E3 2013: Zusammenfassung der Ubisoft-Pressekonferenz: Assassin's Creed 4, The Crew, The Division
Wenig neues, viele Trailer und one more thing.
Ubisoft liebt sie, diese Überraschungen kurz vor Schluss. Ich hatte mir schon überlegt, frei nach "Shining" eine vollgeschriebene Seite abzugeben mit dem Satz: "All recorded footage and no play makes this presentation a dull show". Doch dann kam Ubisoft-Chef Yves Guillemot für ein "One more thing" nochmals auf die Bühne und alles wurde gut. Oder sagen wir "besser". Denn insgesamt hätte ich mir mehr Kracher gewünscht.
Vor der Veranstaltung hatte ich spekuliert, dass Ubisoft ein bisschen Playstation-4-Budenzauber vorweg nehmen würde. Quasi in Nachahmung von Microsoft und EA, deren Shows einander ziemlich gut ergänzt hatten. Umso enttäuschter war ich darüber, dass während der Show kaum jemand tatsächlich einen Controller in die Hand nahm und wenigstens so tat, als würde er live spielen. Stattdessen: ein einziges Teleprompter-Wettlesen, das (wie schon im Vorjahr) von Aisha Tyler moderiert wurde. Die Dame bemühte sich sichtlich, wenigstens eine Handvoll spontaner Gags einzubauen, erntete aber nur ein paar Lacher für ihre Bemerkungen hinsichtlich der Körpergröße ihrer männlichen Gesprächspartner - Tyler überragte alle um ein bis zwei Kopflängen.
Abgesehen von dem (zuvor durchgesickerten) Rennspiel 'The Crew' aus dem Hause Ivory Tower (Ex-Eden-Games) und Reflections (Driver-Reihe) sowie dem "Open-World-RPG" 'Tom Clancy's: The Division' von Massive Entertainment gab es bei der Veranstaltung ausschließlich stroboskopartige Zusammenschnitte und Rendertrailer zu sehen. Doch man muss es Ubisoft lassen: die beiden Neuvorstellungen waren tatsächlich interessant. Vor allem 'The Division'. Mehr dazu weiter unten. Zunächst will ich kurz den Rest vom Fest abfrühstücken.
Wir spielen nicht, wir gucken nur
Den Trailer zu Watch Dogs kannte man schon, ansonsten blieb es bei der Ankündigung des Senior Producers Dominic Guay, man werde "im Verlauf der E3 noch jede Menge Neuigkeiten ankündigen." Toll. Als ob die Pressekonferenz nicht der richtige Rahmen dafür gewesen wäre.
Im Filmmaterial zu Assassin's Creed 4: Black Flag steht die blonde Schmachtvorlage Edward Kenway am Ruder, der mit seinem wallenden Haar dem Cover eines Kitschromans entsprungen sein könnte. Alles prachtvoll gerendert selbstverständlich. Danach ein kurzer und meiner Ansicht nach überraschend unspektakulärer Zusammenschnitt aus dem Spiel, begleitet von sanfter Hintergrundmusik. Ein bisschen Brandschatzen, Wracktauchen, Leute meucheln - ohne den ironischen Esprit eines Jack Sparrow, dafür mit mehr Klettereinlagen. Wirklich Neues gab es seitens Jean Guesdon von Ubi Montreal nicht zu vermelden.
Trials Fusion für Next-Gen-Konsolen und Trials Frontier für "mobile Plattformen" verdienten das Prädikat "nett". Besuch von der Polizei könnten hingegen Familien bekommen, die mit ihren Jüngsten die "interaktive TV-Show" für Xbox One namens 'Rabbids Invasion' konsumieren. In einem der Minispiele müssen Kinder und Erwachsene um die Wette brüllen. Da freuen sich die Nachbarn. Das gilt ebenso für Just Dance 2014 (kommt im Oktober auf alle Plattformen) und Rocksmith 2014. Ein kurzes Filmchen zu South Park: The Stick of Truth nahm den Publisherwechsel auf die Schippe - das Spiel soll noch Weihnachten 2013 erscheinen. Für mäßige Begeisterung sorgte der Renderklamauk zum Hack-and-Slay mit Dungeon-Keeper-Anleihen 'Mighty Quest for Epic Loot', für dessen geschlossene Beta heute der offizielle Startschuss fiel.
Ein Wiedersehen gab es außerdem mit Rayman Legends, das am 29. August für Wii U, PS3, Xbox 360 und Playstation Vita erscheinen soll und dessen Trailer meine Stirn vor allem wegen des rothaarigen Chibi-Wikingergirls mit übertriebenem Vorbau meine Stirn in Falten warf. Ach ja, Splinter Cell: Blacklist war auch mit ein paar Bewegtbildern vertreten, die freilich nichts enthüllten, was man nicht schon längst gesehen hätte. Der Titel erscheint am 20. August für PC, PS3, Xbox 360 und Wii U.
Ein fast furioses Rennspiel
Sodala. Nun aber zu den offiziellen "Filetstücken" der Veranstaltung. Das Open-World-Rennspiel 'The Crew' kommt als Mischung aus Need for Speed und 'The Fast and the Furious' daher, das Kartenmaterial soll die gesamten USA umfassen. In der Fragerunde nach der Veranstaltung hieß es seitens der Entwickler, dass man von Los Angeles bis nach New York fahren könne, ohne einen einzigen Ladebalken zu sehen - Streaming sei Dank. Die Spielwelt sei außerdem persistent und man würde mit anderen Spielern um die Kontrolle der Hauptstädte ringen. Klingt ziemlich vollmundig - doch wenn ein Publisher für Open-World steht, dann Ubisoft. Insofern passend.
Der Übergang zwischen den Spielmodi soll entsprechend fließend ausfallen. Bei der Livedemo mit vier Spielern absolvierte der erste Fahrer ein typisches Straßenrennen durch den dichten New Yorker Verkehr, der andere walzte mit einem Off-Roader durch einen Wald, der dritte trat im Geist-Modus gegen den Wagen eines Freundes an und Nummer Vier bastelte zuerst an seinem Auto in einer Art interaktiver Explosions-Zeichnung (Kompatibel für Tablets und Smartphones), bevor er die anderen zu einem Heist in Miami zusammentrommelte.
Dort galt es, einen gepanzerten Truck zu überfallen und auszuschalten. Bei der Verfolgungsjagd gingen einige unbeteiligte Autos und Zäune zu Bruch, Passanten sprangen wie Frösche aus der Bahn (und das meine ich angesichts der Animationen wörtlich - überfahren wurde mangels Clipping niemand). Unterdessen war den Fahrern die Polizei auf den Fersen - inklusive der klassischen Funksprüche, die man schon seit Need for Speed 3: Hot Pursuit kennt.
Optisch hat mich 'The Crew' nicht vom Hocker gerissen. Die solide aber unspektakuläre Grafik könnte freilich ein Zugeständnis an die große Spielwelt sein. Wenn es darum geht, die Hardwaremuskeln der PS4 oder Xbox One mit einem Rennspiel zu strapazieren, hatten die anderen Studios heute klar die Nase vorn. Spielerisch wirkt der Titel auch nicht allzu kreativ. Aber wer weiß. Vielleicht reichen ja der Open-World-Bonus und das umfangreiche Auto-Tuning zum Hit. Erscheinen soll es Anfang 2014 für Xbox One, PS4 und PC.
High-Tech-Apokalypse für Xbox one und PS4
Als am Ende der Veranstaltung der Trailer zu Tom Clancy's The Division gezeigt wurde, kam ich mir zuerst veralbert vor. War genauso aufgemacht wie Watch Dogs vor einem Jahr. Eine Collage aus Verschwörungs- und Paranoia-Fantasien in glühender Mindmap-Optik. Was für ein plumper Versuch, an den Überraschungshit von 2012 anzuknüpfen. Viren auf Geldscheinen, globale Postapokalypse, allerlei Gesellschaftskritik - fehlen nur noch Zombies. Doch siehe da: Das Gameplay hinterher fand ich allererste Sahne. Schön, wenn der erste Eindruck täuscht.
Wenige Wochen nach der Katastrophe durchstreift ihr als eigenverantwortliche Agenten das ruinierte New York. Nicklas Cederstrom von Massive Entertainment betonte immer wieder, dass es sich nicht um ein klassisches MMO handele, sondern um ein Open-World-Online-RPG. In meinen Augen unnötige Haarspalterei.
Fakt ist, dass man seinen Charakter hochlevelt, Ausrüstung erbeutet, neue Skills erlernt und mit anderen Spielern Gruppen bildet, die frei in der Spielwelt unterwegs sind. Alleine oder gemeinsam erledigt man Aufgaben oder kloppt sich mit anderen Spielern. Während der Schießereien ploppen Zahlen über den Köpfen hoch, spielerisch erinnert das Ganze aber mehr an Splinter Cell. Man kann in Deckung hechten, über die Motorhaube eines Autos rutschen und ballert aktiv - auch durch Holzwände und Autoscheiben, was realistische Löcher hinterlässt.
Grafisch ist 'The Division' schon jetzt beeindruckend. Der Detailgrad der Umgebung, die Physikeffekte beim Zerdeppern von Holz, Glas und Metall, sowie die Animationen sind top. Die Welt soll persistent sein und den gesamten Großraum Manhatten umfassen. Es finden dort dynamische Events statt und die Macher wollen nach dem Launch konstant neue Gebiete, Quests und Fähigkeiten Nachschaufeln.
In der (angeblichen) Livepräsentation dirigierte Cederstrom mittels PS4-Controller seinen Charakter zu einer Polizeiwache in Brooklyn, um dort gemeinsam mit einem Kollegen und einer Kollegin ein paar gefangene Polizisten zu befreien. Zur Belohnung erbeuteten die Agenten einen neuen Schießprügel und konnten ihre Übersichtskarte mittels Scan des schwarzen Bretts in der Wache aktualisieren. Während der Aktion stand das Team konstant über Funk in Verbindung, die Spieler koordinierten ihre Fertigkeiten und Buffs, nutzten Gadgets wie mobile Geschütztürme, Spinnen-Granaten und einer Art Radar-Sicht. Das Interface wurde mittels einer holografischen Einblendung über der Uhr des Charakters gesteuert, eine Umgebungskarte einfach zu Füßen des Helden projeziert. Ein Tom Clancy Machwerk durch und durch.
Besonders spannend fand ich, als ein weiterer Spieler in Gestalt einer kleinen fliegenden Drohne hinzu kam, Buffs aus der Luft verteilte und Feinde hinter ihrer Deckung markierte. Offenbar steuerte der Kollege diese Drone per Tablet, wie Cederstrom hinterher in der Fragerunde erklärte. Freunde aktiv bei Quests und Raids unterstützen, obwohl ich grad noch im Bus sitze oder im Café gemütlich Espresso schlürfe? Ja bitte!
Von allen Titeln während Ubisofts Konferenz war The Division für mich das unumstrittene Highlight - nicht nur optisch sondern auch spielerisch. Erscheinen soll das "Open-World-Online-RPG" für PS4 und Xbox One in 2014. Ich persönlich hoffe ja irgendwie noch auf eine Umsetzung für PC.