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Drakensang: Phileassons Geheimnis

Wieso folgen wir nochmal dem Nordmann?

Spielleiter: „Ein Stückchen weiter die Wiese hinunter seht ihr eine vertraute Gestalt: Kapitän Asleif „Foggwulf“ Phileasson.“

Die Spieler: „Wieso vertraut, wir haben ihn doch noch nie getroffen.“

Spielleiter: „Was denkt ihr denn, wie viele Thorwaler hier herumrennen! Also, ihr seht Phileasson und er scheint etwas zu suchen. Ihr sprecht ihn an und er will nichts mit euch zu tun haben. Unfreundlich schickt er euch weg. Dann findet er endlich das, nach dem er Ausschau hält. Eine seltsame, schillernde Lichtkugel. Er betritt die Kugel und verschwindet. Was macht ihr?“

Die Spieler: „Kennt einer den Typen?“ „Nö.“ „Hab mal von ihm gehört, aber nie getroffen.“ „Ja, hat in 80 Tagen oder so ganz Aventurien bereist“ „Gut für ihn. Haben wir vom letzten Abenteuer eigentlich noch Gold übrig oder sind wir schon wieder pleite?“ „Über 500 Dukaten.“

„Super. Da drüben ist ne Schenke. Ein paar helle Ferdoker und wir warten mal, ob der wiederkommt. Dann fragen wir ihn, was eigentlich los ist.“ „Gute Idee.“ „Ja, gerade erst der böse Herzog und dann der Magier, da steig ich jetzt doch nicht gleich irgendeinem Thorwaler hinterher.“ „Ist aber ein berühmter Thorwaler.“ „Was auch immer. Bier her!“

Zum Glück bin ich kein Thorwaler-Held. Mein Schiff ist nämlich viel schöner.

Dem Spielleiter wird an diesem Punkt langsam, aber umso schmerzhafter klar, dass Motivation doch kein leerer Begriff ist, insbesondere wenn die Helden die Taschen voller Gold haben. Sicher, man kann hier argumentieren, dass die Quests aus solchen Gründen abzublasen etwas dämlich wäre, nachdem man ja für Geld das Add-on zu Drakensang: Am Fluss der Zeit kaufte, aber das wäre einfach eine faule Ausrede für schlechtes Storydesign.

Ehrlich, von purer Neugierde – und auch das würde nur in einer kompletten Schelmenrunde ziehen – abgesehen gibt es hier wenig Gründe für die Charaktere, echtes Interesse aufzubringen. Dass es am Ende doch für die gute Sache ins Feld geht, die Handlung noch etwas Struktur findet – und zeitweilig auch wieder verliert – und Helden nötig sind, erfährt man erst ein Weilchen, nachdem der holperige Start überwunden wurde.

Bis dahin ist beim besten Willen keine akute Gefahr erkennbar, kein echter Grund vorhanden, nicht einfach zu warten und erstmal zu schauen, wie sich das entwickelt. Ehrlich, so haben wir mit 14 gespielt. „Ihr kommt an einer verdächtigen Höhle vorbei. Ihr beschließt hineinzugehen.“ Das ist billig. Und selbst wenn Phileassons Name allein den wahren DSA-Jünger lockt, kann man gleiches nicht von jedem Spieler erwarten.

'Ihr kommt nicht von hier, oder? Hättet ihr Interesse an einem T.M.S.I.D.R. Schnapper-Würstchen? Garantiert frisch!

So geht es weiter. Wer die Phileasson-Saga nicht kennt – und das tun nicht mal unbedingt alle normalen DSA-Spieler –, darf sich fürs Erste im Handbuch auf zehn kleingedruckten Seiten einlesen, was hier überhaupt passiert. Man merkt deutlich, dass eine Gruppe absoluter Insider die Story entwarfen. Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, fällt es Kennern irgendeiner Materie mitunter schwer, sich vorzustellen, dass nicht jeder so weit eingegraben ist und aus den Andeutungen und Nebensätzen eben nicht den Gesamtinhalt ableiten kann.

Man wollte nach der eher tiefer gestapelten Geschichte von Fluss am Zeit ganz offenbar so richtig in die Vollen gehen, man griff sich einen der wichtigsten NPCs der gesamten Spielwelt heraus, eine neue, selbst den meisten DSA-Spielern fremde Elfenkultur wird vorgestellt und zum Kampf gegen die Schergen eine der finstersten Figuren im Setting überhaupt gerufen. Und abgewickelt wird das alles in etwa acht Stunden. Kein Wunder, dass Phileassons Geheimniss den Eindruck eines Getriebenen hinterlässt, denn genau das ist der Fall. Hier findet sich Material für drei Spiele vom Umfang eines Am Fluss der Zeit. Durchgehetzt wird es in einem Viertel von dessen Pracht.