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Eden Eternal - Test

Das solide Manga-MMO lässt euch jederzeit zwischen den Charakterklassen umschalten, erfindet aber ansonsten das Rad nicht neu.

Verglichen mit anderen Free-to-play-MMOs ist Eden Eternal ein absoluter Durchschnittstyp. Manchmal sogar unteres Mittelmaß. Das Kampfsystem beschränkt sich auf das übliche Zifferntasten-Getrommel und die Quests sind ein einziges, uninspiriertes Fließbandgemetzel. Wäre ich jetzt noch einer jener Tester, die sich angesichts überzuckerter Chibi-Manga-Optik mit Krämpfen am Boden winden, ich hätte das Spiel gnadenlos eingeäschert.

Doch glücklicherweise bin ich in dieser Hinsicht relativ stabil. Ich finde die dezent kantige Cel-Shading-Grafik mit ihrer sanften Farbpalette und den Kinderfernseh-tauglichen Charaktermodellen sogar irgendwie angenehm. Ist mal etwas Freundliches und weckt beruhigende Assoziationen mit Regenbögen, Katzenbabys und blühenden Wiesen. Quasi ein MMO für den Frühling. Allein die Option "Trübung" würde ich im Grafikmenü ausschalten. Dieser "Vaseline-auf-Linse-Effekt" ist mir dann doch zu kitschig.

Ansonsten gibt es aber nur ein einziges Feature, durch das sich der Titel wie Münchhausen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zieht. Oder genauer gesagt den Kopf über den Durchschnitt bekommt. Ab Charakterlevel fünf dürft ihr jederzeit eure Klasse umschalten. Jonglieren mit Twinks? Ist hier überflüssig. Gruppen auf der verzweifelten Suche nach Heilern oder Tanks? Schnee von gestern.

Zwar ist die Idee des Klassenwechsels nicht neu, aber so konsequent umgesetzt wie in Eden Eternal wird sie selten. Ihr beginnt entweder als Magier oder Krieger und schaltet alle zehn Level weitere Klassen und Subklassen frei. Aktuell kommt ihr so auf 15 Rollen aus fünf Hauptkategorien (Nahkampf-DPS, Fernkampf-DPS, Magier, Heiler und Tank). Das verleiht einem geradezu das Gefühl, völlig autark zu sein. Warum soll ich zum Beispiel nach einem Bosskampf Tränke vergeuden oder mich minutenlang auf den Boden hocken, bloß um meine Lebensleiste zu füllen? Stattdessen verwandele ich mich einfach in einen Priester und heile mich selbst.

Dabei wird zwischen allgemeinen Fähigkeiten und Klassenfähigkeiten unterschieden, deren Aufwertung zwei unterschiedliche Währungen kostet. Allgemeine Fähigkeiten stehen allen Subklassen einer Hauptkategorie zur Verfügung und werden mit In-Game-Währung (Silber und Gold) bezahlt. Anders die exklusiven Klassenfertigkeiten. Die kosten Klassenpunkte, die ihr euch durch das aktive Spielen der jeweiligen Rolle verdient. Praktischerweise könnt ihr jeder Klasse ihre eigenen Schnelltasten zuweisen, was den fliegenden Wechsel fördert.

Das System geht aber noch weiter und ändert beim Umschalten auch gleich das angelegte Rüstungsset. Wäre auch ziemlich lästig, euren Zauberer mühevoll aus der schweren Panzerung eures Tanks zu schälen, nur um Minuten später den ganzen Krempel wieder anzulegen. Die Rüstung wird dabei im Charaktermenü zugewiesen, solange ihr gerade die entsprechende Klasse spielt. Das System merkt sich dann die Konfiguration. Euer Aussehen ist übrigens vorgegeben und ändert sich nicht durch die Ausrüstung. Bei einigen der bisweilen geschmacksverirrten Klamotten ist das vielleicht auch besser so. Wer sein Erscheinungsbild ändern möchte, muss auf vorgefertigte Designs zurückgreifen, die alle paar Stufenanstiege freigeschaltet werden. Dafür dürft ihr die Farben mit speziellen Kits eurem Geschmack anpassen.

Da eure Waffen und Rüstungen vom separat ansteigenden Charakterlevel bestimmt werden, ist es später ein Leichtes, Defizite in einer Rolle auszugleichen. Einfach mit eurer vernachlässigten Klasse und eurer mächtigen Waffe einen hochstufigen Gegner in Grund und Boden kloppen. Schon hagelt es Klassenpunkte und ihr überspringt mehrere Stufen. Somit sollte es kein Problem sein, alle Rollen auf einem hohen Niveau zu halten. Zusätzlich verbessert ihr eure Fähigkeiten noch durch Wissenspunkte (gibt es bei jedem Stufenanstieg) und Zertifikate, die nicht klassenspezifisch sind und die ihr durch Quests erbeutet. Ihr habt also eine Menge Möglichkeiten, mit eurem Charakter und seinen Fähigkeiten zu experimentieren. Statuswerte verbessert ihr durch Ausrüstung.

So gut die Idee dieses Klassenwechsels ist, so arm ist das eigentliche Spiel an spannenden Aufgaben. Schön. Ihr könnt euren Charakter über den Autopiloten im Quest-Fenster zu seinem Einsatzgebiet laufen lassen. Aber was bringt das, wenn mich am Ziel nur eine weitere dumpfe Tastenorgie erwartet, zu der mich das Spiel gnadenlos verdammt? Das Schema ist immer gleich: Autopilot führt mich ins Kampfgebiet, Charakter dezimiert die lokale Fauna und Flora, Autopilot dirigiert mich zum NPC. Nächster Auftrag.

"So gut die Idee dieses Klassenwechsels ist, so arm ist das eigentliche Spiel an spannenden Aufgaben."

Eden Eternal - Trailer

Die Monsterdesigns sind fantasievoll und sprühen vor Kreativität. Hunderte davon zu verhackstückeln, ist trotzdem irgendwann langweilig. Große Monster per Gegenstand zu beschwören und dadurch besondere Belohnungen zu verdienen ist ein ganz nettes Gimmick, bietet jedoch genauso wenig Abwechslung. Allein die Bosse erfordern ein bisschen mehr Finesse und Kämpfe gegen sie können zu Effektgewittern ausarten, die jeden Epileptiker ins frühe Grab bringen würden. Trotzdem bleiben sie die Ausnahme.

Auch in Kassenschlagern wie Diablo wird nur gehackt und geschlitzt. Dort motiviert mich aber diese magische Klick-Beute-Klick-Mechanik. Bei einem typischen automatisierten MMO-Kampfsystem wie in Eden Eternal machen Monstermassen hingegen nicht süchtig, sondern gehen mir irgendwann auf den Wecker. Außerdem glänzt kein einzelner dieser Jagdaufträge durch eine spannende Geschichte.

Die Quest-Texte sind erfreulicherweise auf Deutsch, aber die Übersetzung ist alles andere als perfekt. Verglichen mit anderen asiatischen Importen schlägt sich der Titel wacker, doch das sollte natürlich kein Wertungskriterium sein. Manche Zeitfehler fand ich auf ungelenke Art fast poetisch, wenn ihr zum Beispiel nach dem Klick auf ein Grab lest: "Du stelltest dir vor Kero zu sein, knietest dich nieder und drücktest deine Trauer für ihn aus ... Vor das Grab legtest du einen Strauß würzige Blumen, dessen wohlriechender Duft wie ein Mantel das Grab einhüllte."

Die Gilden sind eine Rosine in diesem Einheitsbrei und warten mit eigenen Symbolen, Leaderboards und Gildenstädten auf. In diesen kleinen Instanzen dürft ihr spezielle Gebäude errichten (maximal fünf) und eigene Händler, Farmer und Minenarbeiter beschäftigen. Andere Spieler können die Städte dann besuchen und einkaufen gehen. Auf instanzierten Schlachtfeldern treten außerdem regelmäßig Gilden gegeneinander an und kämpfen um die Vorherrschaft in einem Gebiet der Weltkarte, was Steuereinnahmen bringt.

Dem friedlichen Miteinander zwischen den Spielern wird in Form von Dates und Hochzeiten gefrönt - nicht unüblich für Asia-MMOs. Haus- und Reittiere gibt es freilich ebenso. Events finden regelmäßig statt, den Zeitplan findet ihr über einen Button auf der Minikarte. Dort erhaltet ihr auch Zugang zu diversen Handwerksfenstern, Titeln und Erfolgen. Man kann Eden Eternal kaum vorwerfen, dass die Macher ein Feature ausgelassen hätten. Wohl aber, dass ihr MMO dabei kaum aus der Masse der typischen Asia-Grinder hervorsticht.

Und das ist schade. Denn besonders bei Free-to-play-MMOs reicht es nicht mehr, einfach nur "solide" zu sein sein. Allein mit den Klassenwechseln und der süßen Grafik gewinnt man noch keinen Kunden für den Cashshop. Selbst wenn ich ein absoluter Manga-Nerd wäre, gäbe es auf dem Markt spielerisch interessantere Alternativen. Trotzdem ist Eden Eternal nicht schlecht und verdient zumindest eine Proberunde, wenn ihr einen Faible für Kulleraugen, Bonbonfarben und putzige Tiermenschen habt.

6 / 10

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Frank Erik Walter Avatar
Frank Erik Walter: Tagsüber arbeitet Frank als freier Journalist. Nachts jagt er seit 2010 flüchtige MMOs für Eurogamer.de und die MMO PRO. Skittles und Tetris sind sein Kryptonit.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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Eden Eternal

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