Earth Defense Force 2025 - (Ernsthafter) Test
Das beste Spiel seiner Art.
Manchmal versetze ich mich gerne in die Position von Leuten, die keine Ahnung haben, wie überhaupt jemand Spaß mit EDF haben kann. Für sie muss es wohl alles ein großer Witz sein. “Freuen die sich jetzt alle nur ironisch über das Spiel?“, ist sicherlich der erste Gedanke vieler Personen, die kurze Ausschnitte von Earth Defense Force 2017 mit fragenden Blicken beobachten. “So schlecht, dass es wieder gut ist? Ist das der Reiz? Anders kann es gar nicht sein. Guck dir den Dreck doch einmal an! Das kann im Leben niemand ernsthaft gut finden“, denken sie sich.
Ein Phänomen erklärt
Ehrlich gesagt ähnelt es ein wenig meiner frühen Reaktion, nachdem ich ein Video mit den riesigen Ameisen sah. Jedoch reagierte ich ein wenig optimistischer. “Das sieht bekloppt aus. Das muss ich haben!“, so mein erster Gedanken. Für einen kurzweiligen Nachmittag oder zwei könnte es sich lohnen. Mit dieser Mentalität bestellte ich mir eine günstige Version. Der Beginn einer seltsamen, teilweise schreckhaften, aber dennoch wunderbaren Freundschaft.
Denn hier ist die Wahrheit: EDF ist kein reiner Internet-Gag, durch den sich Leute anhand der Absurdität des Spiels ihren Spaß erzwingen. Es trägt dazu bei, keine Frage. Doch im Kern ist EDF ein verdammt gutes Spiel, das durch seine “Warum nicht?“-Einstellung eine besondere Ebene erreicht, die über normalem Trash steht. Und es war keine übertriebene Aussage, Earth Defense Force 2025 unter meine zwölf besten Spiele der letzten Generation zu stellen. Kein Witz, keine Ironie, keine Drogen. Nein, EDF 2025 ist einfach großartig!
Für Fans der Reihe, die nach Insect Armageddon ein wenig die Lust an der Serie verloren, ist der neueste Ableger ein Geschenk der japanischen Budget-Götter. Wieder vom Schöpfer Sandlot entwickelt, stellt ihr euch Earth Defense Force 2025 am besten wie eine ultimative Version von EDF 2017 vor. Dabei gelang dem Team das Kunststück, sämtliche Bereiche zu verbessern, ohne wie bei Insect Armageddon den Charme der Serie zu verlieren.
Noch immer ist die Optik nicht ganz in der Neuzeit angekommen, doch sie verursacht zumindest keinen Augenkrebs mehr. Viele der Bereiche würde ich stilistisch sogar als recht ansprechend bezeichnen. So erkennt ihr die Stadt wirklich als einen japanischen Ort, der mich beim Anblick sofort an meine Zeit in dem Land zurückversetzt. Überall seht ihr unterschiedliche Läden, zahlreiche Werbeschilder und sogar die Häusertexturen sehen exakt so aus wie in einer japanischen Kleinstadt. Da macht es natürlich noch mehr Spaß, alles in die Luft zu jagen. Denn ein festes Motto von EDF lautet: Wenn du es siehst, kannst du es zerstören!
Hirn aus, Spaß an!
In der Ferne erkennt ihr einen gigantischen Fernsehturm? Kein Problem. Aktiviert euren Raketenwerfer mit unendlicher Munition und schon bröckelt das Gebäude in kleinen Teilen auseinander. Ihr habt richtig gehört. Bröckelt. Häuser versinken nicht länger wie die Schlösser in Super Mario World im Boden, sondern zerfallen in einzelne Stücke. Es erinnert stark an ein 3D-Puzzle, in dem ihr ein paar Feuerwerkskörper gezündet habt. Kein technisches Meisterwerk, aber auch nicht ganz so krude wie im Vorgänger. Trotzdem bringt es eine eigene Art von Lachern mit sich.
Bild 2:EDF ist ein verdammt gutes Spiel, das durch seine “Warum nicht?“-Einstellung eine besondere Ebene erreicht, die über normalem Trash steht.
Und das ist immer noch die zentrale Philosophie der Serie: Habt Spaß. Tobt euch aus. Wo sonst könnt ihr ohne Munitionssorgen mächtige Waffen auf euren Schultern tragen, gegen riesige Insekten oder Roboter kämpfen und nebenher noch eure komplette Umgebung zerlegen? In welchem anderen Spiel krabbeln gigantische Ameisen in kleinen Armeen blitzartig über Hochhäuser und explodieren bei Beschuss zusammen mit dem Gebäude? Nichts, aber auch rein gar nichts bietet euch die gleiche Erfahrung wie EDF. Noch immer steht es für sich alleine und man weiß bei vielen Dingen nicht genau, ob geniale Ideen dahinter stecken oder eine gewisse Inkompetenz zu einem glücklichen Unfall führte.
Nehmt die unerreichte Synchronisation als Beispiel. Besser als in Earth Defense Force 2025 geht es nicht mehr. Obwohl ihr zwischendurch sogar einigermaßen interessante Erklärungen eines Wissenschaftlers hört, der die Insekten in den vergangenen acht Jahren untersuchte, besteht der Großteil aus wilden Sprüchen eurer Kameraden. Der vertraute Chor mit „EDF, EDF, EDF!“ darf natürlich nicht fehlen. Mein absoluter Liebling ist aber das neue Lied, das eure Truppen manchmal mitten im Gefecht anstimmen und ganz schnell die neue Hymne des Internets werden sollte.
Aber genug mit den Witzen. Auch wenn EDF sicherlich von seinem B-Movie-Charme profitiert, vergessen viele, dass sich darunter ein sehr gutes Spiel verbirgt, dessen Funktionen der 2025-Ableger stark erweitert. Anstatt stets mit demselben Soldaten die Kämpfe zu betreten, wählt ihr nun zwischen vier Klassen, die sich unterschiedlicher kaum spielen könnten. Der Ranger ähnelt dabei der klassischen Figur aus EDF 2017. Sucht euch zwei Waffen aus und kämpft damit bis zum bitteren Tod. Er besitzt keinerlei besondere Fähigkeiten, ist durch seinen guten Ausgleich zwischen explosiven Zerstörungswerkzeugen und gut kontrollierbaren Normalgewehren allerdings die beste Option für Einsteiger. Lauft, rollt, springt und schießt. Mehr müsst ihr hier nicht beachten.
Häuser versinken nicht länger wie die Schlösser in Super Mario World im Boden, sondern zerfallen in einzelne Stücke.
Ein wenig komplizierter wird es da schon beim Wing Diver, den Fans noch aus Global Defense Force oder der PlayStation-Vita-Version von EDF 2017 kennen. Energiewaffen teilen sich hier eine Leiste mit dem Jetpack. Eilige Flugmanöver sind mit dieser Klasse kein Problem und sie eignet sich durch ihren leichten Lufteinsatz prima für die schnelle Ausrottung von Insekten. Allerdings setzt die Klasse eine gewisse Einarbeitungszeit voraus, da ihr ansonsten fast immer mit einem leeren Energietank zu Boden fallt.
Monster Hunter mit Waffen
Neu im Schlepptau sind der Air Raider sowie der Fencer. Letzterer ist sicherlich die interessanteste und am schwierigsten zu spielende Klasse. Während der Air Raider eine leicht verständliche Abwandlung des Rangers darstellt, der Fahrzeuge und Artillerie anfordern darf, befindet sich der Fencer in einem dicken Stahlpanzer. Dieser sorgt für eine erhöhte Verteidigung, verhindert aber schnelles Vorankommen. Dafür wählt ihr für ihn vier verschiedene Waffen aus. Unter anderem auch Schilde und Nahkampfwaffen, die durch ihre enorme Reichweite später selbst die Absurdität der mächtigsten Raketenwerfer übertreffen. Bei der Waffenverteilung müsst ihr zudem darauf achten, wie ihr die beiden Waffensets aufbaut. Denn in der ersten Stellung ermöglicht euch ein kurzer Knopfdruck einen Luftstoß nach oben, während ihr in der Zweitposition auf dem Boden in eine beliebige Richtung schlittert. Die Steuerung funktioniert in sämtlichen Klassen tadellos.
Anstatt stets mit demselben Soldaten die Kämpfe zu betreten, wählt ihr nun zwischen vier Klassen, die sich unterschiedlicher kaum spielen könnten.
Bereitet Earth Defense Force 2025 schon alleine tierische Freude, beginnt die wahre Euphorie erst im Multiplayer-Modus. Wieder mit dabei ist ein Splitscreen für zwei Personen, der sogar online funktioniert. Ihr dürft also zu zweit auf der Couch sitzen und anderen Gruppen gemeinsam beitreten. Das Lobbysystem ist mit einer übersichtlichen Auswahl gut gelöst. Besonders auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad, Inferno, ist es fast notwendig, euch Kumpanen für die Alien-Abwehr zu suchen. Während des Tests hatte ich keinerlei Probleme mit Spielabbrüchen oder schlechten Verbindungen. Zu jeder Tageszeit findet ihr aktuell eine große Auswahl an Kameraden, die mit euch in den spaßigen Krieg ziehen wollen. Selbst weitaus stärkere Gruppierungen mit besseren Waffen und höheren Rüstungen nahmen mich gerne mit in schwierigere Gefechte und ließen mich stets neue Waffen einsammeln.
Die insgesamt 780 Wummen teilen sich übrigens strikt unter den vier Klassen auf. Eine gute Idee, sorgt es doch für mehr Vor- und Nachteile zwischen den Spieltypen. Keine Figur ist nutzlos. Manche eignen sich besser für bestimmte Situation, gemeinsam im Team fungieren sie aber noch am besten. Zudem bringt es auch über eine längere Phase großen Spaß. Natürlich könnt ihr auf dem untersten Schwierigkeitsgrad einmal alle 83 Missionen beenden und den Titel danach zur Seite legen. Selbst damit seid ihr locker zehn bis 15 Stunden beschäftigt. EDF ist allerdings auf mehrere Durchgänge ausgelegt und schon der dritte von fünf Schwierigkeitsgraden stellt ohne das vorherige Aufsammeln zahlreicher Rüstungspunkte oder besserer Waffen eine unmögliche Herausforderung dar.
Ich persönlich gehöre auf jeden Fall zu der Fraktion, die sich wochenlang oder sogar über Monate hinweg mit dem Spiel beschäftigen kann, was dieses Mal durch den Multiplayer-Modus und Tiefgang im Gameplay der verschiedenen Figuren sogar mehr gerechtfertigt ist als noch im direkten Vorgänger. Mein einziger Kritikpunkt neben gelegentlich heftigen Einbrüchen der Framerate ist das Fehlen anderer Schauplätze, die sich nicht nur auf die Kleinstadt sowie die nähere Umgebung beziehen. Schickte euch Global Defense Force auf der PS2 in sieben verschiedene Städte, darunter auch London und Paris, fehlt über die 83 Aufträge irgendwo die optische Abwechslung.
Wobei es wirklich nur ein Dämpfer in einem ansonsten großartigen Spiel ist. Egal, ob ihr nun ein Fan der Serie seid und euch auf die neuen Möglichkeiten freut oder noch nie von EDF gehört habt. Es ist praktisch unmöglich, keinen Spaß damit zu haben. Sandlot hat sich das beliebte, aber mit zahlreichen Fehlern behaftete EDF 2017 genommen und trotz des geringen Budgets sämtliche Punkte ausgearbeitet. Ja, ein gewisses Maß an Toleranz muss man zu Beginn mitbringen, bis sich dann der Zauber über euch legt und tief in die Nacht hinein Ameisen, Spinnen oder Bienen im glorreichen Explosionsgewitter umherfliegen.
EDF, EDF, EDF!