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Edna bricht aus

Verrückte Zeiten

Stellt Euch vor, Ihr erwacht eines Morgens in der Gummizelle einer Irrenanstalt. Ihr habt keine Ahnung, warum Ihr dort seid und könnt Euch generell nur noch an wenige Dinge erinnern. Ein schrecklicher Gedanke, nicht wahr?

Genau so ergeht es jedoch Edna, der Hauptfigur im Adventure Edna bricht aus. Die gute Dame sitzt also alleine in ihrer gut gepolsterten Zelle und weiß nicht, was sie dort überhaupt macht. Nur einer Sache ist sie sich sicher: Das alles kann doch nur ein Missverständnis sein. Was ist die logische Konsequenz? Natürlich ein Ausbruchversuch. Dem stimmt auch ihr sprechender Stoffhase Harvey voll und ganz zu.

Gesagt, getan. Edna gelingt der Fluchtversuch, aber erstmal muss sie sich in dem riesigen Gebäude nach draußen arbeiten. Dabei begegnet sie allerlei Mitinsassen, die ihrerseits offenbar alle ein wenig bekloppt sind. Seien es nun der Alumann (mit Alufolienhut), der Mann im Bienenkostüm, der gescheiterte Börsenspekulant Juppi Jupsen oder Adrian, der nach einem doppelten Blitzschlag nicht nur an einer Kontrollneurose leidet, sondern sogar Ereignisse vorhersehen kann. Ihr merkt schon, jede Figur hat ihre eigene kleine Hintergrundgeschichte, die erklärt, warum sie nun jeweils in einer Zelle sitzen.

Aber da gibt es ja noch das Problem der Erinnerungslücken von Edna. Auf ihrem Weg zurück in die Freiheit trifft sie Adventure-typisch natürlich auf zahllose Herausforderungen in Form von Rätseln. Um sich an bestimmte Dinge zu erinnern, erlebt sie immer wieder kleinere Flashbacks, mit der die Vergangenheit der scheinbar verrückten Edna beleuchtet wird - Lost lässt grüßen.

Zumindest ein Fluchtversuch war erfolglos.

Was Edna bricht aus von anderen Point & Click-Adventures abhebt, ist die Vielzahl der möglichen Interaktionen mit Umgebung und eingesammelten Gegenständen – bis zu 40 Stück auf einmal. Das Interface erinnert dabei an Klassiker wie Monkey Island, wenn auch mit weniger Verben zur Auswahl. In diesem Fall sind es „Ansehen“, „Nehmen“, „Reden“ und „Benutzen“.

Im Hinblick auf die Rätsel nutzt Edna bricht aus häufig auch Dialogrätsel. Hier gilt es, den Gesprächspartner so lange zu bequatschen, bis dieser etwas bestimmtes tut oder eine wichtige Information ausplaudert. Solch ein Hindernis erwartet Edna beispielsweise gleich im ersten Raum des Spiels: Der Gummizelle. Auf den ersten Blick lässt sich kein gescheiter Weg nach draußen ausmachen, also spricht man ein wenig mit dem Wächter.

Nachdem sich Edna bei ihm eingeschmeichelt hat, behauptet sie einfach, dass ihr etwas schwindelig ist. Aufgrund der vorherigen Freundlichkeit dreht der Wachmann die Klimaanlage hoch, die sich dann hinter der Wand ausmachen lässt. Nun einfach mit Hilfe einiger Gegenstände aus dem Zimmer ein Loch in die Gummizelle hacken und die Belüftung als Möglichkeit zur Flucht missbrauchen. In Sackgassen sollt Ihr im Spiel übrigens nie geraten, trotz 120 begehbarer Räume.

Den Wächter müsst Ihr irgendwie von seinem Platz verjagen.

Gesprochen wird in Edna bricht aus übrigens recht oft. Nicht nur im Rahmen der Dialogrätsel, sondern im gesamten Spiel. Stets habt Ihr mehrere Konversations- beziehungsweise Antwortmöglichkeiten zur Auswahl. Viele davon glänzen mit einem relativ schrägen Humor, der allerdings wunderbar zum Szenario und den nicht minder abgedrehten Figuren des Adventures passt.

Und da wir gerade bei ungewöhnlichen Dingen sind, wollen wir die Optik des Spiels keineswegs vergessen. Das Point & Click-Abenteuer sieht zwar nicht so malerisch aus wie etwa The Whispered World, überzeugt aber dennoch mit seinem simplen und gleichzeitig recht einzigartigen Comic-Stil, der dem verrückten Wesen von Edna bricht aus wie auf den Leib geschnitten scheint. Auch hier wurden die Hintergründe komplett per Hand gezeichnet. Ebenso hat man das gesamte Spiel in 2D gehalten.

Ungewöhnlich. Dieses Wort beschreibt das Spiel wohl am treffendsten. Und damit meine ich auch wirklich das Gesamtpaket. Grafik. Humor. Schauplatz. Geschichte. Charaktere. Trotzdem, aber wahrscheinlich gerade deswegen, fasziniert Edna bricht aus schon alleine, wenn man nur zuschaut.

Die zahlreichen Räume, umfangreichen Dialoge, knackigen Rätsel und jede Menge Interaktionen versprechen auf dem Papier eine lange Spielzeit. Ist der Titel also ein echtes Schwergewicht für Adventure-Fans? Könnte man schon sagen. Zumindest vertraut man in Sachen Gameplay auf bewährte Konzepte.

Potential ist also ohne Zweifel vorhanden. Edna bricht aus könnte sich so zum echten Geheimtipp mausern.

Edna dürft Ihr ab dem 5. Juni zum Ausbruch verhelfen.

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Benjamin Jakobs Avatar
Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.
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