Disney Infinity: Marvel Super Heroes - 2.0 Edition - Test
Bis zur Mittelmäßigkeit und noch ein bisschen weiter.
So ganz habe ich das Konzept von Disney Infinity noch immer nicht verstanden. Warum darf ich nur mit den Figuren aus dem jeweiligen Playset ihre Story durchspielen, aber im Editor jeden Charakter frei benutzen? Na gut, die 2.0-Edition erlaubt mir nun die zusätzliche Verwendung zweier weiterer Figuren aus anderen Playsets. Aber wieso kann Rocket Raccoon bei den Avengers mitspielen und Starkiller muss in seiner Guardians-of-the-Galaxy-Welt versauern? Marvel ist Marvel. Da macht es nun wirklich keinen Unterschied, ob ich als Spiderman Manhattan rette oder Groot die Aufgabe übernimmt. Es führt nur zu einer Wertminderung der Figuren, wenn man ihre Anwendbarkeit künstlich reduziert.
Generell frage ich mich, was dieses Mal der Sinn hinter den kleinen Singleplayer-Kampagnen ist. Beim ersten Disney Infinity gab es zum Starterpack gleich drei unterschiedliche Handlungen, die sich neben unterschiedlichen Welten auch durch verschiedene spielerische Ansätze differenzierten. In Fluch der Karibik segeltet ihr auf der Black Pearl über ein kleines Meeresgebiet, die Unglaublichen gaben euch eine Ministadt zum Ausprobieren ihrer Superkräfte und die Monster-Universität konzentrierte sich auf simple Schleichpassagen.
Dieses Mal dürft ihr mit den Avengers ein lebloses Manhattan beschützen und das war es. Wer jeweils weitere 30 Euro ausgeben möchte, kann sich dazu noch die Playsets von Guardians of the Galaxy oder Spiderman kaufen. Leider verfolgen beide einen recht ähnlichen Ablauf, wobei sich das Spielgefühl kaum unterscheidet. Keine Veränderungen im Leveldesign, keine neuen Elemente und keine wirkliche Ausarbeitung der alten Aufgaben. Als wäre es eine simple Dreingabe, die eben vorhanden sein muss, um es verkaufen zu dürfen.
Offensichtlich floss die meiste Arbeit in die Verbesserung der Toybox, das wahre Kernstück von Disney Infinity. Hier dürft ihr alle gekauften Figuren frei benutzen. Packt Aladdin in einen Monstertruck und lasst ihn schnelle Runden um Dagoberts Goldspeicher drehen. Solche eigenartigen Kreationen zeigen die wirkliche Philosophie des Spiels und es wurmt mich tierisch, diese nicht ebenfalls in den Kampagnen vorzufinden.
Zu der größten Neuerung gehören die neuen Spiele, die ihr selbst basteln dürft. Im Vorgänger konntet ihr zwar ebenfalls abstrakte Aufträge erstellen, doch gab es keinen expliziten Gewinnstatus. Hattet ihr eine hohe Ebene erreicht oder mehrere Feinde erledigt, blieb die Kamera weiterhin auf euren Charakter gerichtet, ohne irgendwie zur erledigten Aufgabe zu gratulieren. Nach vollendeter Arbeit fühlten sich die Toybox-Abschnitte daher immer wie verlassene Welten oder halbfertige Spiele an. Es wurde so schnell zu einer Art Geisterstadt, in der eure Aktionen keinerlei Auswirkungen hatten.
In der 2.0-Edition ist dies anders. Komplette Abenteuer mit unterschiedlichen Aufgaben könnt ihr hier erstellen. Ich selbst bin dafür viel zu dumm und ungeduldig, doch zum Glück existieren genügend Personen, die ihre Freizeit gerne für mein Vergnügen opfern. Zum Start fanden sich bereits fünf sehr gute, von den Entwicklern ausgewählte Spiele frei zum Download. Verdammt, sie bereiteten mir sogar mehr Spaß als die Hauptkampagnen. Natürlich ruht das Spiel auf einem kinderfreundlichen Niveau, doch die kurzen Beispiele zeigten mir das vorhandene Potenzial des Pakets. Ihr müsst euch auch nicht länger an die Vorgaben der Entwickler halten, sondern dürft frei nach Kreationen anderer Spieler suchen. Zwar könnte dieser Vorgang wesentlich bequemer ausfallen und mehr Funktionen haben, aber zumindest die vorhandene Möglichkeit ist ein Schritt in die korrekte Richtung.
Ebenfalls willkommen ist die Änderung des Freischaltens neuer Inhalte. Im Vorgänger musstet ihr sogenannte Spins durch Levelaufstufungen ergattern oder in der Welt finden. Mit diesen durftet ihr dann im großen Disney-Speicher nach Objekten für die Toybox fischen. Gezieltes Aussuchen neuer Gegenstände war nämlich nicht machbar. Stattdessen gab es nur zusammengewürfelte Gruppen aus 16 Items, von denen ihr eines zufällig freischalten konntet. Nun sind alle Objekte in mehrere Seiten unterteilt und problemlos anwählbar. Nicht komplett frei, da ihr noch eine gewisse Reihenfolge beachten müsst, in der ihr die verschiedenen Teile auf einer Art Skilltree freischaltet. Allerdings ist es nun ziemlich einfach, das gewünschte Objekt zu finden.
Die Umsetzung eurer imaginären Welten verläuft ähnlich wie zuvor. Ihr wählt das gewünschte Objekt aus und platziert es irgendwo auf dem Bildschirm. Verbesserte Kategorisierungen vereinfachen zumindest die Suche. Wie gesagt, ich bin nicht gerade jemand, der viel Zeit in kreative Ausuferungen steckt. Aber gut zu wissen, dass alles ein wenig simpler funktioniert, ohne die Komplexität des Systems zu gefährden.
"Leider verfolgen alle Kampagnen einen recht ähnlichen Ablauf, da sich das Spielgefühl kaum unterscheidet."
Mir gefiel dagegen die Ausstattung meiner eigenen Disney-Villa. Packt mehrere Räume und Gänge neben- oder aufeinander und füllt sie mit Dekorationen. Anschließend betrachtet ihr, wie unterschiedliche Charaktere die Behausung besuchen und mit der Innenausstattung interagieren. Inhaltlich bloß die Kleinkindversion eines Sims, hatte ich trotzdem sehr viel Spaß damit, gesamte Räume mit Iron-Man-Postern zu verkleiden oder andere Dummheiten anzustellen.
Ob ihr euch Disney Infinity: Marvel Super Heroes - 2.0 Edition kaufen sollt, liegt ganz an euren Vorlieben. Wenn ihr wie bei Skylanders ständig Figuren austauschen wollt, um ihre unterschiedlichen Fertigkeiten in der Hauptkampagne zu nutzen, solltet ihr lieber bei den Activision-Spielzeugen bleiben. Hängt ihr dagegen unglaublich an den Disney-Lizenzen und nutzt gerne die vielfältigen Möglichkeiten eines guten Level-Editors, macht ihr hiermit sicherlich nichts falsch. Durch immer neue Spiele und Welten freuen sich besonders die Kleinen über eine höhere Langzeitmotivation, für die sich die Anschaffung der Figuren lohnt. Da die Entwickler extra neue Leveldesigner einstellten, um stets für einen hohen Fluss an qualitativen Aufgaben zu sorgen, dürften euch die Inhalte nicht so schnell ausgehen.
Trotzdem fehlt mir persönlich weiterhin der nötige Tiefgang. Auch mit einem Skilltree und neuen Fertigkeiten ändert es nicht das monotone Kampfsystem und die teuren Kampagnen sollten im nächsten Teil wieder auf das Niveau des Vorgängers gebracht werden. Ansonsten kann man sie sich gleich sparen und die Zeit lieber in die Ausarbeitung der Toybox stecken. In der jetzigen Form geht Disney Infinity zwei Schritte nach vorn und einen zurück.