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E3 2017: Der 3DS lässt sich nicht von der Switch unterkriegen

Überlegt euch lieber zweimal, ob ihr Nintendos Kleinen schon jetzt auf Ebay verscherbelt.

Keine Spur vom verflixten siebten Jahr. Nintendo ist nun nicht gerade für großspurige Ankündigungen bekannt und trotzdem dürften ein paar zweifelnde Augenbrauen hochgegangen sein bei ihrer Ansage, den 3DS nach Veröffentlichung der Switch nicht wie eine heiße Kartoffel fallen zu lassen. Gebetsmühlenartige Besänftigungsversuche dieser Art sind für gewöhnlich wenig belastbar, zumal sich die auf Mobilität ausgerichteten Konzepte beider Systeme zu ähnlich sind, um lang- oder wenigstens mittelfristig koexistieren zu können. Nichts gegen die hervorragende TV-Funktion der Switch, aber mit den Image-Filmchen während seiner Quasi-E3-Konferenz hat Nintendo ziemlich genau gezeigt, wohin die Reise geht: Nach draußen nämlich, zu all unseren gutaussehenden, videospielbegeisterten Model-Freunden.

Die Japaner hätten also ein grundlegendes Interesse daran, dem angestaubten Handheld zügig den Wind aus den Segeln zu nehmen. Warum sich selbst das Leben schwer machen mit einem Gerät, das seinen Soll längst erfüllt hat? Unter anderem deshalb, weil der 3DS diesen Job seit seinem holprigen Start im Frühjahr 2011 mit rund 70 Millionen abgesetzten Einheiten verflucht gut gemacht hat (obschon der DS-Vorgänger mehr als doppelt so häufig unters Volk gebracht wurde). Selbst wenn die Switch ihr Potenzial weiterhin so erfolgreich auf die Straße bringt wie bislang, bekommen wir noch einige E3-Präsentationen zu sehen, bis der sympathische Hybrid eine ähnliche Hardware-Verbreitung vorweisen kann.

Dem Frischling muss ergo ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit angedeihen, aber auch der komatöse Patient im Nachbarzimmer soll noch eine Zeit lang von der Beatmungsmaschine am Leben gehalten werden. Nintendo wäre nicht der erste Hersteller, der bei dieser Gratwanderung ins Taumeln geriete. Anstatt dem Gaming-Opa allerdings, wie es viele in dieser Zwickmühle tun, einfach den Stecker zu ziehen (ich schaue vor allem in deine Richtung, Microsoft), schicken die Japaner ihren 3DS auf jene würdevolle Abschiedstournee, die ihm gebührt.

Ist er nicht schnuckelig? Mit der New-2DS-Revision presst Nintendo auch die letzten Geldscheine aus der ergrauten Hardware.

Deren Startschuss fällt allerspätestens am 28. Juli mit der Veröffentlichung des New 2DS, der finalen und schmissigsten Revision einer in jeder Hinsicht ausgereizten Produktlinie (diesmal liegt sogar wieder ein Netzteil bei, Zeichen und Wunder). Gemeinsam mit Nintendos Hardware-gewordener Einsicht, sich beim 3D-Ansatz vielleicht doch ein wenig vergaloppiert zu haben, erscheinen Hey! Pikmin, Dr. Kawashimas diabolisches Gehirn-Jogging sowie Miitopia - und damit ein ziemlich exemplarischer Querschnitt dessen, was uns demnächst noch so bevorsteht. Die ganz fetten Jahre sind vorüber, zugegeben, aber was allein 2017 von Nintendos "Seal of Quality" abgesegnet wird, hätte sich die Vita in Sachen Qualität und Breite in ihrem gesamten Lebenszyklus gewünscht.

Bereits im Januar leitete Dragon Quest VIII einen Trend ein, der sich bis jetzt gehalten hat. Seither erschien nahezu jeden Monat mindestens eine beachtenswerte Ergänzung der ohnehin schon üppigen 3DS-Bibliothek. Poochy & Yoshi's Woolly World im Februar, Yo-Kai Watch 2 im April, Fire Emblem Echoes im Mai, dazu Bye-Bye-Boxboy und Blaster Master Zero als eShop-Highlights, nächste Woche außerdem das entzückende Ever Oasis: Keines dieser Spiele wird euch in zehn Jahren viel mehr als ein "Stimmt, da war mal was" entlocken, aber bei jedem einzelnen könnt ihr absolut bedenkenlos zugreifen.

Mehr Metroid ist immer eine gute Sache, speziell dann, wenn es eine so großartige Figur macht wie Samus Returns.

Zur Halbzeit dieses Artikels und des 3DS-Spielejahrs gleichermaßen wäre es eigentlich an der Zeit für das obligatorische "Aaaaber", für ein wenig Kritik oder zumindest einen erhobenen Zeigefinger. Himmel, als ich Chef Martin diesen Text vorschlug, habe ich selbst noch fest damit gerechnet, ein bisschen nörgeln und meckern zu können. Ihr wisst schon, all das eben, was uns Redakteure an langen Tagen am Leben erhält. Nur: Da gibt es nicht viel.

Wenn überhaupt, kann man Nintendo höchstens vorwerfen, nicht mehr das eine ganz große Highlight im Köcher zu haben und selbst das ist lediglich eine Frage der Definition. Mein Herz jedenfalls hat bei der Ankündigung von Metroid: Samus Returns zwei Schläge ausgesetzt und obwohl ich bis zum ersten Switch-Ableger eine Poké-Pause einlege, kenne ich mehr als genug Leute, die im November mit Freude ihre angesammelten Urlaubstage für Ultramond und Ultrasonne verheizen werden. Und ein paar Millionen weiterer Fans dürften es ihnen gleichtun.

Natürlich erscheinen noch mehr 3DS-Spiele als die hier genannten. Eurem und unserem eigenen Seelenheil zuliebe haben wir aber auf eine komplette Aufzählung verzichtet.

Überhaupt ist der 3DS prima mit hochwertigen Rollenspielen versorgt. Noch vor den Pokémon-Editionen erscheint Monster Hunter Stories, das GBA-Remake Mario & Luigi: Superstar Saga + Bowser's Minions und Dragon Quest XI, der erste neue Serienteil seit acht Jahren (als MMO zählt Teil 10 an dieser Stelle nicht). Auch in den Dungeon-Crawler Etrian Odyssey V sehe ich mich dutzende Stunden versenken. Und wenn nicht gerade alles schiefläuft, wischt der Rollenspiel-Baukasten RPG Maker Fes demnächst mit den Möglichkeiten eines Mario Maker den Boden auf. Nächstes Jahr folgen dann außerdem die zwei DS-Neuauflagen Radiant Historia: Perfect Chronology und Shin Megami Tensei: Strange Journey Redux. Wann auch immer man das alles spielen soll.

Gleich drei 3DS-Ausflüge bekommt zudem Nintendos rosa Knutschkugel zu ihrem 25-jährigen Jubiläum spendiert. Mit Team Kirby Clash Deluxe erschien der erste bereits im April kostenlos im eShop. Demnächst folgen Blowout Blast und ein bislang unbenanntes "Multiplayer Action Game" mit Kirby in der Hauptrolle. Auch Fire Emblem dreht mit dem Dynasty-Warriors-Klon Warriors noch eine letzte Ehrenrunde, bevor der Professor-Layton-Ableger Lady Layton den Deckel 2018 langsam zumacht - falls Nintendo nicht spontan mit einer neuen 3DS-Direct-Konferenz um die Ecke kommt. Und selbst wenn nicht: An neuem Futter fehlt es dem tattrigen Handheld so schnell jedenfalls kaum. Switch hin oder her.


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Gregor Thomanek Avatar
Gregor Thomanek: Trinkt gern Kaffee und liebt Videospiele, im Idealfall beides auf einmal. Ist für alles zu haben, was aus Japan kommt. Hat nie Herr der Ringe gesehen und findet, das sollte auch so bleiben. Gründet irgendwann einen Ryan-Gosling-Fanclub. Hat seine Katze "Yoshi" genannt, bereut nichts. Konsolenkind.
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