Parabellum
Schuss und Treffer.
Ein Mann, eine Vision, ein Keller voller Pro-Gamer: André Herbst, Business Manager und Mitgründer von Acony Games, will nicht einfach nur ein gutes Produkt abliefern. Er stellt mit Parabellum eine klare Kampfansage an Counter-Strike. Ein Ziel, an dem schon andere Entwickler kläglich scheiterten. Das schwäbische Team ist sich jedoch mit ihrem Erstlingswerk sehr siegessicher, da sie konsequent auf die Meinungen und Vorschläge eingefleischter Zocker eingehen und diese auch umsetzen. "Wir arbeiten seit Beginn der Entwicklung sehr eng mit der E-Sports-Szene zusammen. Seit geraumer Zeit auch mit der ESL und den World Cyber Games. Anfang des nächsten Jahres laden wir zudem etliche Pro-Gamer ein, die in unserem umgebauten Keller tagelang Parabellum auf den Zahn fühlen und ihre eigenen Ideen beitragen sollen." Klingt nach massig Pizza und einem Titel, der letztendlich das verinnerlicht, was die Spieler wollen. Denn schließlich wissen die am besten, was ihnen schmeckt.
Als ehemaliges Mitglied der riesigen Counter-Strike-Community kennt André Herbst die Stärken des Taktik-Shooters und baut mit seiner Truppe auf diesen auf. Taktische Vorgehensweisen im Team, authentische Waffen, satte Action, realistische Schauplätze, gut durchdachtes Map-Design... Man könnte die Aufzählung jetzt ellenlang weiterführen, machen wir es also kurz: Alle Spielfunktionen des beliebten Mehrspieler-Ablegers von Half-Life, sollen auch in Parabellum zu finden sein. Und natürlich viele neue Einfälle. Unter anderem eine Speicheroption, die besonders im Online-Modus nützlich ist. Muss man ein Clan-Match vorzeitig abbrechen, kann man dieses zu einem anderen Zeitpunkt an genau der gleichen Stelle fortsetzen. Nicht weniger einfallsreich ist die Tactical-Map im Interface. Ein Blick auf die Minikarte verrät dem Spieler die Positionen seiner Mannschaftskameraden. Via Maus lassen sich sogar Routen oder Hinweise einzeichnen.
Schluss mit Zelten
Parabellum kombiniert Taktik mit rasantem Spielfluss. In der ausführlichen Präsentation dauerte eines der gespielten Matches gerade einmal sieben Minuten - wenn überhaupt. Dass sich die Computergegner auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad befanden, war jedoch nicht der Grund. Jede Karte lässt sich durch die Zerstörung bestimmter Objekte dynamisch verkleinern. Beispielsweise in dem man mit einer Granate die Verbindungsbrücke zweier Wohnhäuser in die Luft jagt. Oder per Scharfschützengewehr die Gasleitung einer Lagerhalle unter Beschuss nimmt. Eine riesige Explosion und das Bauwerk liegt in Schutt und Asche. Dem minutenlangen "Gecampe" an "strategisch wichtigen Punkten" ist somit vorgebeugt.
Schutz hinter Wänden zu suchen, kann man auch gleich vergessen. Panzerbrecher-Munition ist halt eine ganz fiese Nummer. Geplant sind drei Munitionstypen, die sich je nach Situation mal mehr, mal weniger anbieten. Um einen höheren Wirkungsgrad zu erreichen, prallen die Kugeln ab einem bestimmten Winkel sogar von den Mauern ab. Zusätzlich zur Munition darf man die insgesamt zwölf Waffen (MP9, AK47 etc.) mit diversen Sonderanfertigungen modifizieren. Beispielsweise durch Zielfernrohre, Laserpointer, Schalldämpfer oder Drum-Magazine mit bis zu 100 Schuss. Je mehr man allerdings auf sein Schießeisen packt, desto schwerer ist die Handhabung. Auswirkung: Die Wumme ist kopflastiger, die Zielgenauigkeit sinkt. Kleiner Tipp zu den Laserpointern: Möglichst nicht in rauchgeschwängerten Kulissen einsetzen. Die Quelle des roten Lichtstrahles ist gerade hier leicht zu orten.
Große Augen, dicker Sack
Entsprechend der gewählten Infanterie-Einheit - light, medium und heavy - verhält sich deren Fortbewegung und der Platz im Inventar. Schwere Burschen dürfen bei der Verteilung der Totmacher kräftig zulangen, laufen durch das mächtige Gepäck aber auch träger und somit langsamer umher. Den leichten Kerle hingegen stehen nur wenige Hilfsmittel zur Verfügung, dafür flitzen sie umso agiler durchs Gelände und rollen sich hier und da ab. Medium bildet den Mittelweg dieser beiden Einheiten. Nette Idee: Waffen, Granaten und sonstige Utensilien kosten kein Geld und lassen sich während eines Kampfes sogar in der Mannschaft umverteilen - falls Bedarf besteht.
Parabellum nutzt die technischen Möglichkeiten der Unreal 3-Engine und zeigte sich schon in der Präsentation der Pre-Alpha ungemein überzeugend. Bei der Zeichnung der Texturen wurde tunlichst darauf geachtet, dass die unterschiedlichen Einheiten auch aus größerer Entfernung zu identifizieren sind. Gewaltige Explosionen, tröpfelnde Wassertanks und flimmerndes Licht im U-Bahn-Schacht zeugen von Detailverliebtheit und geben dem Titel das besondere Etwas. "Die Animationen und Charaktermodelle sind aber noch lange nicht so rund, wie sie später einmal aussehen sollen", gab uns der Entwickler zu verstehen. Macht nichts, sieht trotzdem schon sehr gut aus.
Das gibt's nirgends
Fassen wir kurz zusammen: Das Spielprinzip basiert auf CS, bietet aber mehr Möglichkeiten, flottere Grafik und ist auch wesentlich schneller. Im Grunde also ein aufgemotztes Plagiat, oder? Von wegen. Acony Games legt dem Mehrspieler-Shooter ein einzigartiges, strategisches Element zugrunde, das bislang so in keinem anderen Titel des Genres zu sehen war. Anhand eines Schachbrett-Systems arbeiten sich beide Parteien Zug um Zug in den Karten vor. Die Größe der Gefechtszone richtet sich nach der Anzahl der ausgewählten Maps, die sich in viereckigen Abschnitten ins Raster einfügen. Zu Beginn einer Partie verstecken die Spieler der Terror-Organisation Black November eine Atombombe auf einem der Kartenstücke. Ziel der Elite-Einheit Delta Forces ist es nun, diese in einer bestimmten Zeit aufzustöbern. Den Zeitraum legt man vor dem Match selber fest. Entscheidet eine der Parteien eine Map für sich - durch Ausschalten aller gegnerischen Mannen -, wählt sie den nächsten Abschnitt auf dem Schachbrett. Und so weiter und so fort - bis die Uhr abläuft oder die Bombe entschärft ist und somit das entsprechende Team gewinnt. Die Ladezeiten zwischen den einzelnen Abschnitten wollen die Entwickler möglichst kurz halten. "Die Maps werden ineinander gestreamt, so dass weniger als 10 Sekunden vergehen. In der Wartezeit rüstet sich der Spieler mit Waffen und Munition aus", erklärt Aconys Berater Tom Putzki.
Als Schauplatz der Bombenhatz wählt Acony Games die Weltmetropole New York. Etwaige Wahrzeichen sind zwar im Hintergrund zu erkennen, lassen sich jedoch nicht zerstören. Warum das so ist, muss man an dieser Stelle wohl nicht erklären. Die zwölf Karten unterteilen sich in drei Sektoren: Bei "Commerial" hetzt man durch U-Bahn-Höfe, Bürohochhäuser und Geschäfte. In "Residental" geht's durch Apartmenthäuser, Wohnblocks und kleine Anlagen. "Industrial" hingegen sorgt mit Wassertanks, Baustellen und etlichen Fabrikhallen für ein stimmiges Ambiente. Jede Map ist von vier Seiten spielbar und verspricht aufgrund der verschiedenen Startpositionen und den damit verbundenen Vor- und Nachteilen für genügend Abwechslung. Wem das trotzdem nicht reicht, darf sich am integrierten Editor versuchen und selber Szenarien basteln. Oder wartet schlichtweg auf ein Add-on. "Wir wissen derzeit noch nicht genau, welchen Standort wir für eine Erweiterung nutzen wollen. Genügend Landmarks gibt's in jeder Metropole. Beispielsweise den Eiffelturm und den Louvre in Paris oder den Big Ben in London - wir sind da sehr flexibel.", verrät André Herbst.
Zugegeben, ich war bislang kein großer Freund von Taktik-Shootern. Umso erstaunlicher ist es, dass mich Parabellum in vollem Maße überzeugt. Spricht für den Titel. Der Enthusiasmus der Entwickler spiegelt sich in jeder der gezeigten Spielszenen wider und lässt große Hoffnungen auf die finale Version entstehen. Der stimmungsvolle Sound der authentischen Waffen, die Lebendigkeit der Umgebung, die zahlreichen Möglichkeiten im Spielverlauf und das ungemein innovative Schachbrett-System schreien ganz klar nach der Top-Position unter den Mehrspieler-Shootern.
Parabellum soll im zweiten Halbjahr 2007 erscheinen. Wer sich selber einen Eindruck machen will, kann sich bei uns den Ingame-Trailer anschauen.