Dragon's Dogma: Dark Arisen (PS4, Xbox One) - Test
Aber 60 FPS hätten's schon sein dürfen.
Hey, ich schreib's hier jetzt zum x-ten Mal, aber möglich, dass es noch nicht jeder mitbekommen hat: Dieses Spiel sollte man mal erlebt haben, sofern man Ritter, Magier und Drachen nicht komplett als Geißel dieses Mediums begreift. Und selbst dann ist es vielleicht einen Blick wert, denn Capcoms japanisch geprägter Blick auf traditionell westliche Fantasy ist so angenehm verschroben, dass man vielleicht nicht ganz das erhält, was man erwartete.
Ich gebe mein Bestes, nicht allzu sehr wiederzukäuen, was ich in meinen Tests zu Dragon's Dogma: Dark Arisen auf Xbox 360 und der fantastischen PC-Version bereits von mir gab (trotzdem der Hinweis, dass ihr dort noch deutlich mehr Infos zum Spiel finden werdet). Aber es muss einfach gesagt sein, wie erfrischend dieses vom Devil-May-Cry-Director Hideaki Itsuno federführend entworfene Action-RPG bekannte Mechanismen angeht. Auch fünf Jahre dem ersten Erscheinen des Hauptspiels wirkt das alles erstaunlich frisch.
Das beginnt damit, dass es tatsächlich es nur wenige Rollenspiele gibt, die ein dermaßen einnehmendes Echtzeitkampfsystem besitzen. Itsunos Wurzeln in schnellen Kampfspielen sind überdeutlich, und zeigen sich darin, dass vom Krieger über den Waldläufer bis hin zum Magier und den Mischklassen jede einzelne Spielart sich mächtig, wuchtig und beeindruckend anfühlt. Dazu kommt ein verblüffend greifbares Regelwerk, das sich von der Statistikversessenheit dieses Genres lossagt und stattdessen viele Aspekte von gesundem Menschenverstand regeln lässt. Viele Spielobjekte lassen sich greifen und - falls sie kleiner sind als ihr - tragen und auch werfen. Das schließt nicht zu schwere Gegner ebenso mit ein, wie es im Fall von größeren Feinden - Oger, Trolle, Greifen - dazu führt, dass ihr euch an ihnen festkrallt, um zu empfindlichen Stellen empor zu kraxeln.
Doch das geht noch weiter: Werft einen Topf voller Wasser auf Gegner, um sie zu durchnässen, oder greift gleich zu Öl und setzt euer so brennbar gemachtes Ziel mit einem Feuerpfeil in Brand. Selbst die Charaktererstellung ist von diesem Regelwerk betroffen, größere Feinde haben stärkere Resistenz gegen Taumeln und Umfallen, während kleinere durch gewisse Schlupflöcher in der Weltenarchitektur passen und Kreise um gewisse Monster laufen. Schwerere Charaktere sind stärker, können mehr Gegenstände tragen und Objekte weiter werfen. Sie werden von Wind nicht so sehr beeinträchtigt, sind aber auch leichter zu treffen und so weiter. Es ist einfach alles wunderbar schlüssig und logisch. Die Nacht ist so schwarz wie das Herz der Entwickler, die ihre Spießgesellen euch Mal um Mal den Hintern versohlen lassen. Ihr habt Laternen, doch die verbrauchen Öl - und wenn man mal wieder vergessen hat, das aufzufüllen, bibbert man sich schon mal eine seinen Weg zum Ziel.
Ich bin sicher, ich schrieb das schon mal irgendwo, aber Dragon's Dogma bekommt es bei aller kämpferischen Brillanz immer wieder hin, dass sich diese Quests (die nicht einmal besonders erinnerungswürdig geschrieben sind) häufig tatsächlich wie ein langes, beschwerliches Abenteuer anfühlen. Dazu das zu Experimenten einladende Pawn-System, das euch KI-Begleiter unterschiedlicher Güte zur Seite stellt, ein simples, aber verspieltes Crafting-System und exzellent eure Möglichkeiten erweiternde Charakterlaufbahnen, zwischen denen man immer mal wieder wechseln darf... hier ist einiges los, und das noch bevor man das irre Endgame nach dem Boss oder den riesigen, atmosphärischen und wahnsinnig herausfordernden Insel-Dungeon der Dark-Arisen-Erweiterung überhaupt betreten hat.
Es kommt immer ein wenig fahrig oder verschwurbelt daher, spielt oft nicht mit offenen Karten und ist eher eins, in dem man vieles durch Ausprobieren herausfindet. Dass man das aber möchte und die vielen, vielen möglichen und unmöglichen Abzweigungen, die einem sich auf dem Weg von A nach B offenbaren auch gerne und ohne groß nachzudenken nimmt, ist einer der größten Verdienste dieses Spiels, zu dem wir nach all diesen Remakes ruhig endlich mal einen echten Nachfolger bekommen dürften. Fast 900.000 verkaufte Exemplare der 2016 erschienenen Steam-Version, noch vier Jahre nach dem ersten Erscheinen auf Konsole, sollten Capcom eigentlich zu verstehen gegeben haben, dass diese Reihe immer noch Potenzial hat.
Womit wir bei der technischen Umsetzung wären. Gegenüber der Ur-Version sind wie schon beim PC natürlich Auflösung, Texturen und Modellqualität deutlich höher. Trotzdem gehört die beste Version von Dark Arisen weiterhin dem PC. Was dort schon mit mittelmäßiger Hardware für Bildraten möglich sind, während selbst auf der PS4 Pro nur (immerhin stabile) 30 FPS geboten werden, das machte mich schon ein bisschen wehmütig. Zurück zur Konsole will ich mit diesem Spiel deshalb nicht, nachdem ich es am Heimcomputer in seiner schönsten und reaktionsschnellsten Form erlebte. Trotzdem performt die PS4-Version natürlich immer noch bedeutend besser als es das Original damals tat, das ich trotzdem noch liebte. Hat man es noch nie in 60 FPS erlebt, kann man damit gut leben, noch dazu zu dem extrem fairen Preis von nur 24,99 Euro. Wem das Alter nichts ausmacht, findet hier das Schnäppchen dieses Spieleherbstes.
Das sagt im Grunde schon alles aus, was ihr wissen müsst: Dragon's Dogma: Dark Arisen ist immer noch standfeste Konkurrenz für aktuelle Genrevertreter. Auch wenn es sich offenkundig vieler vertrauter Elemente bedient, ist es doch den entscheidenden Dreh anders als alles andere, was man in dieser Richtung bisher erlebte und daher für viele, viele denkwürdige Momente gut. Einen vergleichbaren Kult unter Eingeweihten lösen nur wenige Spiele aus. Wollt ihr wissen, was es damit auf sich hat, ist die Gelegenheit, das herauszufinden, jetzt so gut wie nie zuvor.
Entwickler/Publisher: Capcom - Erscheint für: PS4, Xbox One, PC bereits erhältlich) - Preis: 24,99 Euro - Erscheint am: 4. Oktober 2017 - Sprache: Englische Sprachausgabe, deutsche Texte - Mikrotransaktionen: Nein - Getestete Version: PS4