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Ecco the Dolphin

Kult-Delfin in Seenot

Ein knuddeliger Meeresbewohner sollte vor fünfzehn Jahren die Hauptrolle in einem Unterwasser-Abenteuer übernehmen und sich einen festen Platz in den Herzen seiner zukünftigen Fans erkämpfen. Ecco erreichte bis heute Kultstatus und kann neben TV-Star Flipper ohne Übertreibung als weltweit populärster Delfin aller Zeiten angesehen werden. Seit Mitte der Woche treibt sich der Meeressäuger mit der Umsetzung seines Mega Drive-Auftrittes im XBLA-Hafen herum.

Die hübsche Tiefsee sorgte einstmals für offene Münder.

Als Spieler übernimmt man selbstredend die Rolle über den maritimen Protagonisten. Pfeilschnell schießt Ecco durch weite Ozeane, verwinkelte Tiefsee-Labyrinthe und tropische Lagunen. Fiese Quallen und stachlige Kugelfische werden entweder umschwommen oder per brutaler Rammattacke entschärft – ebenso wie hinderliche Felsen und gefährliche Korallen. Doch was ist eigentlich das Ziel des Spieles? Man kann Ecco the Dolphin stundenlang spielen, ohne eine Antwort auf diese Frage zu finden. Hier und da gibt es zwar Stellen, die als „Ende/Anfang eines Levels“ definiert werden könnten, doch so ganz stimmt das auch nicht. Man schwimmt quasi durch eine große, zusammenhängende Meereswelt, widersetzt sich Feinden, findet Kristalle und erfreut sich an den für damalige Verhältnisse hübsch animierten einheimischen Lebewesen.

Wo wir gerade beim Thema sind: die Animationen machen einen verdammt guten Eindruck und zeugen rückwirkend von der Genialität der Entwickler. Selbiges gilt für die bildhübschen Hintergründe und die farbenfrohe Unterwasserwelt. So prächtig sahen Spiele anno '92 selten aus. Die Musik – wenn man sie denn überhaupt so nennen kann – trübt den inszenatorischen Gesamteindruck da schon ungleich intensiver. Mehr als „Piep!“ und „Plop!“ ist nicht zu hören. Dies war vor 15 Jahren schon unzumutbar und führt heute zum zwanghaften Druck auf den „Mute“-Knopf der Fernsehfernbedienung.

'Flieg, Ecco, flieg!'

Und bringen wir die Sache mal auf den Punkt: Trotz seines Kultfaktors und seines unvergleichlichen Charmes hat Ecco im 21. Jahrhundert nichts mehr verloren. Das Gameplay ist schlicht und einfach veraltet und wird heute niemanden mehr vom Hocker reißen. Einen Delfin durch Unterwasserlabyrinthe zu lotsen und dabei dessen scheinbar natürliche Feinde (hilflose Quallen) mit gemeinen Tacklings ins Jenseits zu befördern, ist weder ökologisch wertvoll noch sonderlich fesselnd. Hinzu kommt die recht unpräzise Steuerung, welche durch die mangelhafte Kollisionsabfrage zusätzlich verschlimmert wird. Weder Digi-Kreuz noch Analog-Stick vermitteln optimalen Bedienkomfort. Aber gut: von einem in die Gegenwart portierten Spiel des letzten Jahrtausends sollte man so etwas auch nicht mehr erwarten.

Tja, nachdem das geklärt ist, bleibt nur noch eins zu sagen: Ecco der Delfin ist cool – wirklich cool. Mit seinen graziösen Saltos, den spektakulären Wendemanövern und dem atmosphärischen Quieken, sobald er von einem Gegner erwischt wird, kann Flipper einfach nicht mehr mithalten. Der verfügt ja noch nicht mal über die Fähigkeit, fesche Ultraschallwellen zu schießen. Andererseits fehlt Ecco ein guter Titelsong – mit dem konnte Flipper wiederum überzeugen. Und weil's damals schon so schön war, auf ein Neues!

Flipper ist unser bester Freund,
lustig wirds immer, wenn er erscheint.
Spaß will er machen, tolle Tricks,
er bringt uns Stunden des Glücks.

Man ruft nur Flipper, Flipper, gleich wird er kommen,
jeder kennt ihn – den klugen Delphin.
Wir lieben Flipper, Flipper, den Freund aller Kinder,
Große nicht minder, lieben auch ihn.

Ecco the Dolphin erhält seinen Kultstatus zwar auch nach fünfzehn Jahren noch aufrecht, macht allerdings einen sehr angestaubten Eindruck. Wer in Nostalgie schwelgen möchte, kann ruhig einen Blick riskieren, sollte sich jedoch von allen Ansprüchen an Grafik und Sound lösen.

Ob dieser mäßge Nostalgie-Trip wirklich satte 400 Microsoft-Punkte wert ist, sollte jeder Interessent sorgfältig abwiegen.

4 / 10

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