DriveClub: Das Leben nach Early Access - (Nach-)Test
Ich hasse es, so oft sagen zu müssen: "Nächstes Mal gleich so!"
Das Leben ist voller zweiter Chancen, Fehler sind dazu da, um daraus zu lernen und sie wieder gutzumachen. Hallo Driveclub.
Einige Monate Patch-Arbeit und 2,5 Gigabyte Update machen hier einen Unterschied, zwar nicht wie Tag und Nacht, aber doch einen so relevanten, dass man die Entscheidung, das arme Ding im letzten Oktober auf gut Glück vor die Tür zu treten, schon anzweifeln darf. Drei Monate später zeigt sich ein zwar nicht gänzlich anderes, aber in wichtigen Bereichen viel motivierendes Spiel.
Wie gesagt, nicht alles ist anders. Driveclub war nie als reines Solospiel konzipiert, und das ist es nach wie vor nicht. Solltet ihr nicht online gehen wollen oder können, dann entgeht euch jetzt viel von dem, was das Spiel in etwas verwandelt hat, das ich so schnell nicht aus dem Laufwerk lasse. Ihr habt nach wie vor die normale Kampagne mit ihren etwa 80 Rennen und Kurzmeisterschaften. Dazu kommen nun noch zwei weitere mit etwa 12 Events, die gratis herunterzuladen sind, und aktuell noch mal zwei dieser Größenordnung für knapp unter zwei Euro DLC-Preis. Ein sehr faires Angebot, zumal die Events und Rennen ganz nett entworfen sind und vor allem Könnern eine Menge neues Material bieten. Der schiere Umfang ist also noch einmal deutlich gestiegen, selbst wenn er teilweise einen kleinen Aufpreis kostet.
Auf der Piste dann zeigen sich ein paar alte, unangenehme Bekannte, die ich vor Monaten schon im Test des Solomodus ansprach und die das Spiel seitdem leider nicht verließen. Namentlich wäre das an erster Stelle das Fehlen eines einstellbaren Schwierigkeitsgrades in Verbindung mit einer bei hohem Tempo brutalen Gummiband-KI, die euch bei genug Restrennen zwar eine Chance zum Aufholen, aber vor allem jeden Fehler auf der letzten halben Runde tödlich werden lässt, da sie - egal wie gut ihr seid - gnadenlos an euch dranbleibt.
Jetzt zu dem, was anders ist, und das ist einiges. Vor allem, dass das Spiel endlich wirklich stabil mit den Servern redet und es ein reger Austausch ist. Keine ausgegrauten Menüpunkte mehr, keine Dauerverweigerung oder minutenlanges "Sorry, Server antwortet nicht". Es funktioniert alles einfach und endlich kann das Spiel zumindest ein wenig zeigen, was es sein möchte. Ich würde sagen, dass das am ehesten eine Spielwiese für alle ist, die gelegentlich mit einem, zwei oder auch drei Freunden Rekorde jagen und aufstellen wollen. Die einen Spaßclub zum Fahren gründen möchten. Das Spiel kommt seinem wie auch immer gearteten Grundgedanken langsam etwas näher.
Seit den Updates war ich eigentlich auch nur noch online unterwegs. Ja, das dämliche Strafmodell gibt es hier auch, aber es gilt gleichermaßen für alle. Die Möglichkeiten, es wirklich geschickt auszunutzen, gibt es durch das taktische Drängeln, aber man muss schon sehr gut sein, um es sich wirklich zum echten Vorteil zu machen, was auch keineswegs sicher funktioniert. Es ist zudem eine Art kleiner Unfairness, die für alle gilt, sodass sich am Ende keiner beschweren kann, schließlich hat man ja die Möglichkeit, es in gleicher Münze zurückzuzahlen.
Was sich wirklich noch einmal verbessert hat, ist die Technik. Diese war vorher schon durchaus auf der einen oder anderen Strecke beeindruckend. Die grauen Strecken bleiben grau - Schottland ist immer noch visuelle Langeweile pur - die bunten und hellen sind immer noch ein Traum und bei den DLCs scheint man sich eher auf die Stärken zu konzentrieren, sodass die Balance inzwischen klar in Richtung positiv zeigt.
Was aber nun dazukam und was Driveclub besser kann als praktisch alle aktuellen Konkurrenten, das ansonsten brillante Forza Horizon 2 eingeschlossen, ist die Illusion von Wetter. Der Regen ist fantastisch, er fühlt sich praktisch echt an, auch die fließenden, dynamischen Übergänge von Sonnenschein zu Monsunzeit sind perfekt, sowohl auf der Windschutzscheibe als auch unter den Rädern. Okay, nicht wirklich unter den Rädern, da das Fahrmodell im Realismus eh mit Ridge Racer verwandt scheint, aber das Gefühl im Rahmen dessen ist ideal. Wenn die Extrazeit nötig war, um das so hinzubekommen, war sie es wert. Auch wenn es schöner gewesen wäre, mit dem Release auf ein fertiges Spiel zu warten...
Ist Driveclub nun der Superhit, den alle zum Start der PS4 erwarteten? Nein, auf keinen Fall. Gerade Solospieler müssen sich immer noch mit einem der brutalsten und gleichzeitig berechenbar-langweiligsten Gummibänder der Rennhistorie und unfairen Strafsystemen herumschlagen. Es ist okay, es gibt knapp mehr Spaß- als Frustmomente, aber es sind immer noch zu viele der Letzteren, um an der initialen Einschätzung viel zu ändern. Da hilft nicht mal das tolle Wetter. Im Multiplayer-Modus jedoch fährt das Spiel nun endlich mit neugewonnener Stabilität zu einem würdigen Nachfolger im Geiste alter SEGA- und Namco-Arcade-Racer auf. Realismuspuristen kann man nicht oft genug warnen, aber wen das nicht interessiert, wer sich mit acht Leuten auf größtenteils brillant aussehenden Strecken herumbalgen möchte, bevorzugt mit ein paar Freunden im Club, der bekommt hier endlich das Spiel, das es vom Start weg hätte sein sollen. Ein ausgereiftes, umfangreiches Multiplayer-Arcade-Vergnügen, das der neuen Hardware würdig ist. Nur: nächstes Mal gleich so.