So doof, aber so unterhaltsam: Boyfriend Dungeon ist ein verkanntes Trash-Juwel!
Der schräge Mix aus Kampf und Küssen hätte schon letzten August das perfekte Sommerspiel für mich sein können.
Letzte Woche war ich bei einem Charity-Streaming-Event am Start und habe eine neue Liebe entdeckt. Sie ist schräg, etwas albern, aber sehr unterhaltsam und heißt: Boyfriend Dungeon! Dungeon-Crawling trifft auf Dating-Simulator - bei dieser Prämisse schlägt mein Trash-Herz schon höher und ich wurde nicht enttäuscht. Das Ganze ist nämlich nicht nur auf eine seltsame Art extrem unterhaltsam und gab mir das Gefühl, wieder 18 zu sein (nur in cooler!), es ist auch gratis im Game Pass.
Drahtseilakt zwischen Trash und Tiefgang
Verrückt, dass ich dieses Spiel noch nicht früher ausprobiert habe, denn schließlich bin ich nicht nur Trash-begeistert, sondern auch noch "Single like a Pringle", wie man so schön sagt. Wenn es in der Liebe schon nicht läuft, läuft zumindest dieses Game von Indie-Studio Kitfox Games - auf PC, Switch und Xbox, um genauer zu sein.
Der Titel dieses Cross-overs ist etwas irreführend, denn es gibt eigentlich nicht nur Boyfriends zu daten. Auch ein "Girlfriend" und zwei nicht-binäre Charaktere sind am Start und ich fand es klasse, wie selbstverständlich das eingebunden wurde. Boyfriend Dungeon also angenehm LGBTQ-freundlich, ohne dass es eine große Rolle spielen muss.
Während das Spiel in diesen Fällen herrlich modern ist, tritt es in anderen so selbstbewusst ins Fettnäpfchen, dass man es einfach lieben muss. Klar, das könnte man auch kritisieren, denn die Romanzen-Klischees fliegen einem schon ordentlich um die Ohren. Von der aufdringlichen "Mit welchem Jungen triffst du dich denn?"-Mama über "du hattest noch nie ein Date? Dann ist dein Leben sinnlos!11!"-Stereotypen ist alles dabei.
BF Dungeon ist aber nun mal einen Dating-Sim. Einfach niemanden zu treffen und sich selbstbewusst zu sagen, dass man auch ohne Partner gut genug ist, wäre irgendwie, als könnte man am Anfang von Pokémon einfach zu Hause bleiben und keinen der Starter nehmen.
Mit eurer personalisierten Hauptfigur geht es also für einen Sommer in den fiktiven Badeort Verona Beach, um dort einige Wochen zu leben und natürlich zu daten. Aber nicht etwa Sachbearbeiter, Postbotinnen oder Beamten im mittleren Dienst, sondern echte Schwerter!
Richtig: wir verabreden uns mit Waffen! Denn in diesem übernatürlichen Szenario können sich manche Menschen in scharfe Klingen verwandeln. Warum? Total egal und muss in diesem schrägen Setting auch nicht erklärt werden, finde ich. Eine hochwissenschaftliche Analyse, warum manche gleichzeitig ein Mensch und ein Infanteriesäbel sind, wäre eher albern.
Albernheit kommt beim Waffen-Dating natürlich trotzdem nicht zu kurz und die teils dezent peinlich, aber auch schaurig-schön. Wenn man "Hihi, er hat 'Schwert in die Scheide' gesagt"-Humor einer 13-Jährigen macht alles übrigens noch immens besser. Neben all der Kitschigkeit schafft das Spiel nämlich auch gute Dialoge und tiefgründige Momente mit den Schwert-Buddys (das klingt falsch, aber es ist leider so!), die hängen bleiben.
Perfekt passend zur jugendlichen Trash-Romantik ist der ganze Trip in eine rosarote Guilty-Pleasure-Wolke aus Dance-Pop gehüllt, die gegen jede Erwartung extrem ins Ohr geht - ja, ich jaule mittlerweile mit, wie ein Teenie-Mädchen, das in die eigene Bürste singt.
Na, Digga, geh'ma ins Dunj?
Unsere Dates haben also eine menschliche und eine richtig scharfe Seite - eine zweischneidige Angelegenheit. Wie passend, denn euer Sommerjob ist es, Monster in Form eurer persönlichen Ängste aus Dungeons zu vertreiben - oder "Dunj", wie die jungen Leute von Verona Beach sagen. Deshalb nehmt ihr eure neuen Freunde beherzt in die Hand (genau, IN die Hand, nicht AN die Hand) und prügelt euch durch Monsterhorden. Nach dem Gemetzel geht es dann zum kuscheligen Rendezvous im Park.
Diese intimen Visual-Novel-Momente mit den schneidigen Figuren machen das Spiel aber mehr aus, als die Action-Kämpfe. Das Prügeln und Looten im Dungeon macht anfangs noch Spaß und ist herausfordernd, wird aber schnell etwas repetitiv. Bald fehlen aber neue, coole Items, mehr Fähigkeiten, mehr Abwechslung, man rauscht einfach so durch die Verliese.
Auch hätte ich mir für die Action-Parts vielleicht eine andere Optik gewünscht als "Pokémon leuchtende Perle" in der Romantik-Sparversion, aber schlimm ist das nicht, wenn man sich dabei aufs nächste prickelnde Date freut.
Auf den Rendezvous zeigen dann alle Figuren ihre Schokoladenseiten, aber auch ihre Ecken und Kanten. Nur einer hat dabei mehr Ecken als ein Zauberwürfel und war im Netz auch ein starker Kritikpunkt am Studio, den ich aber nicht ganz nachvollziehen kann.
Nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen
Ohne zu viel zu verraten: Ja, es gibt eine Art Bösewicht und ja, der verhält sich in Sachen Dating extrem aufdringlich, übergriffig und manipulativ. Und ja, das wäre ein Problem, wenn dieses Verhalten als romantisch dargestellt würde - ja, ich meine dich, 50 Shades of Grey und vielleicht die anderen 1000 Romantik-Romane der letzten Jahrzehnte, die uns asoziale Irre als "bezaubernde Liebhaber" anbieten wollten. Das macht BF Dungeon bei besagter Figur aber nicht, denn die ist schlicht ein Bösewicht, ohne dass man das beschönigen würde.
Vielleicht hätten sich die kritischen Stimmen auch einfach nur kuschelige Inhalte in BF Dungeon gewünscht. Ich fand diese düsteren, ernsten Momente in all dem Zucker aber gerade gut gewählt, denn seien wir mal ehrlich: Im Dating gibt es eben Gefahren und man kann ordentliche Nieten ziehen - ich spreche da natürlich nicht aus Erfahrung.
Seid also darauf gefasst, dass in Verona Beach nicht alles rosig ist, vor allem, wenn ihr für solche Themen besonders sensibel seid. Eine Content-Warnung für toxisches Verhalten gibt es zu Beginn des Spiels vernünftigerweise auch - das finde ich eine echt gute Lösung.
Toll fand ich auch die Botschaft, dass auch platonische Beziehungen mit einigen Figuren im Spiel klappen können: Nicht jeder muss am Ende ein Dating-Partner sein und die gute alte "Friendzone" führt nicht zwingend zu Hass und aus dem Fenster geworfenen Fernsehern, sondern manchmal auch zu echten Freundschaften. Man kann auch im Gespräch die richtigen Signale setzen und klarmachen: Außer Kumpels läuft hier nichts.
Für mich hat dieses Spiel einen schrägen Emotions-Cocktail ausgelöst: purer Cringe, pubertäres Gekicher, die ersten Frühlingsgefühle des Jahres, aber auch nachdenkliche Momenten und brennende Neugier auf die Geheimnisse unserer Schwert-Dates. Auch braucht das Game dafür einfach mal keine 1000 Spielstunden, sondern einfach kurze, knackige, schön-schräge Unterhaltung.