Dungeons 2 - Test
Nah dran an Dungeon Keeper. Viel näher dran. Zu nah?
Ist eine Spielidee ewiglich? Zumindest in Teilen? War sie einmal gut, bleibt sie es dann immer? Oder unterliegt wie alles auf diesem Planeten auch Spieldesign einer stetigen Evolution, in der sich das Gute nicht nur durchsetzt, sondern auch immer weiter verfeinert wird? Die Antwort dürfte recht klar sein, natürlich haben sich auch Spiele weiterentwickelt, egal ob Indie oder ganz große Nummern, sie alle profitieren von Jahrzehnten Übung und Erfahrung. Designer wissen heute besser als vor 20 Jahren, wie ein Interface zu funktionieren hat, schlicht, weil sie sich so viele Spiele mehr angucken können und überlegen, ob das der richtige Weg ist. Und was das angeht, möchte ich nicht in der Haut der Designer von Dungeons 2 stecken.
Auf der einen Seite wollten sie alle glücklich machen, die Dungeon Keeper vor zwei Jahrzehnten toll fanden. Sicher, kein Problem, da ist die Blaupause, einfach machen. Auf der anderen Seite war ihnen aber bewusst, dass da viele Details hakten, eben weil das Spiel eine eigenwillige Kreation und spielerisches Neuland zu seiner Zeit war. Auch der Rest der Welt tapste etwas unbeholfener durch die Maus-Menüs. Natürlich wollten sie von den Erfahrungen und Beobachtung seitdem profitieren und diese in ihr Spiel einfließen lassen. Soll ja keiner sagen, dass es sich wie von vorgestern spielt. Aber eben soll auch jeder sagen, dass es sich wie Dungeon Keeper spielt. Eine scheinbar unlösbare Aufgabe. Und auch unscheinbar, wie es aussieht.
Für alle, die es ganz original wollen, kommt damit die gute Nachricht: Dungeons 2 spielt sich sehr viel mehr wie Dungeon Keeper. Und die noch bessere: Es ist trotzdem und auch gleichzeitig deswegen das weit bessere Spiel als Dungeons, der erste Versuch. Im namensgebenden Untertagebau habt ihr in der Rolle des "Ultimativen Bösen" keine echte Kontrolle über alles, schließlich werdet ihr im Intro schon vom Ultimativen Guten besiegt. Um Rache zu nehmen, markiert ihr Felsgestein, das eure Helferlein abtragen. So sucht ihr zunächst nach Goldadern, die geplündert werden. Die entstandene Fläche wird für die erste Schatzkammer weitergenutzt. Wo es Gold gibt, lassen Helden nicht lange auf sich warten, also schnell ein paar Orks geheuert. Orks brauchen Bier, her mit der Brauerei. Orks sind nicht schlau, holen wir doch ein paar Goblins. Goblins brauchen eine Werkstatt. Ist die da, gibt es Fallen. Fallen bremsen Helden aus, müssen aber immer erneuert werden. Außerdem kommen mehr Helden, also muss Magie her. Nagas nutzten diese, aber erschlossen will sie auch sein. Und so entsteht langsam ein kleines, sich weitestgehend selbst erhaltendes Ökosystem, das ihr mit zarten Gesten ausbaut.
Ein wenig dieser Betonung muss man auf langsam legen, denn alles, was dazukommt, kostet Gold. Alle Räume, aber auch jeder einzelne Bewohner. Diese verursachen mit ihrem Anspruch auf Lohn auch noch Folgekosten, mal ganz davon abgesehen, dass die Biester auch wirklich in die Schatzkammer rennen, um sich zu bedienen. Es geht also Arbeitsleitung und Gold in dieser Phase verloren. Gut, dass ihr mit der Hand jederzeit alles und jeden verdreschen könnt, das tröstet das böse Gemüt zumindest ein wenig. Aber Fakt ist, dass dies zu den Spielen gehört, die ihr ab einem gewissen Punkt einfach mal ein wenig laufen lasst, damit was in die Kasse kommt. Habt ihr halbwegs sinnvoll geplant - wirklich nur halbwegs, der strategische Anspruch hält sich durchgehend in Grenzen - sind die Viecher durchaus in der Lage, alleine Eindringlinge abzuwehren und Gold anzuhäufen. Diese Zeit kann das etwas gelangweilte Böse dann nutzen, um Daredevil zu gucken. "It's good to be evil", heißt es wohl.
Soweit, so fein, kommen wir zurück zum Dungeon-Keeper-Teil und seinen steuerungstechnischen Problemchen. Die heimische Höhle so auszubauen und laufen zu lassen, funktioniert wunderbar. Die Probleme fangen in dem Moment an, wo ihr die Biester an einem bestimmten Ort braucht. Sei es um sie zu steigern, was beim Klickaufwand fast wirklich zu einem Ritual ausartet, oder sie einfach nur an einem bestimmten Ort zu bekommen. Da man im Dungeon dank des Wachraumes zumindest halbwegs dafür sorgen kann, dass sie in der Nähe von dem herumhängen, wo man seine Kampfeinheiten sehen will, geht das alles noch. Aber solltet ihr mal eine große Invasion in die wichtigste Neuerung des Spiel wagen, dann wird ordentlich geklickert: Auf in die Oberwelt!
Aber wie gesagt, bis ihr alle da habt, dauert es, da ihr jede Figur einzeln einsammelt und dann die so gesuchte Gruppe händisch vor die Tür setzt. Hin, Aufheben, hin, aufheben, hin, aufheben, Zielsuchen, absetzen. Sicher, das passt zur "Hand des Bösen", aber ich wünschte mir mehr als einmal - eigentlich durchgehend - dass diese mehr ein Dirigent als ein Anpacker wäre. Es spielt sich alles sehr Dungeon Keeper, das ist richtig. Aber ich habe längst nicht mehr den Eindruck, dass das die beste - oder eben auch unterhaltsamste - Art ist, den Rest des Konzeptes in den Griff zu kriegen.
Genug davon, wart ihr fleißig, habt ihr eure Truppen beisammen und nun raus aus dem Dungeon, an die frische Luft. Diese sieht auch erst mal widerlich aus. Überall grüne Pflanzen, niedliche Häschen und so weiter. Sommertag im Grünen, grausig. Dungeons 2 genießt es dann, euch seinen schönsten Grafiktrick zu zeigen, nämlich diese Landschaft immer dann, wenn ihr einen Punkt erobert, in die Hölle zu verwandeln. Lavaflüsse, fleischfressende Riesenpflanzen und alles schön in Düster. Das nutzt sich nach einer Weile etwas ab, aber nicht bevor ihr ausgiebig all die kleinen, liebevollen Details und den nahtlosen Übergang bewundert habt. Überhaupt, das ist vielleicht kein wirklich grafisch beeindruckendes Spiel, aber eines, das mit einem guten Auge fürs Detail in allen Bereichen und Aktionen entworfen wurde. Es ist eines, das anzuschauen Freude macht und in dem man selbst weit hinein noch hier und da was Kleines entdecken kann.
Leider entdeckt man auch, dass es nette Missionen gibt - die manchmal nicht ganz ideal erklärt sind, aber trotzdem -, aber erneut keinen großen Anspruch. Das Spiel schaltet ohne inhaltliche Erklärung, warum das Böse nun sehr gezielt eingreifen kann, auf eine klassische Echtzeit-Strategie-Steuerung um. Ihr markiert Truppen, die nichts von allein tun, und alle folgen eurem Befehl. Warum? Äh, nun... Weil "Ultimatives" Böse oder so? Was weiß ich. Lassen wir diese Details außen vor und akzeptieren, was da nun ist. Das ist eine sehr kleine Truppe auf eurer Seite von mitunter kaum einem Dutzend Kämpfer weniger Klassen - alle Upgrades mitgerechnet keine zwei Dutzend - gegen nicht viel mehr als das. Auf RTS-Niveau ist das so grundlegend, wie es nur wird. Entsprechend locker klickt es sich auch durch diese Teile der Mission. Hier ist nichts, was einen nervt, für echte Wegfindungsprobleme ist die Truppe eh zu klein, für Übersichtsdebakel genauso. Man spielt es halt locker flockig weg und gut ist.
Das gilt für die ganze Kampagne. Echte, harte Herausforderungen, bei denen ihr schwitzend das Zentrum des Dungeons geradeso haltet, sind extrem selten, was auch an den gut planbaren Wegen der Feinde liegt. Das Prestige-System ist Geschichte, hier wandern alle direkt zum Zentrum und mit auch nur minimaler Voraussicht lässt sich dieser Weg für die Möchtegernhelden sehr schwer gestalten. Ein paar Wachräume, ein paar Fallen, schon läuft das Ding.
Was den Humor angeht... "Forciert" ist das Wort, das ich benutzen würde, um nett zu bleiben. Das liegt erst einmal nicht an den Sprechern, die sowohl im Englischen als auch im Deutschen einen hervorragenden Job machen. Es ist nur so, dass ihr Script lang ist, die Witze absehbar, bevor die Pointe fällt, vor allem aber, dass sie einfach nie aufhören zu plappern. Wie zuletzt Sacred 3 kennt das Spiel kein Maß, es werden immer noch ein paar Zeilen reingequetscht, alle paar Minuten wird in der Kampagne geplappert, zumindest solange ihr die Questmarker brav abarbeitet. Wie gesagt, nicht schlecht geschrieben, sehr gut gesprochen, aber halb so viel wäre doppelt so gut. Das wäre auch immer noch genug gewesen, um die durchaus dichte Hintergrundgeschichte der Spielwelt so elegant nahezubringen, wie es hier der Fall ist.
Jenseits der Kampagne findet ihr Einzelmissionen, in denen sich der Sprecher deutlich zurückhält - um nicht zu sagen: die Klappe hält - und ihr zwar auch missionsbasiert vorgeht, aber sehr viel lockerer als in der Kampagne. Es kommt einem Endlos-Modus relativ nahe und ist gut geeignet, um einfach mal einen Abend vor sich hinzuwerkeln. Multiplayer-Matches, in denen mehrere Ultimative Böse gegeneinander antreten, dürfen nicht fehlen. Aber da gibt es einfach ganz andere Spiele, die Aufbau und Skirmish gegeneinander deutlich besser liefern.
Nein, Dungeons 2 Stärke ist das von einem schrulligen Engländer ausgedachte Konzept des Dungeon-Managements. Das war lange her, aber diese Idee trägt noch. Nun, das tat sie auch beim ersten Dungeons, aber Teil 2 rettet sich viel näher an das große Vorbild zurück. Ein wenig zu nah, denn auch wenn es einige von dessen Probleme angeht - deutlich weniger Mikromanagement - findet es keine Lösungen für andere Unbequemlichkeiten. Da wäre mehr Mut gefragt gewesen. Auch läuft das Spiel zu gefällig oft fast allein vor sich hin, nur um euch dann wieder in eine kleine Klick-Orgie zu schicken, wenn ihr doch mal was machen wollt, egal ob das nun eine Truppen-Entsendung oder -Aufrüstung ist.
Trotzdem, ja, ich hatte meinen Spaß als das ultimative Böse, nicht zu wenig davon, und auch wenn ich es nicht ein Dungeon Keeper 3 nennen würde, ist es eine ausgesprochen gefällige Fan-Hommage in einem sehr schönen Gewand. Wenn Dungeons 3 dann eines Tages noch mal so einen Quantensprung im Vergleich zu seinem Vorgänger hinlegt, wie es hier Dungeons 2 gelang, dann steht uns eines Tages ein Spiel ins Haus, in dessen Schatten dann Dungeon Keeper selbst stehen darf.