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Doom (Switch) - Test

Hierher verirrt und doch willkommen.

Passable Umsetzung eines Vorzeige-Shooters. Fühlt sich auf der Switch nie ganz zuhause - und füllt trotzdem annehmbar eine prominente Lücke.

Hm... ja. Interessant und "danke", dafür, dass es endlich einen ordentlichen Solo-Shooter auf dieser Plattform gibt. Doom auf der Switch ist ohne Frage eine technische Errungenschaft und ein schöner Testballon dafür, wie Nintendos Kleinkonsole mit der id Tech 6 Engine klarkommt. Resultat des Versuchsaufbaus: Ganz ordentlich, darauf kann man aufbauen. Auch inhaltlich ist es - abzüglich des Snapmap-Editors - eine identische Version des vermutlich besten Shooters 2016. Wenn man kurz ein bisschen schielt, schaut hier alles genauso aus wie in der großen Vorlage. Allein, es ist überdeutlich, dass einige Kompromisse nötig waren, um das hier zum Laufen zu bringen. Überhaupt merkt man hin und wieder: Als Handheld-Spiel war das hier nie gedacht.

Machen wir es kurz: Das hier ist die schwächste Version eines fantastischen Spiels, die man sich holen kann, wenn man es letztes Jahr noch nicht erlebt hat oder keine der Alternativplattformen besitzt. Viel von der guten Spielbarkeit, den frenetischen Kämpfen und den schön verschachtelten Level-Designs rettete Entwickler Panic Button kompetent auf die Switch - und dass es überhaupt läuft, wie es läuft, ist auf dem Papier beeindruckend. In der Praxis ist es jedoch trotzdem kein per se schönes Erlebnis, so verschwommen wie das hier teilweise wirkt, wenn unter Last mal wieder die Auflösung unterhalb der nativen 720p des Handheld-Displays fällt. Dazu kommt zumindest für meine Augen eine zu kleine Schrift in allen User-Interface-Elementen und ein Tempo im Kampfablauf, dem man auf 7,2 Zoll mit viel zu kleinen und kurzen Analogsticks (kein Zielen per Motion-Sensor, leider) in den wildesten Sequenzen ein bisschen hinterherrennt.

Das kann nicht einfach gewesen sein. Ist alles drin, alles dran. Snapmap flog vermutlich wegen Nintendos noch unausgegorener Online-Handhabung aus dem Programm. Und doch: Wüsste ich nicht vom letzten Jahr noch, wie dieser Gegner im Detail aussieht, im Spiel bräuchte es 'ne Weile, bis ich es herausfinde.

Es ist die Kombination aus reduzierter (und schwankender) Pixelzahl, kleinerer Diagonale und halbierter Bildrate, die mir als Spieler des beharrlich auf 60FPS zielenden Originals Probleme bereiten. Es mangelt visuell an Klarheit, was man oft genug verschmerzen kann, in hektischeren Kampfszenen oder komplexeren Umgebungen aber ab und an für nicht zwangsläufig erhebliche, aber doch irritierende Übersichtsprobleme sorgt. Manches Mal verpasste ich wichtige Pick-ups, begriff eine Sekunde länger als wünschenswert nicht, von wo auf mich geschossen wurde oder erkannte nicht direkt, wo es weiterging, weil schwächer ausgeleuchtete Umgebungsbereiche ein wenig ineinander verschwammen.

Was die Bildrate im Speziellen angeht: Die überwiegend stabilen 30 FPS sind auf jeden Fall spielbar; sobald man sich daran gewöhnt hat, denkt man nicht einmal weiter darüber nach. Das ursprüngliche Spiel jedoch entwickelte auch wegen seines störrischen Festhaltens an 60 Bilder pro Sekunde diesen beachtlichen Fluss und diese Dynamik, mit der man wie ein Derwisch durch dicht gestaffelte Gegnergruppen fegte. Das geht nun alles nicht mehr ganz so intuitiv von der Hand. Am TV angedockt, wird das nicht einmal besser, weil auf größerer Fläche die Abstriche bei Texturen und Polygonmengen nur noch deutlicher hervorstechen und was gerade noch wie ein kleines Meisterstück in Sachen Engine-Programmierung wirkte, sieht auf einmal ein bisschen unschön aus. Insofern: So ganz sicher bin ich mir nicht, dass eine niedrig aufgelöste, nicht halb so flüssige Version von Doom im Sinne des Erfinders war. Wie man es auch dreht oder wendet, greifen die Technikkompromisse spürbar in die Spielbarkeit ein.

Trotz verschwommener Grafik: Was für ein Spiel - die Frage ist nur, ob man sich nicht besser für eine der anderen Versionen entscheiden sollte. Denn ganz kann der durchaus reizvolle Unterwegsfaktor die der Hardware geschuldeten Schwächen nicht auffangen.

Und weil das alles negativer klang, als es am Ende vermutlich gemeint ist: Das Gameplay an sich kann sich immer noch sehen lassen, egal ob in der herrlich seriengetreuen Kampagne oder dem wilden Arcade-Modus, der Tempo und Mordskombos betont. Gerade im ersten Durchgang durch die Level besticht die Masse an "F***-YEAH!!"-Momenten, der unnachahmliche Doom-Vibe, den wir so lange vermissten und vor allem die Progression der fabelhaften Waffen, die Stöberer reichhaltig und auf spielerische Weise belohnt. Fast immer, wenn ich mal wieder vor der Wahl zwischen verschiedenen, durchaus lohnenden Upgrade-Pfaden für die verspielt umgesetzten Schießprügel wählen musste, dauerte das deutlich länger, als ich erwartet hätte. Die Auswahl ist einfach so gut, jede Verbesserung ein Gewinn fürs Arsenal. Es macht Spaß, hiermit zu spielen. Auch das meinte Arcade Berg von Machine Games (Wolfenstein 2), als er im Interview 'Gunplay' für uns definierte.

Der Online-Part, den man auf Switch als separaten Client herunterladen muss, fand bis heute trotz umfassender Überarbeitungen nicht die erhoffte Fangemeinde und das wird wohl auch so bleiben, auch wenn ich mich persönlich wegen der schön flüssigen Fortbewegung und besagten hervorragenden Waffenmodells mich durchaus zu den Freunden dieser Spielvariante sehe. "Für Zwischendurch unterhaltsam" ist wohl das Prädikat, das man hier anheften müsste, bevor man gesteht, dass sich auf dieser Basis kein Mehrspielermodus besonders lange im Gespräch hält.

Die beste Art zu spielen ist auch leider die, die einem selten in den Sinn kommt: Tablet-Modus, aufgestellt auf dem Tisch, mit Pro Controller. Aber Nintendos Joy-Con eignen sich für einen schnellen Shooter wie diesen nicht besonders.

Doom 2016 auf dieser Plattform zu sehen, hinterlässt zumindest im Handheld-Modus Eindruck und der Spielspaß trotzt zwar angeschlagen, aber immer noch mit breiter Brust den genannten technischen Hürden. Und doch: So sehr man Beifall klatschen möchte, was für ein großes und technisch imponierendes Paket die Switch hiermit erhält, muss man sich fragen, ob die Kompromissbereitschaft der Entwickler an den richtigen Stellen zum Tragen kam. Für eine höhere Framerate oder ein schärferes Bild hätte ich mit Kusshand viele der Atmosphäreneffekte oder Teile der Beleuchtung geopfert, denn deren Fehlen hätten sich nicht auf die Spielbarkeit niedergeschlagen.

Man ist trotzdem froh, dass es dieses Spiel gibt. Doch das liegt eher daran, dass es auf der Switch nichts Vergleichbares gibt - und selbst die schwächste Version dieses Titels noch bis zum Ende gut unterhält.


Entwickler/Publisher: Panic Button/id Software/Bethesda - Erscheint für: Nintendo Switch - Preis: 59,99 Euro - Erscheint am: 10. November - Sprache: Deutsch/Englisch - Mikrotransaktionen: Nein

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Doom

Xbox 360, Nintendo GBA, PC, Nintendo Switch

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