E3 2012: Die Microsoft-Show - Kommentar
Überraschung, eine neue Xbox!... wurde nicht gezeigt. Aber Halo 4 und Smartglass sind ja auch was.
Um es vorwegzunehmen: DIE große Überraschung gab es auf Microsofts E3-Pressekonferenz nicht. Nein, auch keine nächste Xbox. Nicht mal ein klitzekleiner Teaser dazu. Aber egal, der Xbox-360-Nachfolger steht dann - sofern die ganzen Berichte über eine Veröffentlichung im nächsten Jahr stimmen - vermutlich in rund zwölf Monaten im Fokus.
Im Grunde bestand Microsofts Pressekonferenz aus drei Teilen. Spiele zu Anfang, Entertainment in der Mitte und zum Abschluss wieder Spiele. Den Auftakt bildete natürlich Microsofts absolutes Zugpferd in diesem Jahr: Halo 4. Im Auftakt zur neuen Trilogie verschlägt es den Master Chief auf einen unbekannten Planeten. Am Boden beobachtet er ein gewaltiges UNSC-Schiff, das gerade abstürzt, gefolgt von einer mysteriösen großen und schwebenden Kugel, die kurz das Gebiet scannt und dann davon rauscht.
Kurz darauf treibt sich der Chief in einem Dschungelgebiet herum und erst mal bekommt man alte Bekannte zu sehen: Allianzschiffe und -soldaten. Rein technisch gesehen überzeugte das Spiel dabei durch eine tolle Darstellung des Dschungels mit schicken Lichteffekten, zum Beispiel Sonnenstrahlen, die zwischen den Bäumen hindurchscheinen. Und was man erst als kleine Tierchen vermutet, entpuppt sich als erster Gegner. Die Defense AIs gehören nicht zur Allianz und sind flink unterwegs. Immer mehr Kreaturen mechanischer Art tauchen auf, vom Look her erinnern sie an Tiere, Insekten. Im Visor-Modus sieht der Chief schließlich haufenweise auftauchende Aliens, bevor er niedergeschlagen wird.
Ein durchaus eindrucksvoller Start der Pressekonferenz. Es hat den Anschein, als könnte 343 Industries mit Halo 4 noch mal einiges aus der betagten Hardware rauskitzeln.
Anschließend betrat Don Mattrick die Bühne, seines Zeichens Chef der Interactive Entertainment Business Division von Microsoft. Ein paar kurze Worte zu den Erfolgen der Xbox 360 und ihrem Zweck als Entertainment-Gerät folgen. Erweitert werden soll das noch in diesem Jahr auf Handys, PCs und Tablets. Doch darum soll es in der Pressekonferenz erst später gehen, erst mal stehen noch einige Spiele im Vordergrund.
Eines davon ist Splinter Cell: Blacklist. Im Spiel nimmt Sam Fisher es mit Terroristen auf, die die militärische Präsenz der USA in ihren Ländern alles andere als gutheißen. Zu diesem Zweck drohen diese Terroristen den USA mit einer "Blacklist", einem Countdown stetig intensiverer Terroranschläge. In der Gameplay-Demonstration verschlug es Sam an die Grenze zwischen Irak und Iran auf der der Suche nach einem der Schurken.
Der gute Sam präsentiert sich dabei recht agil. Ähnlich wie Altair oder Ezio erklimmt er Fels- oder Häuserwände. Er schaltet mit seinem Execution-Move mehrere Gegner gleichzeitig aus und kann dank Kinect-Spracherkennung sogar Feinde zu sich locken, indem man einfach etwas sagt. Der jüngste Teil wirkt ein gutes Stück actionlastiger, aber dennoch müsst ihr in Deckung gehen und vermutlich auch vorsichtig agieren. Laut Ubisoft soll es jedenfalls das "ambitionierteste" Splinter Cell werden. Gut sieht es in jedem Fall aus, auch wenn man sicherlich von diesem kurzen Ausschnitt noch nicht auf das gesamte Spiel schließen kann. Mit dabei sind übrigens auch ein Multiplayer- und Koop-Modus.
Es folgten sportliche Ausblicke von EA Sports. Sowohl FIFA 13 als auch Madden NFL 13 nutzen Spracherkennung via Kinect. Über Voice-Kommandos könnt ihr dann in FIFA beispielsweise Auswechslungen tätigen, die Formation wechseln oder Spielern Kommandos zurufen. Ähnliches gilt auch für Madden. Und das alles in verschiedenen Sprachen und Dialekten.
Epics und People Can Flys Gears of War: Judgment war zwar in Trailer-Form anwesend, aber mehr zeigte man an diesem Abend (oder vielmehr morgen in Los Angeles) auch nicht. Eine kleine Enttäuschung. Erscheinen wird das Prequel im kommenden Jahr.
Noch in diesem Jahr geht Forza Horizon auf die Piste. Bei Entwickler Playground Games - besteht zu einem gute Teil aus früheren Codemasters-Mitarbeitern - mag man offensichtlich Test Drive Unlimited, denn dieser Forza-Teil bietet euch nämlich eine offene Welt. Auch hier eine kleine Enttäuschung: Keine Live-Demonstration, sondern ebenfalls nur ein Trailer. Immerhin bestätigte der den 23. Oktober 2012 als Veröffentlichungstermin.
Nach diesen anfänglichen Spielen widmete sich der Mittelteil der Pressekonferenz dann ganz dem Entertainment-Bereich. Oder anders gesagt: der Teil, in dem so mancher Spieler sich vermutlich eine Pause gönnte. Es wird neue Features geben, ihr könnt etwa via Bing nach bestimmten Genres für Filme suchen und Microsoft bringt Nickelodeon, Paramount Movies, Machinima, die NBA und auch die NHL auf die Xbox 360. Prinzipiell nett, sogar recht cool aufgebaut mit der Möglichkeit für Splitscreens bei zwei NBA-Spielen, Sprachkommandos und dergleichen, allerdings dürften wir Europäer dabei wohl wieder in die Röhre schauen - zumindest was den Großteil dieses Bereichs anbelangt.
Mit Xbox Music ladet ihr unterdessen Musik runter und könnt diese auch auf eure Konsole transferieren, wenn ihr denn wollt. Kostenpunkt? Starttermin? Unbekannt. Wer sich gerne fit hält, wird sich über die Partnerschaft mit Nike freuen, die in Nike+ Kinect Training resultiert, das wiederum von der Erfahrung von Nike profitieren soll. Hier verspricht man das "am meisten personalisierte digitale Trainingserlebnis der Welt", bei dem man sich auch mit anderen Leuten über Xbox Live messen kann.
Schließlich gab es noch Xbox SmartGlass für Windows, Windows Phones, iOS und Android zu bewundern. SmartGlass soll es euch ermöglichen, zum Beispiel unterwegs einen Film zu schauen und, wenn ihr dann nach Hause kommt, diesen auf die Konsole zu übertragen und dort weiterzuschauen. Ebenso dient SmartGlass als eine Art Fernbedienung für die Konsole und ebenso als Guide mit zusätzlichen Infos. Demonstriert hat man das anhand einer Episode von Game of Thrones, bei der ihr dann eine Karte oder zusätzliche Informationen auf einem Tablet angezeigt bekommt.
Die Frage ist natürlich, ob man das dann gleichzeitig lesen oder sich anschauen will, während man irgendeine Serie oder einen Film schaut? Interessanter ist die Nutzung da schon bei Spielen. Bei Halo 4 erhaltet ihr an bestimmten Punkten etwa weitere Details oder Bilder, nehmt eine Multiplayer-Einladung auf dem Tablet an, was dann auf der Konsole sofort umgesetzt wird. Was hier noch eher Gimmick-artig wirkt, machte in einem Konzept-Video mit Madden NFL als Beispiel schon mehr Sinn. Hier entwarf man komplette Spielzüge, die dann anschließend auch so im Spiel umgesetzt wurden. Da hat sicherlich Potenzial. Und falls ihr gerne mal mit der Xbox 360 ins Internet schaut: Im Herbst bekommt ihr den Internet Explorer als App, inklusive Spracherkennung via Kinect.
Nach diesem mittleren und zuweilen doch recht langatmigen Teil der Pressekonferenz ging es zum Abschluss noch mal mit einigen Spielen weiter. Zum Beispiel Tomb Raider, in dem die junge Lara einiges einstecken muss. Das ganze Geschehen wirkt sehr intensiv und auch sehr emotional. Lara steckt Kisten in Brand, wobei das Feuer auf Nahe Gegner überspringt, sie stürzt einen Wasserfall runter und wird ein gutes Stück über den steilen Flussverlauf mitgetragen, bis sie in einem Flugzeugwrack landet und durch das zerbrechende Glascockpit nach unten stürzt. Zum Glück hat sie ihren Fallschirm dabei und rauscht nach unten durch ein Tal voller Bäume, muss ihnen dabei jedoch stets ausweichen.
Klar ist also, dass die arme Lara einiges abbekommt. Auf jeden Fall eine eindrucksvolle Demonstration, Square Enix und Crystal Dynamics haben hier ein wahrlich heißes Eisen im Feuer. Microsoft konnte sich übrigens Exklusivrechte am geplanten Download-Content für das Spiel sichern. Dieser wird zuerst exklusiv auf der Xbox 360 erscheinen.
Nächster wichtiger Programmpunkt: ein actionreicher Einblick in Capcoms Resident Evil 6 mit Leon. Der rennt durch die Gegend und erschießt Zombies, springt rückwärts auf den Boden, rollt sich zur Seite und erledigt die beißlustigen Angreifer im Nahkampf - oftmals mit Hilfe von Quick-Time-Events. Später stürzt ein in ein Haus gekrachter Harrier-Jet hinunter auf den Boden und trifft dort scheinbar eine Gasleitung oder Ähnliches, immerhin explodiert der komplette Straßenzug Stück für Stück hinter Leon, während dieser zu einem Helikopter flüchtet. Auch hier gilt es dann wieder, im richtigen Moment einige Tasten zu drücken - das wird vielen Spielern nicht unbedingt schmecken. Wie auch bei Tomb Raider wird der DLC für Resident Evil 6 zuerst für die Xbox 360 veröffentlicht.
Und während Harmonix Dance Central 3 ankündigte, gab es auch erste Einblicke in Obsidians und THQs South Park: The Stick of Truth, das im März 2013 mit Kinect-Funktionen (Spracherkennung) und exklusiven Pre-Order-Boni erscheint. Und auch hier: sämtlicher DLC erscheint zuerst für die Xbox 360, was im Übrigen ebenso wieder für Activisions Call of Duty: Black Ops 2 gilt, das Microsofts Pressekonferenz mit einer etwas mehr als zehn Minuten langen Gameplay-Demonstration abrundete. Kurz gesagt: Es ist Call of Duty in der Zukunft.
Alles in allem mangelte es Microsoft dann doch an Überraschungen und vor allem an einem prominent vertretenen eigenen Portfolio. Während bei Sony First-Party-Titel wie Beyond, God of War: Ascension oder The Last of Us ausführlich vorgestellt wurden, gewährte Microsoft nur etwas längere Einblicke in Halo 4. Unverständlich, dass man Forza Horizon oder Gears of War: Judgment lediglich in Form von Trailern auftreten ließ.
Die ganzen Apps und Content-Partner dürften insbesondere für die Amerikaner eine tolle Sache sein, während man hierzulande von NBA oder NHL wie üblich wenig mitbekommen wird. Auch SmartGlass stellt nun keine Revolution dar, ist eher eine nette Dreingabe mit Potenzial für das eine oder andere Spiel. Es fehlte einfach der echte Knaller, mit dem einem Microsofts Pressekonferenz wirklich in Erinnerung bleibt. Es sind beileibe keine schlechten Spiele, die da für die Xbox 360 erscheinen, aber speziell im First-Party-Segment hat man sich in den letzten Jahren wohl einfach mehr erwartet. Insbesondere mehr Neues, wie es Sony etwa mit Beyond oder The Last of Us demonstriert, nicht einfach nur neue Teile der beliebtesten Spiele.