Doom
18 Jahre später
Aber Doom hat mehr als "nur" den modernen First Person Shooter begründet. Doom ist auch ein Schlüsselelement für den Siegeszug des Personal Computers in den 90er Jahren. Vorher waren PC-Spiele (Spiele für "IBM und kompatible", wie es offiziell hieß) eher komplex und grafisch noch deutlich schlechter als der Amiga und Atari ST. Und auch wenn Wing Commander 1993 schon drei Jahre alt war, öffnete Doom doch mit seinem schnellen, zugängliche Gameplay neue Wege. Man brauchte keinen Joystick, kein Handbuch, keine 13 Disketten. Jeder, der Doom nur kurz angespielt hat, verstand nach wenigen Schüssen, dass auch Papas klobiger, grauer PC mit Turbo-Taste zum richtigen Zocken bestens geeignet war.
Und das, wenn man technisch ambitioniert war, sogar schon online. Der Modus Deathmatch, der hier zum ersten Mal auftauchte, beschäftige Scharen von Informatikstudenten jahrelang. Der Doom-Hype brach aus. Und zwar so sehr, dass das von Doom perfektionierte, neue Genre für lange Zeit nicht First Person Shooter hieß, sondern ganz einfach "Doom-Klon". Dazu zählen unter anderem Titel wie Rise of the Triads, Heretic und auch Star Wars: Dark Forces. Diese Grafik unterstreicht eindrucksvoll, wie dominant dieser Name war. Erst fünf Jahre später, mit dem Erscheinen von Valves Half-Life im Jahr 1998, setzte sich der neutrale Begriff First Person Shooter gegen Doom-Klone im Internet durch.
Aber Doom war in noch einem Punkt ein echter Meilenstein: In der Gewaltdarstellung.
Bevor man Prostituierte mit geklauten Autos überfuhr und Zivilisten auf Flughäfen erschoss, beförderte Doom die Gewalt blutig in die dritte Dimension. Die Bitmap-Grafiken, der Blick über den Gewehrlauf, die Schreie, das war neu und nicht mehr abstrakt, wie zuvor die flache 2D-Pixelgewalt.
Das inszenierte, intensive Spielerlebnis, bei dem einem die Feuerbälle entgegen flogen, so, dass man zum Ausweichen zusammenzuckte, war immersiver als alles andere zuvor. Wir waren mittendrin, wir waren am Abzug. Doom gab uns das Gefühl, das wir auch heute bei einem guten Shooter zwischen allen Dialogen und Achievements erwarten. Doom brachte einer ganzen Generation junger Männer bei, dass es einfach Spaß macht, Dinge in 3D zu zerschießen. Auch wenn diese Dinge manchmal Menschen sind.
Und dann kündigte Eric Harris seinen Amoklauf an der Columbine Highschool mit den Worten an: "It will be like ... Doom!" - Das wird so wie ... Doom!
Plötzlich waren Computerspiele in der Gesellschaft angekommen, und zwar auf der dunklen Seite. Mit Konsequenzen, die vorher niemand für möglich gehalten hatte. Die Presse stürzte sich drauf und es wurde mit vielen Fingern auf wenige Leute gezeigt. Mechanismen, die sich in den nächsten Jahren bei einer ganzen Reihe schrecklicher Anlässe minutiös kopiert wiederholen sollten. Trotzdem: Die Ereignisse zwangen unsere Industrie, eine Meinung zu dem Thema Gewalt und Gewaltdarstellung zu haben. Dadurch begann eine neue Ebene der Selbstreflexion über Videospiele. Und so wurde das Medium Computerspiele auch durch Doom auf traurige Art und Weise erwachsen.
Dennoch, oder gerade deswegen, steht Doom als Meilenstein unantastbar in der Ruhmeshalle. Auch 18 Jahre nach dem Erscheinen und 17 Jahre nach der Indizierung hat Doom nichts von seiner Kraft verloren. Im Gegenteil: Es ist der Ursprung des erfolgreichsten Genres unserer Tage. Es ist eine spielerische Tour de Force, dessen wahre Einflüsse wir erst heute richtig verstehen. Und es ist natürlich auch ein wichtiges Element der Firma id Software, die Designer-Legenden wie John Carmack, John Romero und Tom Hall hervorbrachte.
Also warten wir darauf, dass die Versionen für Xbox, Steam und das iPad so schnell wie möglich kaufbar sind, sodass die Nostalgiker und auch komplett neue Generationen problemlosen und legalen Zugang zu einem der wichtigsten Spiele aller Zeiten bekommen.