E3 2018: Rage 2 und Avalanche - aus einer Zweckheirat wird eine Traumhochzeit
Von Zweien, die sich gefunden haben.
Vor ein paar Wochen noch wäre es ein schwieriges Unterfangen gewesen, mir ein neues Rage schmackhaft zu machen. Der erste Teil ist sieben Jahre her, ein Zeitraum, für den in diesem Medium die Umschreibung "eine halbe Ewigkeit" längst nicht mehr ausreicht. Gleichzeitig war Rage vor allem: Viel zu zahm, zu gewöhnlich und in der Zusammensetzung seiner Komponenten seltsam unvollendet.
Es blieb schlicht zu wenig hängen, als dass der Name so viel später noch Zugkraft ausüben würde. Zumindest nicht in die Richtung, die gut für das Spiel gewesen wäre. Und heute, einen Tag nach der E3 ist klar, dass das eigentlich komplett egal ist. Denn die Enthüllung auf Bethesdas E3-Konferenz unterstrich, dass Bethesda weiter ein gutes Händchen bei der Auswahl der Studios hat, mit denen es sich umgibt. Hier scheint vieles richtig zu laufen.
Ok, Andrew WKs Auftritt, um den Theme-Song zu spielen, gehörte nicht so recht dazu. Das Publikum hatte keine Ahnung, wer er war und die E3-Crowd ist eh chronisch unterkühlt, wenn nicht gerade ein CEO eine Zahl in das Rund wirft, die die technische Überlegenheit der neuen Konsole über das Konkurrenzprodukt zementiert. Zudem war niemandem so recht nach Musik, weshalb auch WKs ansonsten beachtliche Bühnenpräsenz wirkungslos verpuffte. Undankbare Aufgabe. Ist es immer, wenn die Leute eigentlich nur darauf warten, endlich vernünftiges Gameplay zu sehen.
Das Video selbst - kein Live-Gameplay, zugegeben, aber trotzdem plausible Spielszenen - zeigte dann aber, dass diese Zweckehe mit dem Ziel, Rage nach all der Zeit aus der Bedeutungslosigkeit zu retten, womöglich doch eine Traumhochzeit ist. "Wild" ist das Wort, das einem als erstes einfällt, wenn man diese Bilder sieht und es gibt wenige Entwickler, die genau diese Zügellosigkeit und "Weil-es-Spaß-macht"-Attitüde so gut in ihre Spiele einbringen wie Avalanche, das haben sie mit ihren Just-Cause-Titeln bestens bewiesen.
Lustigerweise ist es ausgerechnet George Millers 2015er Action-Meisterwerk Mad Max: Fury Road, zu dessen irrer Fahrzeug- und Warboy-Akrobatik Rage 2 ebenfalls einige parallele Reifenspuren in den Wüstensand drückt. Dabei scheiterte Avalanche mit seinem für Warner entstandenen tatsächlichen Mad-Max-Open-World-Titel vielleicht nicht kläglich, aber doch in entscheidenden Aspekten. Doch auch das macht Sinn. Wie es aussieht, war das nur der Testballon, zog ein paar wichtige Lehren aus der Erfahrung und jetzt dreht ungehemmt alle Regler auf elf. Dieses Spiel macht überdeutlich klar, dass die Entwickler wissen, was 21015 falsch gelaufen ist.
Was wir gestern präsentiert bekamen, war der wilde Shooter-Fahrzeug-Pogo, der zustande kommt, wenn die Devise im Vorfeld "Endzeit, aber Spaß dabei" lautete. Ein gemeiner Tanz zwischen Gravitationsgranaten-Mengenkontrolle, Gegner-Juggles per Wingstick-Bumerang, Hosenbodenschlitterei und mit der aufgesetzten Schrotflinte rasierte Irokesenfrisuren. Viel übertrieben durch die Gegend fliegender Krimskrams, überbordende Freude an Feuer, Rauchschwaden und Neonlicht. Das hier hat spatenweise von der Attitüde, die nicht nur Mad Max, sondern auch dem dem ersten Teil schmerzlich fehlte.
Wenn sich denn dann alles so anfühlt, wie es aktuell aussieht, bekommt Bethesda das entfesselt wilde Endzeitspiel, das sie schon beim ersten Mal gerne gemacht hätten - und Avalanche eine neue Chance auf ein Mad-Max-Spiel, das dem Wahnsinn von George Millers Hardy-Theron-Streifen gerecht wird. Definitiv eines der Spiele, die von diesen ersten Messetagen den stärksten Eindruck machten.
Und hey, id, die bei der Entwicklung behilflich, aber nicht federführend sind, darf sich im Wissen, dass Rage in guten Händen ist, auf Doom Eternal konzentrieren. In dieser Form dürfte Rage 2 für alle Beteiligten der beste denkbare Deal sein.
Entwickler/Publisher: Avalanche/Bethesda - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Geplante Veröffentlichung: Frühjahr 2019 - Angespielt auf Plattform: -