Dust: An Elysian Tail - Test
Auf den ersten Blick der perfekte Arcade-Titel. Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail.
Dust: An Elysian Tail besitzt an und für sich alle wichtigen Eigenschaften, um ein großartiges Spiel zu sein. Die Hintergründe sehen wunderbar aus, es spielt sich flott, bietet eine Metroidvania-Oberwelt und dazu noch zahlreiche RPG-Elemente. Nebenbei ist es ein wirklich beeindruckendes Werk, wenn man sich die Tatsache vor Augen hält, dass es fast im Alleingang von Dean Dodrill entwickelt wurde.
Doch bei jedem Aspekt lassen sich kleine Fehler finden, die das gesamte Projekt zum Schluss trotz großartiger Leistung hinter seinem eigentlich vorhandenen Potenzial zurückstehen lassen. Das beginnt bereits bei der Präsentation. Während ich an den liebevoll gezeichneten Hintergründen überhaupt nichts auszusetzen habe und sie angenehme Abwechslung bieten, finde ich die Charaktermodelle einfach grauenhaft. Sicherlich spielt meine generelle Abneigung gegen Furrys eine gewichtige Rolle, doch im Vergleich zu den Schauplätzen wirken die Figuren detailarm und hingerotzt. Sie erinnern mich stark an die Werke von Mitschüler/-innen, die in der sechsten Klasse Mangas entdeckten und alles und jedem möglichst große Augen verpassen mussten.
Das setzt sich bei der Handlung fort. Im Prinzip verrät man euch noch vor dem Start den 'Twist' und spielt mal wieder die Amnesie-Karte aus. Protagonist Dust kann sich an nichts erinnern und lehnt sich im späteren Verlauf gegen eine Armee auf, deren Motive nie richtig erklärt werden. Dafür funktionieren die recht amüsanten Dialoge mit Begleiterin Fidget sehr gut und auch Dusts innere Konflikte gegen Ende werden ausreichend beleuchtet. Es fehlte im letzten Akt nur ein wenig Zeit, um beide Seiten gleichzustellen, anstatt gegen einen Feind anzutreten, den man nie so richtig zu verstehen vermag.
Hört sich zunächst ein wenig nach gemischten Gefühlen an, die ich dem Spiel entgegen bringe. Doch bei einer Sache trifft Dust: An Elysian Tail genau ins Schwarze. Die Steuerung des Charakters und das Spielgefühl bei den Kämpfen ist grandios. Ihr schlagt komplette Feindeswellen auf einmal mit eurem Schwert, wirbelt sie in die Luft oder werft sie zurück auf den Boden. Drohende Angriffe kontert ihr mit gezielten Schlägen oder weicht ihnen durch eine schnelle Rolle aus. Überall ploppen gelbe Zahlen auf, ihr erhaltet Gold sowie Erfahrungspunkte am laufenden Band und fühlt euch wie eine unaufhaltbare Kampfmaschine. Nach jedem Level-Aufstieg investiert ihre einen Punkt in Lebensenergie, Angriff, Verteidigung oder Magie und lasst euch mit gesammelten Materialien neue Ausrüstungsgegenstände bauen.
Spielt ihr den Titel auf dem normalen Schwierigkeitsgrad, lauft ihr einmal durch alle Gebiete, erledigt vielleicht hier und dort eine Nebenaufgabe, sammelt mit neuen Fähigkeiten versteckte Objekte ein und beendet nach gut acht bis zehn Stunden das Abenteuer. Ihr habt euch dabei keinen zweiten Gedanken zu dem ganzen Rollenspiel-Kram gemacht und auch mit dem Kampfsystem seid ihr glücklich geworden. Diesen Anschein geben mir viele Erfahrungsberichte zum Spiel, die ich voll und ganz nachvollziehen kann. Nur leider habe ich einen Fehler gemacht. Ich habe zu viel über die einzelnen Aspekte nachgedacht.
Denn erst dann fallen einem die ganzen kleinen Fehler auf, die feine Risse in das Spielerlebniss schlagen. Zum Beispiel das Kampfsystem. Da ich auf schwer begonnen habe, musste ich mich in den ersten Gebieten ein wenig mehr konzentrieren, um die Gefechte besser zu verstehen. Dabei bemerkte ich, dass ihr nach den ersten zehn Minuten keine neuen Angriffe oder Kombos lernt. Ihr erhaltet zwar drei neue Zauber, die sich jedoch alle gleich verhalten und trotz der elementaren Eigenschaften keine unterschiedlichen Effekte auf Feinde ausüben. Zudem ist die Magie beängstigend mächtig und erinnert an meine Erfahrung mit Fable.
Steckt so viele Punkte wie möglich in eure magischen Fähigkeiten und ihr könnt jeden Bildschirm in wenigen Sekunden von allen Feinden befreien, indem ihr sie ständig spammt. Leert sich eure Energieleiste, parriert ihr kurz einen Schlag und schon könnt ihr wieder mit Blitzen, Flammenwänden oder Energiekugeln um euch schmeißen. Nachdem ich diese Erkenntnis gewonnen hatte, verlief jeder Kampf gleich, da kein Feind im Spiel darauf eine passende Antwort weiß. Selbst die enttäuschenden Bosskämpfe wurden somit zur Farce. Sogar der finale Endkampf stellte keine Herausforderung für mich dar. Er dauerte nur unnötig lange, da mein Gegenspieler sich vier mal komplett heilen und die Szenerie wechseln musste, ohne sein Kampfverhalten zu ändern.
Ein großer Teil des Spiels besteht aus dem Sammeln von Materialien, ihrer Verarbeitung und dem Leveln eures Charakters. Auch wenn die ersten beiden Punkte etwas ausgereifter hätten sein können, habe ich nichts an ihnen auszusetzen. Es macht wie gewollt süchtig, ständig eure Ausrüstung zu verbessern und neue Blaupausen in den versteckten Schatztruhen zu finden.
Das Aufleveln wurde dagegen mit keinerlei Sorgfalt versehen und wirkte auf mich ziemlich undurchdacht. So ist es komplett sinnlos, in eure Lebensenergie zu investieren. Habt ihr bereits nach den ersten Punkten den vierstelligen Zahlenbereich durchbrochen, geben euch selbst die stärksten Heilmittel nur knapp unter 500 Leben zurück und kosten dafür ein Vermögen. Bei einer komplett entwickelten Figur müsst ihr locker sieben bis acht Portionen einwerfen, bevor ihr wieder komplett geheilt seid. Es existiert kein Grund, in etwas anderes als Verteidigung und Magie zu investieren. Zu meinem Bedauern darf der schlechteste Wert aber nur vier Punkte hinter dem stärksten stehen. Eine Spezialisierung fällt somit flach und das System bremst den Spieler aus.
Was ich dafür gerne häufiger gesehen hätte, sind die Abschnitte, in denen ihr die versteckten Figuren aus anderen Indie-Titeln finden müsst. Diese orientieren sich thematisch an den jeweiligen Spielen und überraschen mit ihrem kreativen Level-Design, das sich vom restlichen Aufbau absetzt. Nur werdet ihr sie kaum ohne eine Lösung finden. Schade, denn die Anlehnung an Simon's Quest, bei der ihr an einer Steinwand einen Tornado beschwören müsst, brachte mich zum Grinsen. Im Gegensatz dazu wirkt das restliche Spiel zu formularisch aufgebaut.
Letztendlich fehlt Dust: An Elysian Tail außerhalb seiner Ästhetik eine eigene Identität. Die einzelnen Spielelemente bieten nicht wirklich etwas Neues. Ein Metroidvania-Klon ist sicherlich nichts Schlechtes und ich kann meinen Spaß mit Dust auf keinen Fall leugnen, doch es wäre hier noch so viel mehr drin gewesen.
Ich möchte noch einmal hervorheben, dass meine ganzen Nörgeleien sich nur auf einzelne Punkte beziehen, die zwar funktionieren, aber viele Macken aufweisen. Wer damit kein Problem hat und einfach nur in ein oder zwei Abenden durch die fantastische Welt streifen möchte, wird sie vielleicht nicht einmal bemerken. Dust: An Elysian Tail bleibt auch in den nächsten Jahren ein Zeugnis dafür, was eine einzelne Person erschaffen kann. Es zeigt aber auch die Probleme, die leicht übersehen werden können. Sei es nun vom Schöpfer oder von den Spielern.
Dust: An Elysian Tail ist auf dem Xbox Live Marktplatz für 1200 Microsoft Points (15 Euro) erhältlich.