Dynasty Warriors Origins bringt euch riesige Schlachten wie nie zuvor, doch leider kommt die emotionale Tiefe der Geschichte etwas zu kurz
Dynasty Warrior Origins begeistert mit Massen an Soldaten und einem verbesserten Kampfsystem, aber die emotionale Tiefe der Geschichte bleibt leider auf der Strecke.
Koei Tecmo beschert uns dieses Jahr endlich wieder ein Dynasty Warriors – auch wenn ich mich ehrlich gesagt mehr über ein neues Samurai Warriors gefreut hätte. Aber vielleicht könnte mich ja Dynasty Warriors Origins endlich mal für die Hauptreihe der Warriors-Spiele begeistern. Die Antwort lautet ganz klar: "Jain". Origins ist ein interessantes und auf jeden Fall verbessertes Warriors, aber trotzdem fehlt dem Ganzen etwas, das mich stundenlang vor der Glotze fesseln würde.
Ihr müsst wissen, ich habe bei Samurai Warriors 4: Empires 155 Stunden Spielzeit gesammelt und auch einige andere Teile der Reihe gespielt. Doch Origins ist irgendwie dazwischen – kein super schlechtes Spiel, aber auch kein "Ich werde jetzt das Land einnehmen, ganz egal, dass ich längst im Bett liegen sollte!"
Storyline mal einfach
Ihr, der Protagonist, dem ihr selbst einen Namen geben dürft (in meinem Fall Jún - deswegen nenne ich ihn in diesem Test Jún), sind ein einfacher Reisender im verschiedenen Nöten geplagten China, dessen Volk von den Adligen und Mächtigen unterdrückt wird. Schnell wird klar, dass ihr etwas ändern müsst. So kommen schließlich die Rechtschaffenen an die Macht, ohne dass sich für die Bevölkerung etwas bessern würde. Danach stürzen ihr diese, und der Kreislauf beginnt von vorn. Wirklich, Koei? Ich weiß, es soll historisch akkurat sein, aber ich gähne. Einfach gelbe Banner gegen schwarze auszutauschen, ist nicht gerade spannend. Allmählich merkt ihr, dass es so nicht weitergehen kann, und ihr nehmt die Zügel selbst in die Hand.Das wäre hiermit die Story bis zum Punkt, an dem ich euch nicht spoilern möchte.
Was Origins aber bieten möchte, ist Entscheidungsfreiheit. Ihr sollt euch für euren eigenen Weg entscheiden (auch wenn es nicht viele Optionen gibt). Immerhin warnt euch das Spiel rechtzeitig, wenn es ernst wird und ihr eine wichtige Entscheidung treffen müsst. Das ist für Replays ein großes Plus, denn die ersten drei Kapitel würde ich ungern immer wieder von vorn spielen.
Trotzdem fehlt es Origins an emotionaler Tiefe. Koei Tecmo hat in der Vergangenheit schon gezeigt, dass sie emotionale, tiefgründige Geschichten gut erzählen können – zum Beispiel mit Spirit of Sanada, das mich weinend und depressiv in der Ecke zurückgelassen hat. Doch hier bleibt dieses Gefühl aus. Ich habe keinerlei emotionale Verbindung zu meinen Verbündeten aufgebaut. Einige Charaktere wirken zwar sympathischer als andere, aber das allein reicht nicht, um meine Entscheidungen zu leiten. Offen gestanden ist es mir ziemlich egal, wem ich mich anschließe.
Massenschlachten mit Einschränkungen
Aber hey, Schwamm drüber, denn eigentlich spiel ich Warriors, um Gegner im Dutzend aus dem Weg zu räumen, uns in einem irren Tempo zum Hauptoffizier zu kämpfen und ihm eine saftige Abreibung zu verpassen. Origins bringt zwar mehr Gegner auf das Schlachtfeld als je zuvor, was großartig aussieht und sich auch realistischer anfühlt. Doch das neue Kampfsystem wirft auch Fragen auf. Ihr gewinnt das Spiel nicht mehr, indem ihr einfach Basen einnehmt. Stattdessen müsst ihr euch um einzelne Gefechte auf dem Schlachtfeld kümmern. Das hat mich schon in der Demo verwirrt, aber man findet schnell hinein, da das Spiel gut an die Hand nimmt.
Leider fehlt dadurch das schnelle "Durchrasen", das ich aus früheren Warriors-Spielen kenne. Stattdessen hetze ich von einem Punkt zum nächsten, um Schutzengel für die Offiziere zu spielen. Ohne die relativ schnellen Pferde, die man sich durch Zusatzmissionen erspielt, hätte ich das System wohl aufgegeben. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, in manchen Situationen 1-gegen-1-Kämpfe gegen Offiziere auszutragen – oder ihr entscheidet euch für die klassische Hack-and-Slash-Methode. Vorbereitung für die Schlacht
Wie in früheren Warriors-Teilen schaut ihr euch die Karte und die Positionen der Offiziere an. Euer Hauptmann gibt euch noch weitere Informationen, die ich getrost übersprungen habe, um endlich ins Getümmel zu stürzen. Im Menü passt ihr alle Waffen und Fähigkeiten an – was nicht zwingend notwendig ist, denn im eigentlichen Kampf könnt ihr diese auch erneut ändern. Das ist ein großer Vorteil, wenn man Waffen im Kampf testet und merkt, dass sie einem überhaupt nicht liegen. Nebenbei könnt ihr im Menü noch einen Gefährten mitnehmen oder alleine losziehen. Der Gefährte bietet im Kampf einige Vorteile, wie beispielsweise, dass ihr seine Rolle übernehmen könnt, falls ihr sterbt, oder zwischen Charakteren wechselt, wenn ihr euch in einer misslichen Lage befindet.
Im eigentlichen Kampfgeschehen stürmt ihr ein wenig verloren umher, bis ihr das erste Mal die Klingen kreuzt. Hier und da habe ich Basen eingenommen, die allerdings nicht sonderlich nützlich sind, wie es in anderen Warriors-Games der Fall ist. Die Einnahme steigert lediglich die Kampfmoral eurer Armee, wodurch sie stärker wird – oder schwächer, sollten sie Rückschläge erleiden. Im neuen Kampfsystem könnt ihr eure eigene Truppe leiten und sie mit Fähigkeiten ausrüsten. So können sie zum Beispiel Pfeile regnen lassen.
Aber auch die gegnerische Armee solltet ihr nicht unterschätzen: Sie kann euch mit Schilden den Weg versperren, bestimmte Formationen einnehmen oder Spezialangriffe ausführen. Letztere könnt ihr mit passenden Angriffen kontern; das Spiel zeigt euch dann, welche Fähigkeit ihr nutzen müsst. In anderen Warriors-Teilen habe ich das Parieren oft ignoriert und bin, wenn es überhaupt sein musste, ausgewichen. In Origins ist das ein wenig anders. Gegenangriffe können einfach gekontert werden und bringen oft einen vernichtenden Schlag mit sich, um meine Gegner zu Sashimi zu verarbeiten.
Dennoch ist das Besiegen einfacher Soldaten so simpel, dass ihr schnell zur One-Man-Army werdet. Hier finde ich jedoch einen großen Negativpunkt: Früher, wenn ich Meilensteine wie das Besiegen von 1000 Gegnern erreicht habe, wurden alle Fähigkeitsleisten und die HP vollständig aufgeladen. In Origins werdet ihr hingegen höchstens stärker – das ist irgendwie enttäuschend.
Zudem wird der Spielfluss sehr oft durch Zwischensequenzen unterbrochen. Ich kam häufig in die ärgerliche Situation, gerade perfekt ausweichen zu können, aber dann startet irgendeine Zwischensequenz, in der Brücken einstürzen oder Offiziere in Not sind, und das reißt mich komplett heraus. Manchmal passiert das alle zwei Minuten in einem Kampf, was mir den letzten Nerv raubt. Deswegen fand ich die Nebenmissionen, die kurz und bündig waren, sehr angenehm – ohne viel Gerede.
Jún kann sich im Laufe des Spiels verbessern. Auch wenn er schon von Anfang an ein ziemlicher Badass ist, geht immer noch eine Schippe drauf. Er kann verschiedene Waffen lernen, die aus der Warriors-Reihe bekannt sind, wie Speere, Kampfringe und mehr. Eure Fähigkeiten schaltet ihr durch Missionen oder die Nutzung der Waffen sukzessive frei. Ihr könnt sogar eure Fähigkeiten für die verschiedenen Waffen aufleveln. Solltet ihr euer Wissen zu einer Waffe noch weiter ausbauen, gibt euch das Spiel zusätzlich Punkte, die ihr selbst verteilen könnt. Dazu gibt es ein Charakterlevel-System, das euch mit mehr HP oder zusätzlichen Musou-Punkten belohnt – letzteres ist für die bekannten Spezialattacken der Reihe entscheidend. Wem das noch nicht genug Power ist, für den gibt es einen Skill-Tree, den ihr nach Lust und Laune verbessern könnt. Die benötigten Punkte dafür verdient ihr euch in Schlachten oder durch das Erfüllen von Kampfmissionen.
Die wunderschöne Map
Das Design und Setting der Map gefallen mir besonders gut. Man bewegt sich frei auf der Karte, stolziert oder galoppiert und sucht sich seine nächste Aufgabe. Gegenstände sind schnell auffindbar, und die Übersichtlichkeit ist unglaublich angenehm. Außerdem gibt es Teleportsteine, die euch Schnellreisen ermöglichen. Diese sind zwar etwas verstreut, aber die Map ist insgesamt kleiner, als ich dachte. Ich war ehrlich überrascht, dass ich schon mitten im Spiel alle Wegpunkte entdeckt hatte, obwohl noch viel von der Karte vernebelt war. Vielleicht wurden diese Bereiche für zukünftige DLCs vorbereitet – das wird sich noch zeigen.
Auf euren Wegen könnt ihr den Gesprächen der Bewohner lauschen, was ein kleines Gefühl von Leben vermittelt und die Situation im zerstrittenen Land widerspiegelt. Solltet ihr euch allein fühlen, gibt es keinen Grund zur Sorge: Interaktionen mit NPCs sind möglich. Sie stehen an bestimmten Orten, als wären sie angewurzelt, und warten auf euch.
Die angewurzelten Freunde
Trefft ihr einen dieser NPCs, gibt es drei Möglichkeiten, was sie für euch bereithalten:
- Missionen, z. B. "Weiche fünfmal perfekt aus" oder "Besiege 100 Gegner mit dem Schwert".
- Eine endlose Cutscene, die oft wenig mit der Hauptgeschichte oder eurem Charakter zu tun hat.
- Ein kleiner Rat auf dem Weg durch China.
Die Charaktere wirken leider oft langweilig und austauschbar, sowohl optisch als auch charakterlich. Manchmal war ich so genervt, dass ich Cutscenes überspringen musste, um meine Geduld zu bewahren. Wenn ihr auf viele weibliche Charaktere hofft, haltet eure Erwartungen niedrig. Obwohl viele Frauen im Spiel Interesse am Protagonisten zeigen, wirken sie wie leere Puppen, denen man keine Aufmerksamkeit schenken möchte – erst recht nicht in den belanglosen Cutscenes.
Das Spiel versucht, eine Dating-Sim zu sein, ohne wirklich etwas dafür zu tun. In Empires konnte man Partner haben, was ich erfrischend fand. Es wäre so einfach gewesen, diesen Charakteren eine Rolle als potenzielle Partner zu geben. Sie könnten durch Gegenstände wie Fleischklößchen oder Amulette oder durch Missionen an eurer Seite im Kampf stehen. Ich meine, sie flirten ohnehin schon mit mir – warum also keine ernsthafte Rolle für sie schaffen?
Dynasty Warriors Origins Fazit
Dieses Spiel gehört definitiv zu denn besseren Dynasty Warrior-Games, die ich gespielt habe. Hätte die Story etwas mehr Einfallsreichtum oder emotionale Tiefe, wäre es für mich viel besser gewesen. Aber ich möchte einfach keine stundenlangen Gespräche mit verwirrenden Charakteren führen. Man wird kalt in die Geschichte Chinas geworfen – und genauso kalt kommt man wieder heraus.
Es gibt in der Handlung einige Schockmomente, aber diese reichen nicht aus, um mich zu einem erneuten Durchlauf zu motivieren. Stattdessen wird auf einer halb erzählten Geschichte herumgekaut, in der immer neue Namen auftauchen, ohne dass klar wird, wer zu wem gehört. Es fühlt sich an, als wolle das Spiel mich dazu bringen, Chinas Historie zu studieren. Und obwohl ich fernöstliche Geschichte liebe, packt mich Koei Tecmo diesmal nicht, auch nur einen der Lords zu googeln – anders als bei Samurai Warriors: Spirit of Sanada.
Koei hätte die Story kompakter halten und den Fokus mehr auf den mysteriösen Protagonisten legen sollen, anstatt auf ein zerstreutes China und einen Helden mit Amnesie. Meine Empfehlung: Wenn ihr die Warriors-Reihe liebt, holt euch das Spiel – es wird euch gefallen. Aber wenn ihr keine Ahnung von chinesischer Geschichte habt, lasst lieber die Finger davon. Es gibt deutlich einsteigerfreundlichere Spiele in der Warriors-Reihe.
Dynasty Warriors Origins | |
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PRO | CONTRA |
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