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Dragon Age: The Veilguard im Test - Es gibt kein wie früher, nur einen neuen Anfang

Cirque du Drachentöter

Mit Dragon Age: The Veilguard schafft es BioWare, die Serie in die Gegenwart zu holen: Tolle Technik, ausgezeichnete Spielbarkeit, gelungene Story und Charaktere und vor allem ein fantastischer Action-Kampf ergeben ein herausragendes modernes Rollenspiel.

So, da ist Dragon Age: The Veilguard. Hat ja ein wenig gedauert, bis BioWare sich neu sortiert hat. Obwohl… Anthem war gerade mal 2019, das sind „nur“ fünf Jahre. Gut, in der Zeit dazwischen ist ein wenig was passiert, in jeder Hinsicht, kommt einem also alles länger vor. Gehen wir also zurück zu dem letzten Dragon Age. 10 Jahre… Und, was habt ihr so gemacht, als Dragon Age: Inquisition rauskam?

Eines jedenfalls noch nicht: Eine absolut fantastische Auswahl an Hardcore-RPGs aller Art genießen. Wasteland 2 kam 2013, Pillars of Eternity 2015, das waren so die ersten Anfänge einer Welle, die langsam ins Rollen kam. Von Divinity 2 über Pathfinder hin heute zu Dingen wie W40K: Rogue Trader oder Baldur’s Gate 3 gibt es eine Masse an herausragend guten Titeln, die 100+ Stunden eurer Zeit fressen. Von Exoten wie Disco Elysium ganz zu schweigen. Jede Couleur des harten RPG-Lebens voller Rundenkämpfe, Stats und Werten aller Art ist abgedeckt.

Insoweit bin ich so froh, dass Dragon Age: Dreadwolf… ach ne, Mistwalker? Veilfighter? Veilguard, das war es! Ja, ich mochte "Dreadwolf" lieber. Egal, ich bin froh, dass es nicht den berühmten und oft genug auch berüchtigten Schritt „zurück zu den Wurzeln“ macht. Origins kam zu einer Zeit, als wir ziemlich ausgehungert nach einem solchen Titel waren. Jetzt kann ein Mix aus richtig guter Action, traditionellen RPG-Eigenschaften, viel des alten Bioware-Charmes und der Erfahrung langer Entwickler-Lehrjahre mit der einen oder anderen Niederlage nicht schaden. Zwischen all den Souls-Games und Action-Adventures hat so ein Spiel definitiv einen Platz. Es ist so erleichternd, zu sagen, dass dieser Ansatz erfolgreich endete. Dass BioWare fast zu alter Form zurückfand, indem sie ein Spiel durch und durch zeitgemäß gestalteten.

Dragon Age: The Veilguards Kampf setzt auf Tempo und Kontrolle

Vor allem beim Kampf waren natürlich viele skeptisch, und ich gehörte ganz sicher dazu. Als ich es im Vorfeld mal für ein paar Minuten in der Hand hatte, wusste ich nicht so recht, was das alles so genau sein soll. Dass mein Magier sich wie Cirque du Soleil meets Call of Duty spielte, war verwirrend. Also startete ich dieses Mal mit dem Rogue. Das gab mir beidhändigen Schwertkampf und einen Bogen.

Der Start ist etwas holperig, vor allem wenn man wie ich nicht gleich versteht, dass Ausweichen das Alpha und Omega ist. Sicher, man kann auch parieren, aber eben nicht jeden Schlag, es ist auch weniger sicher, als wenn man gar nicht erst da ist, wo der Schlag hingeht. Dass ein Schlag kommt, wird recht klar an der eigenen Figur angezeigt, beginnend von einem hellen weißen Kreis um sie herum bis hin zu einem knallroten, Millisekunden vor dem Einschlag. Und ihr habt bis zu diesem Zeitpunkt auch wirklich die Chance auszuweichen. Das Spiel spielt sich vor allem im Performance-Modus so flüssig und präzise, dass es eine hervorragende Figur als fast schon Devil-May-Cry-Game gibt, zumindest, wenn es darum geht, nichts einzustecken. Es dauerte keine zwei Stunden und meine Feinde nannten mich nur „The Shadow“. Okay, taten sie nicht, aber auch nur weil "The Shadow" seine Feinde nicht lange genug am Leben lässt, dass sie Zeit hätten Spitznamen zu verteilen.

Dragon Age: The Veilguard - Screenshots

Da man irgendwann auch mal angreifen muss, versuchte ich es zuerst vorwiegend mit dem Bogen, auch weil ich die ersten Spezialisierungen in den absurd umfangreichen Fertigkeitenbäumen in diese Richtung zu lenken begann. Das funktionierte aber mehr so halb. Erst als ich begann, Nah- und Fernkampf als eine Einheit zu sehen, die Feinde mit ein paar Schlägen malträtierte, kurz auf Abstand ging, um zwei Kopftreffer zu landen, um dann ein Special auszulösen, klickte der Flow und seitdem war ich schlicht glücklich mit diesem System. Und das war ja nur eine der Varianten. Der Krieger geht näher ran, kann besser blocken, hat mehr Möglichkeiten zur Crowd-Control in seiner Umgebung, der Magier kann sehr zu einem Third-Person-Shooter umgebaut werden und heftige AoE-Effekte und Treffer landen. Spezialisierungen lassen euch jede der drei Grundklassen zu sechs Unter- und noch mal drei Haupt-Spezialisierungen ziehen und innerhalb der Klasse eigene Stile entwickeln. Das Maß an Freiheiten und Möglichkeiten ist beachtlich. Ich hatte die ganze Zeit Spaß dabei, neue Spezialisierungen freizuschalten und zu gucken, wie sie in meinen Kampffluss passen und wie ich das alles noch optimieren kann.

Das ist auch zu einem guten Teil nötig. Ich bin es außerhalb von Souls-Games nicht gewohnt, auf Mittel zu sterben, außer wenn ich mich zu doof anstelle und in einen Abgrund springe. Aber Dragon Age: The Veilguard konnte hier und da schon ein paar solide Treffer landen. Vor allem die Bosse erfordern Aufmerksamkeit, sie sind sehr unterschiedlich gestaltet, mal um Magie herum aufgebaut, mal um harten Melee-Kampf und dann sind da noch die Drachen und Erzdämonen… Klar, wer gerade aus Dragon’s Dogma 2 kommt, ist viel gewöhnt und den wird ein DA-Boss jetzt nicht umhauen. Sie sind auch kein Bayle, aber das ist auch okay. Die Welt braucht keinen zweiten Bayle. Aber es sind echte Drachen dabei und sie wischen mit euch den Boden auf, wenn ihr sie nicht respektiert. Gegen diese Drachen und Boss-Dämonen hatte ich ein paar wirklich hinreißende Kämpfe, in einem Spiel, das mit solchen nicht geizt.

Dragon Age: The Veilguard - Fertigkeitenbäume

Was die eigenen Begleiter angeht, nun, sie sind ohne Frage eine Hilfe im Kampf. Als Bremsklotz machen sie sich manchmal ganz gut, wenn sie Nahkämpfer sind. Als Heiler sind sie lebenswichtig, da ihre Heilfertigkeiten sich schnell regenerieren und eure drei Heiltränke das nicht tun. Zwei Helden - eure Gruppe seid fast immer ihr und zwei Begleiter - können mit Kombo-Angriffen, die ihre Fertigkeiten vereinen, auch mal einen soliden Schlag setzen, in den ihr dann einsteigt, um es richtig wirksam zu gestalten. Sie sind nützlich, ohne Frage. Aber es ist auch keine Frage, dass ihr der Star auf dem Schlachtfeld seid. Ihr habt die meiste Kontrolle, ihr teilt den meisten Schaden aus, aber ihr seid auch ein Magnet für die meisten Gegner. Eure Begleiter sorgen schon hier und da für ein wenig Ablenkung, aber dass meine Bogenkünste manchmal weniger wichtig als meine Ausweichtalente sind, das merke ich schnell, wenn drei bis sechs Riesen mit Monsteräxten und weiten Sprüngen auf mich zudonnern. Erst mal aus dem Weg, sich sortieren, schauen, was das Schlachtfeld bietet – Deckung, rote Fässer, vielleicht sogar Feinde meines Feindes, die nicht meine Freunde sind –, überlegen, welche Fertigkeit helfen kann, dann mit kühlem Kopf weitermachen. Dragon Age: The Veilguard ist ein schnelles Spiel, aber kein dummes und primitive Hack’n’Slasher leben hier deutlich kürzer.

Also ja, ich bin sehr zufrieden mit dem Kampfsystem, vor allem auch, weil es im Lauf des sehr langen Spiels – 30 Stunden Minimum, 40-50 Durchschnitt würde ich schätzen, 70-80 für alles – immer besser wird. Mit jeder neuen Fertigkeit und jedem Spezialangriff kommen kleine neue Aspekte in die eigene Dynamik jedes Helden und halten die Dinge frisch und frei von zu viel Routine. Schafft auch nicht jedes Spiel. Dazu kommt der gut balancierte Schwierigkeitsgrad. Auf dem geraden Weg durch die Hauptquest habt ihr auch Momente, in denen es haarig wird. Aber richtig spaßig wird es, wenn ihr Bosse sucht, die noch deutlich über eurem Level liegen. Das ist möglich und das hat dann schon Dark-Souls-Feeling, wenn zwei gute Treffer reichen, um euch zu erledigen. Und die kassiert man schnell mal.

Dragon Age: The Veilguard zieht die richtigen Lehren aus Inquisition

Aber wäre nur der Kampf gut und der Rest wie Dragon Age 2 – immer noch eine der besten Ideen für eine Story und ein Setting, nur um dann alles dann tief in den Sand zu setzen –, dann wäre es nicht…nun, ihr habt die Wertung sicher schon zur Kenntnis genommen. Dragon Age: The Veilguard ist so viel mehr als nur ein richtig cooler und intelligenter Action-RPG-Kampf. Seine Welt ist endlich da, wo ich sie seit dem ersten Teil sehen wollte. Wortwörtlich, endlich gibt es was zu sehen und ihr kommt richtig herum.

Ihr startet von einem Hub aus in alle möglichen Ecken der Welt. Dieser Hub ist eure Heimatbasis, die zwischen den Welten herumtreibt. Die grundlegende Story ist, dass… nun ich muss ausholen, merke ich gerade. The Veilguard könnte sicher einen besseren Job dabei erledigen, die Eigenheiten seiner Welt Neulingen zu erklären. Magier haben eine gewisse Entwicklung über drei Spiele hinter sich, Kirche und Inquisition spielen eine komplizierte Rolle dabei, Elfen sind oft genug versklavt, was wiederum viel mit den Geschehnissen in Veilguard zu tun hat. Es gibt Graue Wächter, die sich um die dunkle Brut kümmern sollen, aber selbst ein schwieriger Verein sind. Es ist eine komplexe und manchmal fast schon übervölkerte Welt, die hinreißend detailverliebt sein kann. Da macht The Veilguard keine Ausnahme und hat dem so einiges hinzuzufügen. Aber wenn das euer erstes Dragon Age ist, dann wäre mein Rat, einfach alles hinzunehmen und mit dem Fluss zu gehen. Die Informationen, die für die Story essenziell sind, bekommt ihr, den Rest saugt ihr dann schon aus der Spielwelt mit auf.

Dragon Age: The Veilguard - Landschaften und Orte

Was diese Welt angeht, kommen wir zu dem Hub zurück, der einen ersten Eindruck der Komplexität der einzelnen Gebiete gibt. Nach der ersten Quest in einem neuen Bereich öffnet euch das Spiel nach und nach immer mehr des Areals. In einem sehr angenehmen, unaufdringlichen Tempo wird euer Aktionsradius in den den Gebieten immer größer. Fast ein Dutzend große Bereiche sind es, von der Hafenstadt Docktown über die Nekropolis und ____ bis hin zu ____. Jedes Gebiet hat seinen eigenen Look und Charme und auch seine sehr eigene Stimmung. Ich war erst ob der doch recht poppigen Farben in den ersten Bereichen skeptisch, ob das noch was mit den düsteren alten Idealen von Dragon Age zu tun hat, aber ja, hat es. Nur nicht überall. In Dragon Age: Origins hatte man schon den Eindruck der Endzeiten, die es ja auch waren. Alle Ecken der Welt schienen durch und verseucht. In Inquisition gab es einen ersten, ungelenken Blick auf das größere Ganze, leider durch noch nicht ideale offene Welten realisiert.

Dragon Age: Veilguard bleibt bei den offenen Bereichen von Inquisition, aber tauscht die leere Weite gegen Vertikalität und Komplexität. Ihr habt jetzt verschachtelte, manchmal fast schon labyrinthafte Bauten und Landschaften, in denen es einiges zu entdecken gibt. Das Spiel unterstützt euch dabei so halb. Kisten oder manch andere Dinge werden auf der Karte angezeigt, aber nicht der Weg dahin. Andere Sachen sind irgendwelche Puzzle-Konstrukte, die halt herumstehen und ihr herausfinden müsst, was das soll. Was die Quests angeht, lässt euch das Spiel so allein, wie ihr es möchtet, indem ihr den Quest-Marker abschalten dürft. Aber wenn ihr das nicht tut, dann sollte es nie zu schwer werden, den Weg zu finden. Vor allem die Hauptmissionen sind zwar teilweise spektakulär - eine Helms-Klamm-artige Burgbelagerung zum Beispiel - aber auch sehr linear. Die Nebenquests lockern dann das ein wenig auf und zusammen mit der freien Erkundung ergibt sich ein sehr gelungener Mix aus Führung durch das Spiel und Spielerinitiative.

Dragon Age: The Veilguards Quests tun das, was BioWare am besten kann

An Quests gibt es auch keinen Mangel. Manche findet ihr wortwörtlich auf der Straße herumliegen, andere bekommt ihr von euren NPC-Begleitern, wieder andere ergeben sich aus euren Entscheidungen in der Hauptstory. Diese sind nicht mit Baldur's Gate oder gar Kalibern wie Disco Elysium zu vergleichen, eher noch mit Cyberpunk. Kaum eine der Entscheidungen hat einen ganz großen Einfluss auf den Ablauf des Spiels. Erst ganz zum Schluss wird gezählt, welche Freunde ihr gemacht habt und welche Fraktionen euch leiden können. Aber bis dahin gibt es genug, was einen zweiten Durchgang rechtfertigen kann, aber viel mehr auch nicht.

Das Dialogsystem arbeitet nach wie vor mit den BioWare-Emojis und da hätte ich mir mitunter lieber die komplexen und manchmal überraschenden, bisweilen sogar ärgerlichen Antworten von Origins zurückgewünscht. Hier ist die Richtung eines Dialogs, zumindest eures Anteils daran, zu strickt in drei oder vier Grundkategorien aufgeteilt. Da haben die Hardcore-RPGs mehr Nuancen. Aber dann wiederum sind die Dialoge gut genug geschrieben, sodass alle Antworten auch mal in der Ausrichtung gemixt einen glaubwürdigen Charakteraufbau erlauben. Keine Sorgen, die bipolaren Schwankungen eines Commander Sheppard sind endgültig Geschichte. Und nein, der unglaubliche Facettenreichtum der Möglichkeiten eines Landsmeet aus Origins wird auch zum Finale hin nicht erreicht. Das war nicht zu erwarten. Außerdem ist das, was geboten wird, schon episch und zugegebenermaßen auch ziemlich cool, also will ich nicht zu sehr nörgeln.

Die Art der Quests dabei fluktuiert. Von actionlastigen Läufen durch brennende Städte mit einem großen Boss als Finale runter zu einem netten Stadtspaziergang ohne Kämpfe mit einem treuen Gefährten ist alles dabei. Die meisten der größeren Nebenquests sind dabei mehrteilig und bauen aufeinander auf und bedingen sich manchmal auch gegenseitig. Nichts davon macht den Fehler, den sich Inquisition als Open-World-Anfänger gönnte, als es euch zigmal losschickte, um drei bis zehn Dinge zu finden. Dies hier sind nicht immer große Epen, aber stets unterhaltsam genug, und schrittweise alle Ecken der Welt anhand solcher Quests aufzudecken, zeigt, dass BioWare seit Inquisition viel gelernt hat.

Auch das Crafting-Gesammel hält sich schwer in Grenzen und hier kommt Dragon Age: The Veilguard eine Qualität zugute, die sich so manch anderes Spiel angucken darf. Es spielt sich auch außerhalb der Kämpfe superflüssig. Ihr bewegt euch zügig, euer Held klettert oft genug auch steilere Wände hoch, Bewegungen über Hindernisse unterbrechen nicht den Lauffluss. Noch dazu könnt ihr durch die zahlreichen Kisten, Fässer und Vasen entlang des Wegesrandes nicht nur elegant durchsprinten und -rollen, ihr nehmt in dieser Bewegung auch auf, was drin ist. Die Ressourcen, die man einsammeln muss, werden aus allen möglichen Winkeln per Tastendruck mitgenommen und im Vorbeirennen einfach kurz X zu hämmern, sorgt dafür, dass ihr euch gleichzeitig die Taschen füllt und ein paar Freudensprünge ausführt. Dragon Age: The Veilguard macht in der Bewegung einfach Spaß, zu spielen.

Dragon Age: The Veilguard - Spaßige Begleiter, weniger spaßiges Loot

Das, was ihr da alles einsammelt, das hat mich weniger begeistert. Dragon Age unterscheidet zwischen rein optischen Items und funktionalen, die für die eigentlichen Werte zuständig sind. Erstere sind optional und „überschreiben“ den Look der letzteren. Aber bei der anderen Kategorie fühlen sich die Steigerungen der Waffen und Rüstungen nie so richtig nach einem Sprung an. Ich sammle halt alles ein und jede zweite Stunde gehe ich mal ins Inventar, um mich auf den Stand der Level zu bringen. Danach fühlt sich nichts groß anders an. Sicher, ich habe einen kleinen Buff mehr oder etwas in der Art, aber ich hatte nie den „Oh, dieser Bogen wird alles verändern!“-Moment. Zumindest sieht es optisch alles ganz schick aus, ist ja auch was, aber der Rest der Ausrüstung ist mehr solide und funktional als ein Highlight.

Dafür überzeugt der Cast, der mit euch um die Häuser zieht. Erst einmal habt ihr einen durchaus leistungsstarken Charakter-Editor, der es euch erlaubt, den König des Hairmetals zu bauen, frei nach dem Motto, dass die 80er die Zeit echter Männer waren, weil sie keine Angst hatten, Frauen zu sein. Am Ende ging ich dann doch in Richtung metrosexueller 90s-B-Actionmovie-Star, weil man ist halt ein Kind seiner eigenen Zeit. Aber ich muss zu dieser glorreichen Tolle noch mal zurückkommen, zu episch sah dieser Frontman einer Poison-Coverband aus. Was den Rest der Debatte angeht, die natürlich wieder im Vorfeld ausbrach, weil es ist 2024 und alles ist dumm, ich gebe euch einen Berliner Rat, den vielleicht einzig guten Rat, den ihr aus Berlin annehmen solltet und das sage ich als geborener Berliner: Mach dein Ding und lass andere ihr Ding machen; solange es keinem wehtut, ist alles gut. Ist nicht schwierig.

Dragon Age: The Veilguard - Die Begleiter

Und in Dragon Age machte eh schon immer jeder sein Ding. Es ist witzig, wie hier die Schreiber mit den Romanzen und Beziehungen spielen und diese in teilweise nicht ganz erwartete Richtungen schieben, mit der Story verknüpfen und euch hier und da vor kleine Entscheidungen stellen. BioWare erfindet sich da nicht neu und erreicht auch nicht ein Baldur’s Gate 3, aber doch wieder ein hohes Level, das für Spaß und interessante Dialoge sorgt. Diese sind zum allergrößten Teil gut geschrieben und auch nicht zu ausufernd. Ich hatte selten den „jetzt reicht es, wegdrücken“-Moment, wobei man alles wegdrücken kann. Die Option zu haben, ist immer ein Bonus.

Was den Plot angeht, wie gesagt, ihr werdet ziemlich ins kalte Wasser geworfen, wenn ihr neu dabei seid. Es geht um die magische Barriere zu der Dämonenwelt, alte Elfengötter, ein paar Drachen und den obligatorischen Konflikt der Rassen dieser Welt untereinander, der die Lage nicht einfacher macht. All das bekommt hier und da noch ein paar nette Twists und erzählt einen wirklich soliden Plot, der problemlos die lange Spielzeit trägt. Natürlich auch, weil viele der Highlights entlang des Weges passieren. Wer alle Nebenquests ignoriert und sich nicht um seine Gefährten kümmert, macht sich nicht nur das Leben zum Ende hin schwerer – es geht auch darum Verbündete zu finden – sondern verpasst auch die besten Quests. Rechnet also nicht mit der Mindestzeit, sondern nehmt euch Zeit. Ich würde sagen, dass The Veilguard nach Origins die besten und dichtesten Geschichten erzählt. Und angesichts der hohen Qualität dieser in den anderen Teilen – lassen wir mal Inquisitions Nebenquests außen vor – ist das kein kleines Lob.

Um es abzuschließen, auch technisch überzeugt Dragon Age: The Veilguard auf ganzer Linie. Am meisten natürlich, wenn ihr auf einem leistungsstarken PC spielt. Damit meine ich noch nicht mal die ganzen Nvidia-Tech-Spielereien, sondern dass ihr euch nicht zwischen weniger Frames in richtig schön und mehr in immer noch sehr hübsch entscheiden müsst, so wie ich auf der PlayStation. Normalerweise wäre mir eine hohe Framezahl in einem RPG ziemlich egal, aber da dieses Kampfsystem in seinen besten Momenten Platinum-Games-Ambitionen hegt, macht das schon einen Unterschied, wie gut sich der Kampf spielt.

Die Welten selbst sehen aber fantastisch aus und das meine ich sowohl im technischen wie inhaltlichen Sinne. Diese Orte sehen einfach cool aus! Origins deutete mehr an, wie man sich die Welt vorstellte, aber hatte nicht die Möglichkeiten viel zu zeigen. Inquisition litt auch noch unter der zu diesem Zeitpunkt veralteten 360-Hardware und jetzt in Veilguard diese Orte das erste Mal in richtig schön zu sehen ist eine Freude. Die Städte wirken lebendig, mit vielen Details, das Artdesign passt gut, sowohl zu den mal den etwas bunteren und helleren Arealen, aber genauso gut zu den düsteren Ecken. Egal, ob Schneelandschaft oder sonnige Küste, die surrealen Welten zwischen den Landen oder übergroße Ruinen, The Veilguard bietet eine Welt und Bewohner, die man wirklich sehen will.

Was Bugs angeht: Das Spiel ist auf der PlayStation nie abgestürzt, die Framerate ist stabil und ich hatte nur einen einzigen Hänger. An einer Stelle sollte ein Prompt für eine Seilrutsche auftauchen, leider tat er das nicht. Kein Problem dank des großzügigen automatischen Speicherns, kurz neu geladen und dann klappte es auch alles. Insoweit, läuft.

Dragon Age hat sein Comeback auf die beste Art hingelegt. The Veilguard ist nicht Nostalgie, kein „Ach, wie früher!“, sondern ein frischer Aufbruch. Sicher, es kann in Sachen Story und Charakteren nicht mit der Komplexität der Rivalen aus der Hardcore-RPG-Ecke mithalten. Dafür ist Dragon Age: The Veilguard zu geschliffen und gradlinig. Aber dafür sind diese Text-Monster ja auch da, all das ausprobieren und machen, was in einer Triple-A-Großproduktion schwierig ist. Im Rahmen einer solchen liefert BioWare immer noch auf hohem Niveau ab und im Gegenzug bekommt ihr optische Wucht. Auch wendet sich Dragon Age vom Versuch einer Open-World ab und setzt auf verschachtelte, weiterhin nicht so kleine und Entdecker-freundliche Areale. Es lässt euch erkunden, aber nicht ins Nichts laufen. Die nett geschriebenen Compagneros tratschen vor sich hin und haben in jeder Konstellation etwas Neues zu erzählen, die Welt hat immer wieder was zu berichten, ich fühle mich wohl in dieser neuen alten Welt von Dragon Age.

Und das eigentliche Highlight ist der Kampf. Das, worüber ich mir die meisten Sorgen machte, bringt das Spiel für mich von guter Fortsetzung auf das nächste Level. So fließend, wie ihr hier herumspringt, zuschlagt, zaubert, Instruktionen verteilt, aber eben auch Optionen habt, einen eigenen Stil zu finden, das bekommt man selbst im Action-Bereich nicht jeden Tag. Hier als Kernelement eines großen RPGs, das ist ein Bindeglied irgendwo nahe beim Witcher, dahinter kommen dann Dragon’s Dogma und später Monster Hunter. Sicher, es wäre schön, wenn die Ausrüstung ein wenig relevanter wäre, aber zumindest steht dies den vielen guten Aspekten nicht im Weg. Mit Dragon Age: The Veilguard hat BioWare nicht nur endlich wieder einen Platz für sich in der mittlerweile sehr viel größeren Fantasy-RPG-Welt gefunden. Es gelingt ihnen auch einmal mehr, diese zu bereichern.

PROCONTRA
  • BioWare macht das, was sie am besten können: NPC-Freunde einsammeln und die Welt retten
  • Solide, unterhaltsame Story mit genug kleinen Wendungen, viele gelungene Haupt- und Nebenquests (und keine Inquisition-Sammel-Quests!)
  • Zahlreiche fantastisch aussehende Orte, die endlich einen echten Eindruck der Dragon-Age-Welt geben
  • Schnelles, ausgezeichnet spielbares und vielseitiges Kampfsystem, das sich immer mehr erweitert
  • Anspruchsvoller Schwierigkeitsgrad ohne unfair zu sein, spannende Boss-Kämpfe
  • Die einzelnen Areale sind nicht zu groß und teilweise schön verwinkelt und vertikal, was zur Erkundung einlädt
  • Waffen und Loot verbessern die Werte zwar kontinuierlich, aber es gibt sehr wenig "aufregendes" Loot, das einen echten Sprung von Zeit zu Zeit bringt.
  • Neulinge werden ins kalte Wasser geworfen: Die Spielwelt ist komplex und setzt Wissen aus den Vorgängern teilweise als gegeben voraus. Man kann es trotzdem problemlos spielen, aber inhaltlich wird es hier und da Fragen geben.

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