Earth Defense Force: Insect Armageddon
Therapiespiel für Insektophobiker
Während ihr mit der Dauerfeuertaktik bei Standardfeinden und dem gelegentlichen Sprengen eines Ameisenhügels, die als Spawnpunkte der sechsbeinigen Infanterie dienen, schon erstaunlich gut fahrt, ist bei den großzügiger dimensionierten Feindkreationen meist etwas mehr Treffsicherheit gefragt, weil hier und da rot glühende Punkte ihre Schwachstellen markieren. Es ist keine unbedingt inspirierte, aber in diesem Mischverhältnis dennoch gelungene Maßnahme, den Rhythmus des bisweilen etwas zermürbenden Kill-Marathons in angenehmer Weise durchzuwürfeln und das Geschehen frisch zu halten.
Neu überlegt hat sich Vicious Cycle Software unterdessen die Charakterklassen. Anstatt eines generischen EDF-Marines gibt es mit Trooper, Tactical, Jet und Battle gleich vier Klassen EDF-Personal, die sich schön unterschiedlich spielen und auch ein entsprechendes, aufrüstbares Arsenal vorweisen können. Die flinke, düsenbewehrte und annähernd flugfähige Jet-Einheit ist aktuell noch mein Favorit, wenngleich auch der schwer austeilende und einsteckende "Battle"-EDF'ler einiges für sich hat. Die Tactical Armor baut unterdessen Geschütztürme und erzeugt Minen oder Radarschüsseln.
Insgesamt ist das Spiel so eine gute Portion facettenreicher als der Vorgänger, ohne jemals auch nur annähernd die freiwillig-unfreiwillig komischen Sphären zu verlassen, in die es durch seine entwaffnend kindische Prämisse geraten ist. Hier ist nichts ernst gemeint, fliegen getroffene Ameisen durch die Gegend wie Basketbälle, während der Funkverkehr mit NPC-Mitstreitern und Einsatzleitung mit geballtem Pulp Michael Bays Zerstörungsorgien wie Schindlers Liste erscheinen lassen.
Es ist also immer noch saumäßig witzig, sich als EDF'ler zu verdingen, auch wenn die One-Liner nicht ganz so hinverbrannt daherkommen wie damals. Besonders mit Freunden, ob lokal im Zwei-Spieler-Splitscreen, online im Drei-Spieler-Koop oder zu sechst im Überlebensmodus (der sich vom Hauptspiel nicht großartig unterscheidet), kommt große Freude auf. Das perfekte Spiel für zwischendurch. Technisch hat Vicious Cycle ganze Arbeit geleistet. Auch dieses EDF ist immer noch technisch feste in der letzten Konsolengeneration verwurzelt, ein bisschen flach und steril. Dafür aber ist die Bildrate bedeutend flüssiger und bricht weniger verheerend ein als noch in EDF 2017.
Zu guter Letzt noch Gratulation an die Publisher Namco Bandai und D3, die es doch tatsächlich geschafft haben, Insect Armageddon nicht zu einer so unmöglichen Zeit in Deutschland zu veröffentlichen wie den Vorgänger. Den brachte nämlich Koch Media 2007 noch direkt im heftigsten Weihnachts-Battle unter.
Es fällt nicht schwer, ein so ehrliches Spiel wie Earth Defense Force: Insect Armageddon uneingeschränkt zu empfehlen. Natürlich hilft dabei auch der niedrige Preis von nur knapp 40 Euro, doch das Spiel versucht von vornherein nicht, euch weißzumachen, es ginge hier um irgendetwas anderes als um puren, unverdünnten Invasionsquatsch im zweckmäßigen Korsett. Es ist dann trotzdem eine der schönsten Überraschungen der jüngeren Vergangenheit, wenn man feststellt, wie toll auch dieses EDF mit den Maßstäben spielt und wie motivierend sich der Titel mit seinen nur wenigen, erlesenen Zutaten entwickelt.
Wer als Argument für die totale Vernichtung nicht mehr benötigt, als 'ich hier, Aliens dort', der findet in Earth Defense Force: Insect Armageddon das Spiel dieses viel zu kurzen Sommers.