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Drogenbeauftragte hält Altersfreigabe von WoW für 'nicht nachvollziehbar'

Blizzard bleibt lieber Zuhause

Bei der Jahrestagung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung ging es in diesem Jahr nicht nur im Haschisch, Heroin, Alkohol und Zigaretten, sondern auf Initiative von Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, ebenso um Online- und Spielesucht.

Ihrer Eröffnungsrede zufolge habe die Wissenschaft längst geklärt, dass es sich dabei um problematische, möglicherweise sogar krankhafte Abhängigkeiten handelt. Klären müsse man nur noch Details, etwa wie die Spielesucht definiert werde und wie groß das Problem sei. Die Zahlen schwanken dabei stark. Laut skandinavischen Forschern sind 1,3 Prozent der Nutzer gefährdet, laut einer asiatischen Studie 17 Prozent.

Spiele wie Counter-Strike, FIFA, Need for Speed und GTA, die in den Top Ten der beliebtesten Spiele der Männer ganz oben stehen, seien unter der Suchtperspektive kaum interessant. Das auf Rang 5 befindliche World of WarCraft müsste laut Bätzing auf einer nach dem Abhängigkeitspotential geordneten Liste aber ganz oben stehen. "Aus meiner Sicht ist es absolut nicht nachvollziehbar, dass dieses Spiel ab 12 freigegeben ist", sagt sie.

Ebenfalls zugegen war Kriminologe Christian Pfeiffer. Er forderte, dass Wissenschaftler Kriterien aufstellen, mit denen die Jugendschützer wiederum festlegen können, ob ein Spiel Suchtelemente enthält. Außerdem sollten die Gesetze geändert werden, wodurch Onlinespiele lediglich eine Jugendfreigabe unter Vorbehalt erhalten würden. Stellt man dann im Nachhinein eine erhöhte Abhängigkeitsgefahr fest, könne man die Einstufung nachträglich erhöhen. Eine weitere Forderung seinerseits: Die Spieleindustrie soll 20 Cent pro verkauftem Spiel abgeben, die so gesammelten acht Millionen Euro würden der Forschung zugute kommen.

Laut Bätzing habe man übrigens auch Blizzard selbst zu der Jahrestagung eingelanden. Die Firmenzentrale in den USA erteilte ihr allerdings eine Absage. Ganz im Gegensatz zu Martin Lorber, Jugendschutzbeauftragter und Pressesprecher von Electronic Arts. Seine Antwort auf Pfeiffers Forderungen: "Wenn die Wissenschaft in der Lage ist, eindeutige Kriterien zu nennen, könnte man sich darüber unterhalten."

Nach Angaben Lorber führen Spiele im Stil von World of WarCraft aber nicht zwangsläufig zur Spielesucht. Interessant ist, dass er das hauseigene Warhammer Online dabei als "grandiosen Misserfolg" bezeichnet. Das sei ein gutes Beispiel dafür, dass es keine "geheimen Zutaten" gebe, um die Spieler süchtig zu machen. Zugleich verwies er auf die Spielzeitsysteme von World of WarCraft, mit denen Eltern festlegen können, wie lange ihre Kinder in die Welt von Azeroth eintauchen.

Medienpädagoge Martin Geisler vom Spawnpoint Institut für Computerspiele in Erfurt - selbst leidenschaftlicher America's-Army-Spieler - befürwortete in seiner Rede zwar ein Heraufsetzen der WoW-Altersgrenze auf 16, ein "ab 18" hält er allerdings für übertrieben. Onlinesucht sei aber dennoch in zunehmendes Problem, gleichzeitig sieht er bei gehemmten und schüchternen Spielern die Chance, sich in einer virtuellen Welt zu entfalten. Insbesondere Jungs und junge Männer - die nach Meinung der Forscher am häufigsten betroffen sind - könnten sich kaum noch auf männliche Art entfalten, in den virtuellen Welten hingegen schon.

Young Sam Koh, Leiter der Beratungsstelle für Internetsuchtprävention in Südkorea, sprach schließlich über seine Erfahrungen mit Abhängigen. In seinem Land hat die Spielesucht laut Koh längst kritische Ausmaße erreicht und führte sogar zu tödlichen Streits unter Spielern und Selbstmorden nach dem Ausschluss aus Spielen.

Die Lage habe sich in den vergangenen Jahren jedoch gebessert. Der Anteil der Süchtigen sei von 9,2 Prozent (2006) auf 8,8 Prozent (2008) gesunken, was er speziell der größeren öffentlichen Aufmerksamkeit, den extra dafür eingerichteten Beratungsstellen und den 240 speziell geschulten Beratern zuschreibt.

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