DmC: Vergil’s Downfall – Test
Die Definition von unnötig.
Was zum Nephilim ist hier bitteschön passiert? Hat sich das komplette Team einfach an den Nachfolger abgesetzt und die Praktikanten zusammen mit dem Hausmeister alleine werkeln lassen? Anders kann ich mir DmC: Vergil´s Downfall nicht erklären.
Dabei hatte ich mich auf den DLC, der Vergils Weg auf die finstere Seite zeigen soll, nach dem ausgezeichneten Reboot wirklich gefreut. Obwohl "Weg" vielleicht nicht das richtige Wort ist, weil es eine längere Zeitspanne andeutet. Vielmehr vollzieht er in diesem nachgereichten Kapitel aber eine plötzliche Kehrtwende, die man in überaus hässlichen Comic-Bildern erzählt. Vergil ist nach der Niederlage gegen Dante ordentlich angepisst, fällt in sein persönliches Limbo, bringt ein paar symbolische Schatten-Figuren seiner ehemaligen Kumpanen um und erhält abschließend seine Frisur aus Devil May Cry 3. Eine reine Überbrückung zum zweiten Teil, die wirklich nicht notwendig war, weil bereits das Ende des Hauptspiels Vergils Zukunft besiegelte.
Trimmt das Fett
Bei den insgesamt sechs Missionen hielt man sich ebenso zurück. Erwartet keine neuen Gebiete, die euch durch ihr clever ins Gameplay integrierte Design beeindrucken. Lieber kramte man ein paar Art-Assets aus Dantes Abenteuer zusammen, ordnete sie anders an und verpasste dem Ganzen neue Farbtöne. Optisch wirkt es weiterhin umwerfend, doch warum spiele ich den Inhalt überhaupt, wenn es keine neuen Gebiete zum Erkunden gibt? Zudem beläuft sich die normale Spielzeit auf knapp 90 Minuten, wenn ihr einmal durchrennt. Die fünfte Mission entpuppt sich als kurzer Bosskampf - ein bloßer Abklatsch des finalen Vergil-Kampfes - und das letzte Kapitel schickt euch zurück in das erste Areal mit unterschiedlichen Feinden, ohne die Umgebung zu verändern. Da soll man sich noch wundern, warum die meisten Leute DLC als hirnlosen Nachschub betiteln, der bloß ein wenig mehr Geld heranschaffen soll.
Das schlimmste Verbrechen folgt aber noch. Denn im ersten Durchlauf spielt ihr einen vollkommen unterentwickelten Vergil, der seinen Devil Trigger erst in den letzten 10 Minuten bekommt. Zu Beginn besteht euer Arsenal aus zwei Angriffen. Das macht schlicht keinen Spaß. Erst nach und nach erhaltet ihr die Angel- beziehungsweise Demon-Versionen eures Katanas Yamato, das übrigens die einzige Waffe Vergils bleibt. Als Schusswaffen-Ersatz beschwört er seine Schwerter, die er automatisch auf Gegner wirft. Auch hier könnt ihr zunächst nur sehr langsam vereinzelte Projektile abfeuern, was den gesamten Fluss des Kampfes ins Stocken bringt.
Spaß findet ihr in Vergil's Downfall wenn überhaupt erst im zweiten oder dritten Durchlauf auf höheren Schwierigkeitsgraden, nachdem ihr alle Attacken freigeschaltet habt. Dann zeigt sich das wahre Potenzial des Charakters und ich muss zugeben, sehr viel Freude beim Experimentieren gehabt zu haben. Besonders die Möglichkeiten des Devil Triggers sind wesentlich interessanter und vor allem vielfältiger als die von Dante, der seine Feinde bloß in die Luft wirft und einzeln herauspicken muss.
Potenzial verschenkt
Vergil materialisiert stattdessen Schwerter um einen Feind herum oder feuert eine ganze Salve davon auf seine Opfer. Ihr könnt auch selbst einen schützenden Ring aus Klingen um euch sammeln. Für diese Manöver setzt ihr nur ein paar Balken eurer Devil-Trigger-Leiste ein, während die vollkommene Aktivierung einen Doppelgänger beschwört, was plötzlich die gesamte Dynamik des Kampfes verändert. Denn besonders die stärkeren Attacken Vergils sind sehr langsam und lassen sich nicht mit der gewohnten Leichtigkeit von Dante ausführen. Stattdessen agiert ihr gezielter und nutzt zwischendurch euren Devil Trigger, um trotzdem das gesamte Feld auf einmal unter Kontrolle zu halten. Es macht wirklich den Anschein, als hätte man sich nur auf Vergil als spielbaren Charakter konzentriert und ihn dann in diesen unterentwickelten DLC geschmissen, der ihm nicht gerecht wird. Leider dürft ihr den weißhaarigen Burschen weder im Bloody Palace noch in Dantes Kampagne nutzen.
Aber ein paar positive Veränderungen bringt Vergil's Downfall außerhalb des Charakters dann doch noch mit sich. So hat man endlich den Schwierigkeitsgrad ein wenig angehoben und einige Fehler im Punktesystem korrigiert. Euer Rang fällt nun endlich stufenweise hinab, wenn ihr Feinde nicht erfolgreich attackiert. Zwar liegt der Fokus zur Steigerung eures Rangs weiterhin auf dem Austeilen hohen Schadens, anstatt Spieler für abwechselnde Nutzung verschiedener Angriffe zu belohnen, doch gibt es zum Glück keinen Demon Dogde mehr. Dieser machte Dante nämlich zu einer unaufhaltsamen Bestie, die jeden Feind durch erhöhten Schaden zerlegte und nach zwei Treffern direkt auf SSS sprang. Trotzdem könnt ihr die höchsten Bewertungen immer noch mühelos erwerben. Selbst mit Super Vergil, der euch zur Strafe 50 Prozent aller Punkte abzieht, konnte ich auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad auf SSS-Ränge gelangen.
Somit bleibt Vergil's Downfall nicht viel mehr als eine Enttäuschung, die an einem großartigen Charakter haftet. Lieber hätte man für ein paar Euro weniger den nutzlosen Teil dieses DLC entfernt und Vergil einfach in Dantes Kampagne sowie den Bloody Palace geworfen, zeigte doch bereits die Special-Edition von Devil May Cry 3, wie wunderbar das funktionieren kann. So wie es aber momentan aussieht, erschwert sich wegen der Mini-Missionen nur der Zugriff auf Vergil, der erst einmal hochgelevelt werden muss, bevor er sein volles Potenzial erreicht. Daher kann ich Vergil's Downfall nur Leuten empfehlen, die mit der Verschwendung von knapp zwei Stunden Zeit leben können und Freude an der Einarbeitung in einen neuen Charakter haben. Denn wenn ihr erst einmal mit Vergil umgehen könnt, wollt ihr nur schwer zu Dante zurückkehren. Falls ihr allerdings nicht in diese sicherlich recht kleine Demografie passt, solltet ihr einen großen Bogen um den DLC machen. Oder zumindest warten, ob Capcom Vergil auch Zugriff auf den restlichen Content gibt.