E3 2018: Avellones Beteiligung an Dying Light 2 ist die geheime Sensation der Messe
Unfassbar! Ein Techland-Titel mit guter Story?! Und auch das Spiel selbst sieht super aus.
Die Polen von Techland machen in der Regel mechanisch-systemisch und technisch ordentliche, manchmal sogar großartige Spiele. Für internationales Format, eines, für das man Triple-A im weitesten Sinne halten könnte, reichte es häufig vor allem wegen einer Sache nicht: Was die Geschichten anging, war ihr Output tendenziell immer von der schwächeren Sorte.
World-Building und Charakterzeichnung sind einfach nicht ihr Ding, tonal präsentieren sie wahlweise lockere Albernheiten vor tiefschwarzem Hintergrundmaterial oder - umgekehrt und vermutlich schlimmer noch - schneiden ernste Themen vor einem Szenario an, das dafür einfach nicht die rechte Bühne bietet. Bessere Autorenteams nutzen das für clevere Brüche mit der Materie. Die von Techland brechen vor allem die Immersion oder die Grenzen guten Geschmacks. Was fehlte, war der Mann/die Frau mit einem Händchen für sattelfestes Erzählen und einer Vision, die alles zu einem stimmigen Ganzen zusammenschnürt.
Den haben sie nun für Dying Light 2 offenbar gefunden und ich könnte nicht glücklicher über den Namen sein, der nun genannt wurde: Chris Avellone. Das muss man sich vor Augen halten. Ein Spiel, das unter anderen Vorzeichen ein griffiger, hübscher und abwechslungsreicher Mix aus Parkour und Zombieschnetzeln geworden wäre (mit der Aussicht auf eine Portion Cringe, wann immer ein NPC den Mund aufmacht), bekommt nun den Autoren von so illustren Erzählwerken wie Planescape Torment und Knights of the Old Republic 2 zur Seite gestellt. Präziser kann man eigene Schwächen nicht analysieren und beseitigen. Ein echter Kunstgriff, Techland.
Nun weiß ich natürlich nichts Genaueres über die Arbeitsteilung in Ostrowo, und auch nichts darüber, wer nun im Einzelnen die Idee für den in diesem Genre erfrischenden Entscheidungen- und Konsequenzen-Ablauf hatte. Aber das, was zu sehen war, sah definitiv nach einem Spiel aus, bei dem ein Erzähler die Hosen anhatte. Es gibt sogar eine Ästhetik fernab des chaotischen "heute, nur eben als Zombie-Apokalypse". Es geht weit über das übliche Soll für einen solchen Titel hinaus, wie die Entwickler ihr fiktives Monsterpandemieszenario ein paar Jahre in die Zukunft versetzten und sich überlegten, welche Auswirkungen das in der Zeit so auf Land und Leute hatte.
Die Richtung, die man hier einschlug, hat in jedem Fall einen Wiedererkennungswert, den ich Techland nicht zugetraut hätte. Eine irgendwie alt-, vielleicht sogar osteuropäisch anmutende Stadt, die jetzt schon eine Weile dem Verfall ausgeliefert ist, was zur Folge hatte, dass die Menschen erfinderisch wurden. So holten sie sich etwa Energie durch selbstgebaute Windräder auf den Dächern dieser Metropole. Flaggen hängen von den teilweise eingestürzten Dächern, markieren die Territorien der unterschiedlichen Fraktionen. Unten auf der Straße herrscht in einigen Bezirken wieder so etwas wie Ordnung - und ihr als Läufer mittendrin, der sich in den Quests überlegen muss, wem er hilft.
Zur Abwechslung soll das nicht allein den Film beeinflussen, den ihr als Endsequenz präsentiert bekommt, ihr nehmt damit Einfluss auf die Machtverhältnisse und damit den Look, die Vorgänge und die weiteren Questverläufe in der Stadt. Das Bild, das sich hier je nach Entscheidung bot, war ein grundsätzlich anderes. Das wirft natürlich die Frage nach den Zwischentönen und Mischformen auf, die es hoffentlich ebenfalls gibt. Man wird sehen müssen, ob es am Ende nicht zu binär ausfällt. Aber allein, dass es da ist, beeinflusst schon sehr das Verhältnis des Spielers zu dieser Welt und ihren Akteuren. Zumindest verspricht das der Trailer ganz plausibel.
Und damit hätten wir noch nicht einmal über die Nacht gesprochen, in der die Zombies kratzbürstiger sind und sich eure Spielweise deutlich ändert, um dem Rechnung zu tragen. Auch nicht über die traumhaft flüssige Parkour-Fortbewegung durch die Stadt, was in Egosicht alles andere als ein Zuckerschlecken zu designen gewesen sein muss. Vom kupferbeschlagenen Hausdach an ein Werbetransparent, durch das man sein Kampfmesser steckt, um sich dann zehn Meter herabgleiten lässt, oder der Sprung an den Container eines fahrenden Lastwagens. Es gibt sogar eine Rolle vorwärts, die gut aussieht und bei der man die Übersicht behält. Nicht nur erzählerisch, sondern auch in Sachen Spielerischem scheint hier also viel los zu sein, weshalb die überraschende Ankündigung dieses Spiels für mich persönlich nach Rage 2 bisher das andere große Highlight dieser E3 ist.
Mit Dying Light 2 scheint Techland erwachsen geworden zu sein (nun ja, abzüglich des Parts, in dem man Zombies mit elektrifizierten Macheten gleichzeitig grillt und tranchiert) und ich kann euch nicht sagen, wie sehr mich das freuen würde.
Entwickler/Publisher: Techland - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Geplante Veröffentlichung: noch unbekannt - Angespielt auf Plattform: -