Dragon Quest Heroes - Test
Traumhafte Verschmelzung traditionsreicher Spieleserien.
Ich habe in den vergangenen Jahren sehr viele Titel der Musou-Reihe gespielt. Dynasty Warriors, Samurai Warriors, Warriors Orochi und noch viele mehr. Den größten Eindruck hinterließen allerdings nicht diese Hauptserien. Vielmehr überraschten mich diverse Lizenzableger wie Pirate Warriors oder Hyrule Warriors. Ganz besonders Letzteres erwies sich als ungeahnter Geniestreich. In meinen Augen liegt es daran, dass es sich beim Zelda-Franchise bereits um Spiele handelt. Sowohl Gundam als auch One Piece entstammen anderen Medien, weshalb sie keine etablierten Spielmechaniken aufweisen. Im Fall von Hyrule Warriors war Entwickler Omega-Force dagegen gezwungen, die bekannten Eigenschaften der langjährigen Serie mit den Musou-Prinzipien zu vereinen. Dieser Umstand führte letztendlich nicht nur zum frischsten, sondern auch zu einem der besten Titel des Studios.
Dragon Quest Heroes folgt demselben Mantra und zwang die Entwickler zum Überdenken bisheriger Konventionen. Das Ergebnis ist ein erneut wunderbares Spiel mit unverbrauchten Ansätzen und einer cleveren Verschmelzung unterschiedlicher Elemente. Im Kern ist Dragon Quest Heroes wie seine Inspirationsquelle ein japanisches Rollenspiel. Ihr besitzt einen stetig wachsenden Trupp talentierter Helden und erstellt daraus eine Gruppe von vier Leuten. Charaktere steigen nach erfolgreichen Kämpfen im Level auf, lernen neue Fähigkeiten und dürfen verschiedene Ausrüstungsgegenstände anlegen. Missionen startet ihr von eurem Luftschiff aus und während die Handlung strikt linear verläuft, buhlen ständig neue Nebenaufgaben um eure Aufmerksamkeit.
Erst zum Start eines Auftrags zeigt das Spiel seinen Button-Masher-Einfluss. Auch Dragon Quest Heroes folgt dem bekannten Kampfsystem. Hämmert auf die Vierecktaste und euer Charakter vollführt wahnwitzige Kombos mit übertriebenen, bildschirmfüllenden Effekten. Zur Abwechslung drückt ihr Dreieck, um verschiedene Finisher zu aktivieren. Nebenher füllt sich bei jedem Treffer eine Spezialleiste. Per Knopfdruck aktiviert ihr dann eine Art Super-Sayajin-Modus. Eine rötliche Aura umgibt eure Figur, die Haare strecken sich in die Luft und jede feindliche Attacke verfehlt ihr Ziel. Abgerundet wird das Ganze durch den Einsatz der vernichtenden Musou-Attacke, die alles im Umkreis des Charakters zu Staub verarbeitet.
Wie in jedem anderen Teil der Reihe bildet diese Mechanik den Kern des Kampfsystems. Alle Neuerungen beziehungsweise Änderungen erfolgen durch Einbindung verschiedener Dragon-Quest-Traditionen. So besitzt jede der vier Figuren, zwischen denen ihr frei wechseln dürft, neben ihrer Lebensenergie eine Manaleiste. Diese benötigt ihr für den Einsatz diverser Spezialfähigkeiten. Abhängig vom Charakter sind es physische oder magische Angriffe. Letztere können sogar Zustandsveränderungen bewirken. Setzt ihr beispielsweise mit der weiblichen Protagonistin den Eisschlag ein, besteht die Chance, den Gegner für mehrere Sekunden einzufrieren. Genauso könnt aber auch ihr zum Einschlafen gebracht werden oder einen Giftstatus verpasst bekommen. Auf jeden Fall muss ein Auge stets auf den Manavorrat gerichtet bleiben, da ihr bei plötzlich auftauchenden Minibossen sonst aufgeschmissen seid.
Gleichzeitig erfolgte eine Anpassung des Leveldesigns. Es geht nicht länger um die Übernahme mehrerer Lager, bevor es schließlich zum Kampf gegen den obersten Befehlshaber kommt. Dragon Quest Heroes besitzt viele Level, in denen man schlicht dem Weg von A nach B folgt und dabei alle Feinde ausrottet. Diese Abschnitte fühlen sich mehr wie ein traditionelles Action-Rollenspiel an und bilden einen gelungenen Treffpunkt beider Serien.
Den Großteil eurer Zeit verbringt ihr allerdings in offeneren Arealen. Hier müsst ihr meist ein bis drei Ziele verteidigen. Dazu rennt ihr über die Karte, vernichtet jeden Feind vor eurer Nase und zerstört die ständig auftauchenden Spawn-Punkte. Ihr müsst abwägen, wie sehr eure Hilfe an den Verteidigungspunkten gebraucht wird oder ob ihr genügend Zeit habt, euch um einen der weiter entfernten Spawn-Punkte zu kümmern. Entscheidend dabei ist der Einsatz diverser Truppen. Getötete Feinde hinterlassen regelmäßig Monstermünzen. Davon könnt ihr eine begrenzte Anzahl tragen und für eure Zwecke einsetzen. Manche lassen das Monster einmal angreifen, während andere das Biest als Kumpanen auf das Kampffeld holen. Da ihr nur wenig Platz für die Münzen habt und stärkere Kreaturen mehrere Felder einnehmen, muss die Auswahl passend zur aktuellen Situation angepasst werden. Verteilt die Monster vor den zu schützenden Einheiten oder stellt sie neben euch in das Gefecht.
Dieses kleine Tower-Defense-Element mag keinen Tiefgang besitzen, funktioniert dafür aber einwandfrei und verhilft dem Spiel zu einer eigenen Identität. Dragon Quest Heroes setzt sich deutlich von anderen Musou-Titeln ab, was dem ansonsten bekannten, sich ständig widerholenden Spielablauf sehr zugutekommt. In regelmäßigen Intervallen wechseln sich die Missionstypen ab, wodurch trotz repetitiver Mechaniken keine Ernüchterung eintritt. Die knapp 20 Stunden bis zum Abspann vergingen wie im Flug. Natürlich verhalf dabei wie in jedem anderen Teil der Reihe das grandiose Spielgefühl. Trotz des niedrigen Anspruchs macht es unheimlich Spaß, mit wenigen Tastendrücken Dutzende Feinde gleichzeitig zu vermöbeln und den Kombozähler in den dreistelligen Bereich zu treiben. Zudem handelt es sich hier eindeutig um das schönste Spiel von Omega-Force, was in gewisser Weise auch dem zeitlosen Zeichenstil von Akira Toriyama zu verdanken ist. Sein Monster- und Charakterdesign versprüht denselben unnachahmlichen Charme wie ein normales Dragon-Quest-Rollenspiel. Es fängt den Stil perfekt ein und transferierte ihn ohne Verluste in eine detaillierte 3D-Welt.
Probleme finden sich leider an den gleichen Stellen wie in jedem anderen Musou-Spiel und Dragon Quest Heroes ist keine Ausnahme. Obwohl sich die Missionsstruktur von anderen Titeln der Reihe unterscheidet, durchlauft ihr während des Abenteuers die stets gleichen Zyklen. Ein paar lineare Abschnitte, dann etwas Tower Defense und zum Abschluss des Gebiets einen dicken Bosskampf. Allein die Gebiete und Gegner ändern sich. Selbst Nebenmissionen unterscheiden sich kaum von diesem Trend und geben euch eine ähnliche Erfahrung zum Hauptspiel.
Aber das gehört zu eine Musou-Titel eben dazu. Es liegt in ihrem Spieldesign begraben, und das muss man mögen. Da ändert auch Dragon Quest: Heroes mit seinen Rollenspielelementen wenig. Falls euch bisher weder Dynasty Warriors noch Hyrule Warriors überzeugen konnte, solltet ihr um dieses Spiel einen ebenso großen Bogen machen.
Habt ihr an dem Spielprinzip dagegen Gefallen gefunden oder wolltet die Serie schon immer einmal ausprobieren, ist Dragon Quest: Heroes genau der richtige Titel für euch. Stumpfes Schnetzeln von hirntoten Feindeswellen sah noch nie so schön aus und fühlt sich auch dieses Mal wieder wunderbar an. Das Spiel kombiniert gekonnt die Eigenschaften seiner Lizenz mit den bekannten Musou-Elementen, um einen der besten Serieneinträge bisher zu kreieren.