The Dishwasher: Vampire Smile
Rot und Monochrom reichen als Ende irgendeiner Welt
Welche Welt Wahn und Wirklichkeit ist, lässt sich für den normalen Menschen leicht unterscheiden. Das Problem dabei ist lediglich, dass niemand normal ist und jeder seinen eigenen Wahn hegt. Die meisten Menschen haben sich zum Glück dabei auf einen gemeinsamen Nenner geeinigt und so leben wir in dem, was wir Wirklichkeit nennen, was aus dem Chaos entstand, welches durch uns Ordnung fand. So oder ähnlich jedenfalls und das ist mit Sicherheit besser als zwischen einem silent-hilligen, blutgetränkten Irrenhaus mit einem schwarzen Mann als mörderischem Schatten oder einer Welt zu wählen, in der der folgende Dialog zu den normalsten Sonntag-Nachmittag-Gesprächen überhaupt gehört:
Yuki: „Du bist der Koch."
Der Koch: „Das stimmt, Yuki."
Yuki: „Du hast die Welt vernichtet. Sie haben gesagt, ich hätte es getan."
Der Koch: „Das kommt darauf an."
Yuki: „Ich habe den Banker getötet. Jetzt werde ich den General töten."
Der Koch: „Das ist fein, Yuki."
Und wir erfahren nie, ob man die Katze verbiegen kann, weil es in Wahrheit keine Katze gibt. Nur, dass es natürlich eine Katze gibt. Dienstags.
Wahn oder Wirklichkeit, Yuki, zurück von den Toten – möglicherweise, denn hier ist der Tod auch nur eine Frage des eigenen Standpunktes –, will entkommen. Entweder aus den Klauen der Klinik oder dem Hochsicherheitsgefängnis, hin zum Mond, wo sie in einer Kill-Bill-würdigen Racheorgie alle ihr Peiniger strafen soll. Was eigentlich wirklich passiert, das könnt ihr euch lange aussuchen. Spielerisch macht es eh keinen großen Unterschied, denn es läuft auf ein sehr schlichtes Prinzip hinaus.
In dem 2D-Art-Noir-Design betritt Yuki einen Raum und eines von drei Dingen wird passieren. Erstens: Nichts. Zweitens: Ihr findet ein Geschenk. Drittens: Ein Massaker. Blutbad. Metzelei. Orgie in Rot. Der Rest ist ein sidescrollender Plattformer einfacher Bauart mit gelegentlicher Schlüsselkarte, damit ihr nicht überall sofort herumturnt, sondern stattdessen zuerst den Boss findet. Simpler Aufbau und mehr ein Trägerstoff für den Kampf und damit das eigentliche Spiel
In beinahe jedem Raum habt ihr massive Gelegenheiten, das Kombo-System auszutesten, von dem man erst denkt, dass es ja schon ein wenig banal daherkommt. Eine Waffe und ein Dutzend auf zwei Knöpfen basierende Angriffe, nicht gerade das, womit man lange Nächte verbringt. Und plötzlich hat man vier oder fünf verschiedene Waffen, zwei stets an der Hand, zwischen denen man jederzeit im Moment eines Wimpernschlages umschaltet und jede eigene hat ihr eigenes, umfangreiches Set an Kombos. Man kann stundenlang herumprobieren, welche Kombo die eigene ist, welche in welcher Situation am besten passt – darum kommt man sowieso nicht herum, wenn man Yukis Weg auf den härteren Schwierigkeitsgraden bestreiten möchte – und plötzlich bietet der Kampf dann doch alles, was man sich wünschen konnte.
Das Tempo und die Beweglichkeit steigern sich dabei mit jeder Stage, vor allem durch euer wachsendes Verständnis und Geschick, beides auszunutzen. Spielt ihr erst noch mehr am Boden, indem ihr direkt die Feinde angeht, nutzt ihr bald den „Blut-Warp", der euch ein paar Meter in die gedrückte Richtung schleudert und einen Wechsel zwischen den zahlreichen Feinden – bis zu einem halben Dutzend gleichzeitig – mit tödlicher Eleganz ermöglicht. Zwei Dinge, die man hier ankreiden kann und muss, sind der regelmäßige Verlust der Übersicht. In einer Farbzeichnung von Schwarz, Weiß und Rot wird es nicht immer sofort klar, wo ihr jetzt so genau im Felde der Verwüstung steht. Da kostet schnell Energie und mitunter auch mal einen Neustart, was sich jedoch im Rahmen des mildesten Frustes hält. Mehr als der aktuelle Kampf muss nie wiederholt werden. Das Zweite sind die cool designten und sonst eher langweiligen Bosse. Findet die Kombo, die zieht, und wiederholt sie bis zum Umfallen. Die Muster der Riesen sind zu schnell erkannt, als dass sie euchlange aufhalten. Mehr was fürs Auge als den Kombo-Finger.
Habt ihr Yukis Ritt durch ihren persönlichen Wahnsinn beendet, lässt sich die gesamte Kampagne auch mit dem Dishwasher bestreiten, dem Held des Vorgängers, der hier wieder eng eingeflochten wurde. Das ergibt zwar kein zweites Spiel, aber dank eigener Story-Elemente und Kampftechniken mehr als genug Ansporn für einen zweiten Durchgang durch die einzelnen Versatzstücke. Mit einem Freund an der Seite gibt es eine dritte Variation, in der der Dishwasher zusammen mit der irren Yuri den Mond säubert. Wiederum, die Lokalitäten sind bekannt, aber natürlich gewinnen gerade solche Brawler-Schlächter zu zweit enorm. Habt ihr keine Lust auf wirre Storys, dann kämpft ihr euch allein oder zu zweit durch den Arcade-Mode. Nur Kämpfe, keine Fragen, keine langen Level-Erkundungen. Ganz wie früher. Letztlich bleiben dann noch die Challenges, einzelne, remixte, kurze Abschnitte, die ihr bewältigen müsst und all das ergibt ein erstaunlich umfangreiches Game.
Dishwasher Samurai: Vampire Smile bleibt seinen Prinzipien treu, steigert jedoch den Wahnwitz und das Blutgehalt der visuellen Umsetzung bis zum Anschlag in den Comic-Modus. Blutfontänen auf lebensfernem Monochrom ergeben noch keine Kunst, aber eine Menge Spaß in der Surrealität des Ganzen. Am Ende nimmt man vieles eh nur als wirren Rausch mit, in den einen das Tempo und die punktgenauen Kontrollen des Kampfes reißen. Studiert einen Reigen aus Kombos ein und lasst die Hölle herab. Das macht so viel Spaß, dass man beinahe über die arge Wiederholungssucht der einfachen Levelaufbauten oder die sehr durchsichtigen Strategien der Bosse hinwegsehen kann. Sogar darüber, dass man nur drei Viertel der Zeit in den Kämpfen überhaupt weiß, wo man sich eigentlich auf dem Screen befindet. Als Endstufe der Brawler-Gedanken auf Speed und Pilzen muss man Vampire Smile nehmen, wie es kommt. Meist kommt es mit einer Menge nicht zu simplen, nicht zu komplexen, sondern genau dem richtigen Maß an purer Metzel- und Spielfreude. Ist das erreicht, dann spielen Wahn oder Wirklichkeit doch sowieso keine Rolle mehr.
Dishwasher Samurai: Vampire Smile ist ab Mittwoch (6. April) für 800 Microsoft Punkte auf XBLA erhältlich.