Don't Starve: Console Edition - Test
Wer sagt denn, dass Survival Spaß machen muss?
Nach War Thunder ist Don't Starve bereits das zweite Spiel, das mir auf der PS4 Stunde um Stunde raubt, mit traditionellem Triple-A und dem rigiden Vollpreis-Veröffentlichungsmodell jedoch nicht weniger zu tun haben könnte. Unter anderen Umständen würde ich den Mangel an gediegenem Nachschub aus dem Händlerregal beklagen. Dieser langsam, aber sicher einsetzende Strom hochwertiger und unabhängig selbst publizierter Perlen zeichnet aber das progressive Bild einer Plattform, die die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich aktiv aktuellen Entwicklungen öffnet. Und das stimmt selbst in der aktuellen Ebbe für die Zukunft sehr optimistisch.
Für PlayStation-Plus-Mitglieder steht Don't Starve, das leidensfähige PC-Spieler schon seit letztem April ihr eigen nennen, jetzt gratis zum Download bereit. Es ist die Sorte Spiel, für das man in Diskussionen viele artverwandte Titel bemüht, um es zu beschreiben, die aber dennoch dermaßen einzigartig sind, dass man es schon selbst erlebt haben sollte. Im zentralen Survival-Modus lässt sich die grundlegende Zielsetzung zusammenfassen, indem man den Titel laut vorliest: Nicht verhungern!
Das Ende kommt bestimmt
Auf einer handgezeichneten, aber nach dem Zufallsprinzip zusammengestellten Landschaft spawnen für den entführten Forscher Wilson diverse Ressourcen, aus denen er nach und nach Werkzeuge, Rüstungen und Verrückte-Wissenschaftler- Maschinerie bastelt. Ohne aber zu jagen, sammeln und schließlich zu essen, stirbt Wilson schnell einen permanenten Tod. Daraufhin startet ihr das Spiel von Neuem und behaltet nur die für langes Überleben verliehenen Erfahrungspunkte, mit denen ihr nach und nach neue Charaktere freischaltet.
Wer sich in einem Spiel gerne zu Hause fühlt, ist mit Don't Starve schlecht beraten, denn nicht nur ist die Landschaft karg und düster, die Welt setzt auch alles daran, euer Spiel so kurz wie möglich zu halten. Sobald ihr im Dunkeln ohne eine Lichtquelle - ein Lagerfeuer, eine Fackel oder nur ein angezündeter Busch - der alle paar Minuten eintretenden Nacht ausgeliefert seid, werdet ihr von den Schatten bei lebendigem Leibe gefressen und das Leid geht von vorne los. Auch wuschelige Spinnen, Baummonster und Teertentakel trachten euch alle paar Meter nach dem Leben. Es ist ein ungastlicher Ort und das Leben dort fühlt sich regelrecht erdrückend an.
Die Aussicht, mal wieder einen permanenten Tod zu sterben und jeglichen Fortschritt zu verlieren, sorgt für einige unglaublich spannende Momente. Ewiges Abwägen, ob man dieses seltsame neue Objekt, dass einem da im Weg steht, nun wirklich untersuchen sollte oder lieber nicht. Schwitzige Finger, die sich um den Controller schlingen, wenn man sich mal wieder mit einem brüchigen Speer einer Welle einen verfolgender Ungetüme stellt und sich fragt, wie viele man wohl abwehren kann, bevor der Eigenbau aus einem Ast und einem Feuerstein den Geist aufgibt. Es ist eines der garstigsten und unfreundlichsten Spiele der in den letzten zwei Jahren neu aufkeimenden Roguelike-Bewegung und wenn man schließlich mit dem Gesicht nach unten im Dreck liegt, kann es ab einem gewissen Punkt Wochen dauern, bis man sich ein weiteres Mal der eigentlich aussichtslosen Aufforderung, nicht zu verhungern, folgen mag.
The Nightmare before Breakfast
Und doch ist jedes Mal irgendwie wieder ein Erlebnis, denn Don't Starve sprüht nur so vor ureigenem, verschrobenem Charme. Die Grundzüge des Überlebens, Entdeckens und Ausprobierens sind hier eigenartig genug, um einen starken Sog zu erzeugen. Und der behält im Tauziehen mit dem ansonsten so unwirtlichen Naturell des Spiels lange genug die Oberhand, dass man eine ordentliche zweistellige Stundenzahl investiert hat, bevor man fürs Erste die Waffen streckt.
Freunde von zum Beispiel FTL spielen im Adventure-Modus zudem etwas zielgerichteter, erleben hier auch so etwas wie eine Geschichte und werden dadurch noch etwas besser motiviert, sich an diesem Spießrutenlauf zu versuchen. Hier gibt es ein Licht am Ende des stockfinsteren und mit spitzen und scharfen Kanten versehenen Tunnels, in Form eines ausgewiesenen Schlusses. Der ist weit entfernt und das Spiel sicherlich nicht weniger hart als im Survival-Spiel. Aber alleine zu wissen, dass er da ist, dass all dies ein Ende haben kann, wenn man nur alles richtig macht, verleiht dem Abenteuer einen neuen Drive, den das standardmäßige schiere Überleben oft vermissen lässt.
In Sachen Umsetzung ist Don't Starve ein durchaus ermutigendes Beispiel, was uns in Zukunft an Indie-Umsetzungen von PC-Spielen erwartet. Die Steuerung fand den Weg ohne größere Probleme von Maus und Tastatur auf den Controller. Zugang zu Crafting und Inventar erhaltet ihr über L2 und R2, der linke Stick und die X-Taste erledigen die Organisation, während markierte Objekte aus dem laufenden Spiel per Steuerkreuz auf verschiedene Weisen eingesetzt werden können. Es bedarf nur einer kurzen Eingewöhnungszeit, bis man sich Beeren oder Hasenkeulen in den Hals schiebt oder ein paar Scheite Holz auf ein glimmendes Lagerfeuer legt, ohne großartig darüber nachzudenken. Optisch flitzt das Spiel in der höchstmöglichen Auflösung von 1080p sowie in 60 Bildern pro Sekunde über den Screen. Besser hätte es im Grunde kaum kommen können.
Don't Starve ist kein Spiel für jede (Über-)Lebenslage. Es hat keinerlei Scheu, euch feste aufs Gemüt zu drücken und sein Perma-Death-Feature ist in dieser Ausführung Fluch und Segen zugleich. Auch wenn man auf der Insel mittlerweile Möglichkeiten erschließt, dem einen oder anderen Tod durch eine Wiederbelebung zu entgehen, kommt das Ende irgendwann doch. Und dann ist ein neuer Start immer etwas zäher, als dem Spiel insgesamt guttut.
Es ist ein harter Kampf, aber wer dem Ruf dieser niedlichen, und doch irgendwie Furcht einflößenden Wildnis folgt - und weiß, worauf er sich einlässt -, den lässt sie so bald nicht mehr los.