art und Weise, sich wieder einmal für ein paar Tage / Wochen / Monate in diese glücklichen Zeiten zu flüchten. Spätestens eine Option des neuen Disgaea unterstreicht dieses mäßig Gewagte jetzt endgültig.
Nippon Ichi preist die erstmals in der Seriengeschichte komplett neu gezeichneten HD-Sprites als eine der größten und wichtigsten Neuerungen von Disgaea 4: A Promise Unforgotten an... nur um dann direkt im Spiel die Option zu bieten, die gelungenen neuen HD-Protagonisten auf Wunsch wieder gegen ihre alten, pixelig-groben Vorgänger auszutauschen. Was bei westlichen Grafik-Fetischisten für Augenrollen und Kopfschütteln sorgt, das zeigt dem Kenner vor allem eines deutlich: Die Jungs und Mädels bei Nippon Ichi wissen GANZ GENAU, wie ihre Fans ticken und was sie wollen. Und sie sind bereit, ihnen genau das zu geben anstatt ihnen von oben herab einen neuen Grafikstil aufzuoktroyieren.
Diese eine Option ist tatsächlich symptomatisch für das ganze Spiel. Disgaea 4 lässt euch Freiheiten, und zwar jede Menge davon. Das beginnt bei den Oberflächlichkeiten. HD-Sprites oder kleine Pixelmännlein und Weiblein? Japanische oder englische Sprachausgabe? Das sind die Optionen, die zeigen, dass Nippon Ichi seine Fans versteht. Aber es geht weiter. Wie tief wollt ihr in die Spielmaterie eindringen? Wie umfangreich soll sich euer Abenteuer gestalten? Wie komplex hättet ihr es gerne? Auch hier passt sich Disgaea 4 wieder perfekt den Wünschen der Spieler an.
Wer vor allem wissen will wie sich die mal alberne, mal spannende und mal dramatische Handlung um Hauptfigur Valvatorez entwickelt, der kann sich relativ direkt durch die clever gestalteten Szenarien kämpfen und in einer recht normalen RPG-Zeit das Ende erreichen. Aber natürlich kann man sich auch in die Systeme reinfuchsen, seine Figuren bis zum Exzess hochleveln, in den Item-Worlds endlos viele Bonus-Kämpfe schlagen, um Ausrüstung und Gegenstände zu verbessern... auch hier gibt sich das vierte Disgaea herrlich offen und flexibel.