Das Dragon Quest 3 HD-2D Remake ist optisch wunderbar – aber wie klassisch möchtet ihr es haben?
Ein spröder, aber schöner Gruß aus den 80ern - und ein praktischer Steigbügel für die wohl wichtigste JRPG-Reihe.
Im Grunde extrem cool, dass sich Square Enix als Nächstes die frühen Dragon-Quest-Teile für eine HD-2D-Behandlung vor die Brust genommen hat. Obwohl ich immer noch nicht finde, dass diese Ästhetik Look neu ist – 3D-Objekte und Pixel-Charaktere in Kombination kennen wir seit den 90ern! –, so mag ich ihn doch sehr. Vermutlich auch, weil die PSX-Ära für mich eine so einschneidende Zeit war.
Da Dragon Quest, Wegbereiter des JRPG, zwar in Japan immer ein wahnsinniger Hit war, erfolgreicher noch als Final Fantasy, aber erst seit dem achten Teil regelmäßig nach Europa kam, präsentiert das Remake des dritten Teils gleich in doppelter Hinsicht eine Chance. Nicht nur bekommen wir eine erste Gelegenheit, dieses Spiel in deutscher Sprache zu erleben. Es ist außerdem chronologisch auch der erste Teil der Serie und damit ein perfekter Einstieg. Überdies bildet Teil drei auch das eröffnende Kapitel der Erdrick-Trilogie. Teil eins und zwei, die diesen Dreierpack vervollständigen, sind für nächstes Jahr angekündigt.
Ausflug in die Vergangenheit
Ich habe bereits eine gute Dreiviertelstunde von Dragon Quest 3 HD-2D Remake spielen können und war durchaus angetan. Es ist vor allem sehr schön anzuschauen, weil die Städte bei Tag und Nacht wunderbar unterschiedlich anmuten, in ihrer Oberwelt-Miniaturansicht schon identifizierbar sind und sich beim Betreten während der begrüßenden Kamerafahrt auch gut in das Fleckchen Erde einfügen, dass sie auf der Karte umgibt. Ob Berge oder Meer im Hintergrund – beim Wechsel zwischen Stadtansicht und Weltkarte wird man kein bisschen orientiert. Es ist nur eine Kleinigkeit, aber sie fiel mir deutlich ins Auge.
Gleiches gilt für die hübsch aufgearbeiteten Sprites, die eine Menge Arbeit tun, denn das NES-Original von 1988 überließ viel der Fantasie. Das eher günstig produzierte Remake von 2014, das zunächst für Smartphones und später auch für Switch erschien, sah nicht ansatzweise so gut aus. Hier hingegen rollen Hügel und Täler bei der Reise von A nach B satt und grün vor euch her, erleuchten Fackeln die 3D-modellierten Häuser und Bäume ebenso, wie die liebevoll gepixelten Helden. Mit dem flachen, Flash-Spielen ähnlichen Look von Seeds of Salvation hat das nichts mehr zu tun.
Spielerisch gibt sich der Titel extrem klassisch. Zwar gibt es moderne Optionen, die den Zugang erleichtern, etwa beschleunigte Rundenkämpfe und auf Wunsch automatisierte Kampf-KI für Mitstreiter, denen ihr nur Befehle geben müsst, umsichtig, aggressiv, defensiv oder heilend zu agieren. Aber am Ende reihen sich auch die neuen, hübsch animierten Gegner-Sprites säuberlich-statisch vor euren Figuren auf, die ihr nur zu Beginn des Fights einmal kurz von hinten seht, bevor ihr den Kampf quasi aus Ego-Sicht erlebt. Das wirkt heute arg befremdlich, nicht zu sehen, wie und wen aus eurer Party eine Attacke trifft oder wie Heilzauber auf eure Mitstreiter wirken. Aber andererseits ist es auch werktreu.
Das gilt auch für die Sound-Effekte für Angriffe und Zauber, die wie direkt vom NES herübertönen und einen interessanten, beabsichtigten Kontrast zur gelungenen (englischen) Sprachausgabe und vor allem der wunderbar arrangierten Orchestermusik bilden. Gefreut habe ich mich auch über versteckte Bereiche auf der Karte, in die man hineinstolpern konnte, um dort einen Schatz aufzutun. Aber letztlich muss man sagen, dass man dem Titel trotz aller Modernisierungen sein Alter doch anmerkt.
Wenn die Gegner zum Beispiel Stärken und Schwächen haben und für bestimmte Aktionen anfälliger sind als andere, habe ich das nicht feststellen können. Auch gibt es keinerlei Möglichkeit, Feinde zu analysieren und so ein wenig Taktik in die Kämpfe zu bringen. Dass man die Fights mehr oder weniger automatisieren darf, macht da schon Sinn, wirkt zugleich aber auch ein wenig entlarvend, was die Spieltiefe angeht. Nun denn, das hat eben auch was mit retro zu tun und vielleicht bringen die Jobs später ja noch etwas Variantenreichtum dazu. Zumindest war schon binnen einer halben Stunde klar, dass man besser nicht aus jedem Kampf flieht, denn die Erfahrungspunkte braucht man am Ende doch, damit die Feinde nicht zu hart im Nehmen werden.
Altes Eisen, neu geschmiedet
Insgesamt also ein Spiel, das moderner aussieht, als es ist. In einem Dungeon fiel ich durch ein Loch im Boden in eine frühere Etage zurück, die ich dann komplett noch mal machen durfte – mit Zufallskämpfen und allem Drum und Dran. Und regelmäßig begegnet man typisierten Sprites, was man aus anderen JRPGs auch nicht anders kennt, aber wenn man von einem weisen Mann NPC zu einem anderen, identischen geschickt wird, ist das etwas seltsam. Oder man klickt sich durch Menüs, die gerne ein wenig übersichtlicher sein dürften. Ausrüstung immer erst manuell vom Beutel für alle ins persönliche Inventar des Helden zu schieben, der ihn ausrüsten soll, ist meiner Meinung nach ein Schritt zu viel. Erfreulicherweise gibt es immerhin eine Option, automatisch die beste Ausrüstung anzulegen, auf die man sich dann im fertigen Spiel verlassen kann.
Angespielt habe ich den Titel auf der Nintendo Switch und ich muss sagen, das war noch weit entfernt von komplett glatten 30 fps. Anders als damit, dass der Titel noch ein paar Monate Zeit hat, bis er erscheint, kann ich mir das nicht erklären, warum die magischen 60 fps in so weiter Ferne scheinen. Nicht, dass dieses Spiel sie nötig hätte, aber als Fußnote interessant, dass man selbst in diesem Stil der Switch keine wirklich flüssige Grafik mehr entlocken kann. Ob das noch wird, vermag ich nicht abzuschätzen.
Was ich allerdings schon jetzt sagen kann: Da Yuji Horii direkt beteiligt ist, scheint das Projekt in besten Händen. Dieses Spiel hat einfach eine Menge Herz. Das Redesign versprüht Wärme, die Musik aufbrausende Unternehmungslust, die einfach ansteckt. Und es wohnt viel Wortwitz schon in jedem einzelnen Namen: Wegelagernde Froschgegner sind “HalUnken”, angreifende Mottenwesen identifiziert das Spiel als Zerschmetterling und ein geldgieriger Shopkeeper, wenn ich mich recht entsinne, nannte sich Münzbert Güldenglanz. Ich kann darüber lachen, bin aber auch zweifacher Familienvater.
Die einzige Frage, die ihr euch stellen müsst, ist die, ob euch das Nacherleben eines Stückes Videospielgeschichte heute noch Vollpreis wert ist. Eine berechtigte Frage mit zwei legitimen Antworten. Wie fällt eure aus?
Dragon Quest 3 HD-2D Remake erscheint am 14. November 2024 für Nintendo Switch, PS5, Xbox und PC. Der Preis liegt je nach Plattform zwischen 60 und 70 Euro.