Dragon Quest I - III auf Nintendo Switch - Soll das ruckeln?
33 Jahre später sollte das doch behoben sein.
Okay, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Nun, eigentlich schon, die Technik ist bei so einem Remake nicht gänzlich unwichtig, aber dass ich diese Frage stellen muss, überrascht: Soll das so ruckeln?
Dragon Quest, zuerst 1986 erschienen, ist praktisch die Erfindung dessen, was die nächsten zwei Jahrzehnte unter dem Begriff JRPG laufen sollte. Selbst weit in die 2000er rein und teilweise bis heute ist das hier die Blaupause. Die bediente sich zwar ihrerseits bei den absoluten Urvätern wie Ultima, aber der Tile-Look mit den einfach strukturierten, auf Controller abgestimmten Menüs nahm hier seinen Anfang. Und ich habe das Modul hier, es läuft flüssig. Weitestgehend jedenfalls. Jedenfalls nicht so stockend, dass es komplett irritiert. Noch seltsamer: Es wird mit jedem der drei nun für Switch erhältlichen Teile weniger dramatisch.
Aber es ist eben auch keine einfache Emulation, sondern man gab sich Mühe. Der Bildausschnitt wurde auf 16:9 angepasst, die Farben sind nun nicht mehr die eines NES, auch nicht die des ersten Remakes auf dem Game Boy Color, sondern es sieht jetzt so aus wie eine motivierte 16-Bit-Konvertierung, wenn das SNES 16:9 beherrscht hätte. Ich bin nicht sicher, aber ich denke, dass man die letzte iOS/Android-Version aus 2014 als Vorlage nahm und noch mal ein klein wenig polierte. Richtig niedlich und gut, wenn einem denn gerade nach Super-Old-School-JRPG sein sollte. Und es ruckelt bei jedem Schritt. Gemeinerweise nicht mal drastisch, nur gerade genug, dass man es schon problemlos spielen kann, es aber einen immer ein klein wenig irritiert. Patch bitte, dringend.
Wie gesagt, mit dem zweiten Teil lässt das ein wenig nach, warum auch immer. Gut so, denn mit jedem neuen Teil zeigte sich die Reihe damals weit ambitionierter. Wandert ihr im ersten Dragon Quest noch allein los, ist es in Dragon Quest 2, ein Jahr später erschienen, schon eine ganze Party und der dritte Teil, wieder nur ein Jahr später, bot dann schon relativ trickreiche moralische Fragen im Stile eines Ultima 4. Sicher, das kam drei Jahre früher raus, aber auf einer Konsole war das 1988 "state of the art". Auch die Komplexität der Handlung steigerte sich dramatisch. Im ersten Teil wird euch wenig mehr an die Hand gegeben als ein Handschlag vom König, ein wenig Basisausrüstung und die besten Wünsche, bei dem Unterfangen doch bitte die Welt zu retten.
Wie auch das Vorbild im Geiste, Ultima, sind die ersten drei Dragon Quests Teil der gleichen Welt und Handlung, aber bis dahin lernte man, dass RPGs auch ruhig ein paar dramatische Twists haben dürfen. Spielt es auf jeden Fall in der richtigen Reihenfolge durch, selbst wenn das heißt, den besten und schönsten Teil erst als letztes zu spielen. Es ist ein oft nach heutigen Maßstäben recht simples, aber am Ende doch gefangen nehmendes kleines Epos, das man bis heute gerne erlebt. Übrigens steigt nicht nur die Qualität der drei Titel im Laufe der Trilogie deutlich, auch der Preis heute tut das: Das erste kostet etwa 5 Euro, das zweite schon 6,50 und Teil drei dann ein klein wenig unverschämte 12,50 Euro. Zusammen sind das fast 25 Euro, was jetzt wirklich kein Schnäppchen ist. Gerade noch okay, aber Freundschaftspreise sehen anders aus.
Natürlich hat sich die Welt nicht nur in Sachen Storytelling weitergedreht. Damals - und teilweise heute wieder deutlich mehr als noch vor ein paar Jahren - war Grinding ein definierender Teil des Gameplays. Warum auch nicht. Sonst in Videospielen zu der Zeit war das Können eines Charakters definiert, es war jetzt nicht so, dass Mario neue Fertigkeiten lernen konnte. Da war es dann schon was Besonderes, dass ich für eine Stunde Monster holze, um danach ein paar Level stärker und mit einem Heilzauber ausgerüstet zu sein. Also, immer wieder die gleichen Monster in einem simplen Rundenkampf zu erledigen, ist kein Bug, es ist ein Feature. An anderer Stelle könnten es ruhig ein paar Features mehr sein. Die Karten sind recht oberflächlich und wenn ihr mal nicht wisst, wo es weitergeht, weil ihr nicht aufgepasst habt, dann ist das euer Problem. Das Spiel fühlt sich da jetzt nicht angesprochen, euch auszuhelfen, aber keine Sorge. Walkthroughs sind seit den frühen 90ern online verfügbar, ihr reiht euch da in Generationen von Spielern mit Aufmerksamkeitsdefiziten ein.
Aber auch das ist Teil des Charmes und der Grund, warum ihr diese Spiele kauft. Und es ist faszinierend, dass mich diese drei Spiele, die ich noch nie in meinem Leben vorher durchgespielt habe, aber trotzdem seit 30 Jahren kenne, mehr motivieren als zuletzt alles, was RPG Factory verzapfte. Diese Leute versuchen, einen Geist der 8- und 16-Bit-JRPG-Ära einzufangen, von dem ich mir nicht sicher bin, ob sie wissen, was sie da eigentlich fangen wollen. Die Dragon-Quest-Trilogie ist die Tile-RPG in Reinform, mit allen Ecken und Kanten - teilweise wortwörtlich -, ohne Verfälschungen und es zeigt schonungslos, dass sich das heute nicht einfach neu schreiben lässt. Es ist ein Kind seiner Zeit, es dominierte diese Zeit und einige der besten und ambitioniertesten Entwickler der Epoche arbeiteten daran. 201x-Fan-Fiction aus Japan mag da seine Aufwartung machen, aber nach Stunden mit den Originalen wird klar, dass man sich besser an das Original hält. Entweder eines aus unserer Zeit, wie die neueren Teile von Dragon Quest, Ys oder Final Fantasy oder eben ihre Vorgänger von vor so vielen Jahren. Was ihr in dem Falle ruhig tun solltet, wenn ihr es etwas schlicht, ganz schön grindig und sehr herzlich haben wollt.
Und trotzdem denke ich, dass es doch möglich sein muss, ein Remake von einem 33 Jahre alten Spiel so zu gestalten, dass es nicht ruckelt.
Entwickler/Publisher: Square Enix - Erscheint für: Switch - Preis: 4,99 Euro, 6,49 Euro, 12,49 Euro - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Englisch - Mikrotransaktionen: nein